Vorberatung        

ULV-Ausschuss am 30.06.2020, TOP 4ö

ULV-Ausschuss am 09.07.2020, TOP 3ö

Sachvortragende(r):

Daniel Drachenberg, Staatliches Bauamt Rosenheim

Der geladene TOP 8 ö, EBE 8 Radweg und Kreisstraßenbau Nettelkofen-Seeschneider Kreisel; Entscheidung über die Fortsetzung/Umplanung der Baumaßnahme mit den vier Anträgen wird vorgezogen und somit unter TOP 5 ö behandelt. Aufgrund der Drehung der Tagesordnung verschieben sich die nachfolgenden Punkte.

Der Landrat begrüßt Daniel Drachenberg vom Staatlichen Bauamt Rosenheim und Dominik Lindinger vom Büro Dippold und Gerold und verkündet, dass durch Unterschrift der Grundstückseigentümer der Durchbruch zur Rettung der Eiche als geglückt beurteilt werden könne. Er habe diese Lösung bereits entsprechend kommuniziert bzw. darüber informiert. Er bittet um Nachsicht, dass aufgrund der Aktualität im Vorfeld keine Sitzungsvorlage mehr versandt werden konnte. Dem Gremium liege als Tischvorlage eine Sitzungsvorlage mit Beschlussvorschlag vor, so der Landrat, in welchen die vorliegenden Anträge nach Beratung noch entsprechend einzubauen seien. Er erklärt, dass er sich nicht mit fremden Federn schmücken wolle, daher habe er sich bei den verschiedenen Organisationen und Parteien, auch namentlich bedankt, die sich für die Eiche eingesetzt haben. Er schildert, wie sich nach der letzten Sitzung die Fachplaner, das Straßenbauamt, die Sachverständigen und Vertreter des Landratsamtes getroffen und bezüglich einer Lösung beraten haben. Am nächsten Tag fand, unter Einbeziehung der unteren Naturschutzbehörde, eine sogenannte Wurzelschürfung mit der Baufirma statt, bei der ein Abstand von 10 m zur Eiche festgelegt wurde. Nach seinem Kenntnisstand brauche es keine teure Wurzelbrücke und es würden die Kriterien der Verkehrssicherheit eingehalten, die Maßnahme sei zuschussfähig und der Kreisverkehr müsse nicht teuer umbaut werden. Viele Dinge, die in den letzten Wochen im Raum oder in der Schwebe gestanden hätten, seien in die Planungen miteingeflossen, aber letztendlich mussten die Grundstücksangelegenheiten geklärt werden. Die Planungen waren so intensiv und geschickt in die Landschaft eingefügt, dass keine großen Grunderwerbstätigkeiten nötig waren. Dennoch mussten im kleineren Umfang kleinere Korrekturen durchgeführt und von den Grundstückseigentümern so mitgetragen werden. Am Ende des Prozesses war die Unterschrift der beiden Grundstückseigentümer der Schlüssel zum Erfolg, wofür er sich bedankt. Er bedankt sich auch bei Martin Riedl und Brigitte Keller, die im Wesentlichen die Grundstücksverhandlungen bis zum späten Freitagabend durchgeführt haben. Er bedankt sich bei Daniel Drachenberg und Dominik Lindinger für deren Einsatz, die, in Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern, letztendlich diese Lösung erarbeitet haben. Abschließend bedankt er sich auch bei der unteren Naturschutzbehörde, bei Johannes Dirscherl und der Verwaltung. Im Zentrum stand die 330 Jahre alte Eiche, so der Landrat abschließend, die nun erhalten werden könne und durch den heutigen Beschluss auch unter Schutz gestellt werden solle.

Daniel Drachenberg stellt sich und Dominik Lindinger kurz vor und erläutert anhand einer Präsentation (Anlage 3 zum Protokoll) den Sachverhalt. Am 10.07.2020 waren sie mit der unteren Naturschutzbehörde vor Ort, um zu sehen, dass bei 9,50 m daumendicke Wurzeln kommen. Mit der uNB habe man sich auf 9 m geeinigt, mit den entsprechenden Trassierungsparametern seien wir bei ca. 9,40 m. Im Straßenkörper müsse ein Frostschutz eingebaut werden. Im Bereich näher zum Stamm werde der Radweg rüberführen. Bei dem Abstand des Straßenkörpers brauche es keine Wurzelbrücke oder ähnliches, so Drachenberg, selbst wenn im Bankettbereich noch kleine Wurzeln vorhanden seien, wäre das für diesen Baum durchaus vertretbar.

Zur Folie 3: Ausschnitt Richtung Norden erklärt Daniel Drachenberg, dass Blau die alte oder Ausführungsplanung, die bisher verfolgt wurde und rosa hinterlegt die aktuelle Variante sei. Auf den ersten Blick werde einem Nichtplaner klar, so Drachenberg, dass es eine kleine „Schikane“ für den Verkehrsteilnehmer sei, denn, wenn der Baum nicht wäre, würde man diese zusätzliche Kurve oder Schlangenlinie nicht hinzubauen; dies sei aber in Bezug auf die Verkehrssicherheit noch vertretbar. Weiter erklärt er, dass es bei ca. 6 m Querschnitt bleiben würde, mit einem gewissen Abstand von 9,38 m; dies sei aber kein tiefgehender Eingriff ins Wurzelwerk. Zur Wurzelbrücke erklärt er, dass es keine Systeme auf dem Markt gäbe, die für Landstraßenbau, oder für spätere Erhaltungsmaßnahmen oder für den Winterdienst vertretbar wären. Zum Radweg teilt er mit, dass nach Abstimmung mit der uNB, sie so verblieben seien, dass die höhere Überlebenswahrscheinlichkeit für den Baum kein Eingriff ins Wurzelwerk sei. Das bedeute, in diesem Bereich seien noch gewisse Unterschichten der alten EBE 8, auch wenn sie nicht 100 % frostsicher seien, könne hier entweder aufbauend asphaltiert oder gepflastert werden, was auch kostengünstiger sei.

Zu den Handlungsmöglichkeiten habe er der Vollständigkeit halber darzustellen versucht, was die Wurzelbrücke nur für den Radweg kosten würde - zusätzlich 90.000 €. Wenn auf den alten Bestand der EBE 8 der Radweg aufgebaut würde, wäre das entsprechend deutlich günstiger. Demzufolge werde von der uNB und von ihnen genau diese Variante favorisiert, die auch für die Überlebenswahrscheinlichkeit des Baumes natürlich am günstigsten sei. Zur rechten Spalte der Folie 4 erläutert er, dass 40 % der Kosten gefördert und 60 % beim Landkreis verbleiben würden. Erneute Umplanungskosten oder Leistungsänderungen würden nicht förderfähig sein. Somit sei dies die Summe bei dieser Lösung, die auf den Landkreis zukommen werde. Was noch hinzukomme und momentan noch schwer abschätzbar sei, seien die zusätzlichen Kosten, die aufgrund der zusätzlichen Verzögerung entstehen werden. In den nächsten 2 bis 3 Wochen müssen Ausführungsplanungen, Wasserrecht und Ähnliches umgesetzt werden. Weiter müsse abgestimmt werden, bis zu welchen Bereichen die Baufirma weitermachen könne und in welchen Bereichen es Sinn mache, wenn sie ein/zwei Wochen warten würden, um nicht daneben zu greifen und später korrigieren zu müssen, was auch zusätzliche Kosten nach sich ziehen würde. In der Zeit, so Drachenberg weiter, in der die Ausführungsplanung laufe, werden sie von der Regierung von Obb. eine bauaufsichtliche Stellungnahme, zumindest eine Vorabstellungnahme, einfordern, sprich einen vorzeitigen Baubeginn für diese Änderung erwirken, was an dieser Stelle unkritisch zu betrachten sei, weil sie in den letzten Wochen eng mit der Regierung von Obb. -auch die Parameter- abgestimmt haben, wonach auch genau diese Lösung geplant wurde.

Auf die Nachfrage des Landrats, ob es von Seiten des Straßenbauamtes eine eindeutige Empfehlung zum Radweg gebe, antwortet Daniel Drachenberg: ohne Wurzelbrücke.

Der Landrat erklärt, dass er dem Beschlussvorschlag unter Punkt 4 formale Ergänzungen eingefügt habe, denn es gebe mehrere Anträge: Der Ursprungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen vom 22.06.2020 sei erledigt, weil die Eiche gerettet werde. Der Antrag der CSU-FDP-Fraktion vom 29.06.2020 (Ersatz: wenn die Eich falle, müssten 300 neue gepflanzt werden) wäre damit auch erledigt und der Antrag bei künftigen Maßnahmen einen ‚Modus vivendi‘ zu finden, müsste noch im Herbst vorgestellt werden, was beim letzten Mal einstimmig beschlossen wurde. Der Antrag der AuG ödp/DIE LINKE vom 07.07.2020 sei ebenfalls erledigt, da er auch vorsehe, den Baum zu erhalten und, dass die Planung um den Baum herumgeführt werden solle. Und dann gebe es noch den Antrag der AuG ‚Natur vor Straße‘, über den gesondert abgestimmt werden müsse.

Auf die Bitte von KRin Waltraud Gruber die untere Naturschutzbehörde zu dieser Lösung anzuhören erklärt Johann Taschner, Leiter der unteren Naturschutzbehörde, dass er nur sagen könne, dass die Planung so wie sie jetzt vom Straßenbauamt / von Herrn Lindinger vorgelegt wurde, das Optimum sei, was man für die Erhaltung dieser Eiche machen könne: Es gebe einen Abstand von 9/10 m und es werde nicht in den Wurzel- und Kronen Bereich eingegriffen. Er könne sich nur dem Dank des Landrats an alle Institutionen und die Grundbesitzer, die hier mitgemacht und an dieser Lösung gearbeitet haben, anschließen.

KR Karl Schweisfurth erkundigt sich, welche Auswirkung die Fällung der jüngeren Eichen auf die Ausgleichsmaßnahmen habe. Johann Taschner antwortet, dass die bundesrechtliche Eingriffsregelung in der Prüfungsreihenfolge Eingriffsvermeidung vor Eingriffskompensation vorsehe. Das war auch der letzte Vorschlag, den die uNB eingebracht habe, dass von staatlicher Seite auf Kompensationsmaßnahmen vollständig verzichtet werde, um auch hier einen Beitrag zur Gegenfinanzierung, für die etwas teurere Variante, die die Erhaltung der Eiche bewirke, zu leisten.

Auf Nachfrage von KRin Waltraud Gruber erklärt Johann Taschner, dass im Bereich ‚Wald‘, wo die Eiche jetzt sei, die uNB auf einen Ausgleich verzichte, der Eingriff ins Offenland für die weitere Strecke sei davon unabhängig.

KRin Bianka Poschenrieder erkundigt sich, wie lange es dauere, bis die Eiche als Naturdenkmal ausgewiesen werde. Johann Taschner antwortet, dass die Ausweisung einer ‚Einzelschöpfung als Naturdenkmal‘ ein Verfahren nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz sei. Dazu gebe es zwei Möglichkeiten, wie es verfahrensmäßig gemacht werden könne, zum einen: per Verordnung des staatlichen Landratsamtes, ohne Gremienbeteiligung und zum anderen: als Einzelanordnung. Nachdem es nur einen Eigentümer gebe, würde es sich anbieten, so Taschner, es als Einzelbescheid zu machen, was in ein/zwei Monaten erledigt werden könnte.

KR Karl Schweisfurth erklärt, dass er eine Ergänzung zum Beschlussvorschlag hätte. Da sich viele Menschen, insbesondere das Mädchen Rosamond, für die Eiche eingesetzt haben, schlage er vor, der Eiche den Namen „Rosamond Eiche“ zu geben.

Der Landrat erklärt, dass über diesen Antrag am Ende abgestimmt werde.

KRin Waltraud Gruber merkt an, dass ihrer Meinung nach es den Punkt 2 des Beschlussvorschlages (Die Mehrkosten der Umplanung (möglichst inklusive der bisher angefallenen Kosten der Bauverzögerung) auf maximal 250.000 € begrenzt werden sollen) nicht brauche und er gestrichen werden könne. In ihrem kurzen Statement erklärt sie, dass ihr Herz einen Sprung mache und heute ein Tag sei, an dem ihr Kommunalpolitik Spaß mache. Sie bedankt sich beim Landrat, dass er sich so beweglich gezeigt und seine anfängliche Meinung geändert habe.

KR Alexander Müller erklärt, dass der Kompromiss auch im Rahmen bleiben solle und dafür stehe der Punkt 2 des Beschlusses mit maximal 250.000 €. Er sei von vielen Menschen angesprochen worden, die es nicht verstehen, dass der Landkreis für einen Baum so viel Geld ausgebe. Für ihn müsse es ein einmaliger Fall bleiben und appelliert, dass nicht Symbolpolitik betrieben werden solle, denn der Landkreis habe viele Projekte, die finanziert werden müssen. Er trage den Kompromiss mit einem „Bauchgrummen“ mit, da die Eiche auf der einen Seite erhalten aber auf der anderen Seite ein Wald abgeholzt werde. Die Mehrheit der Bürger habe das nicht verstanden, was das Gremium hier treibe, so KR Müller abschließend.

KR Martin Lechner merkt an, dass dies das Beste sei, was das Gremium jetzt erreichen konnte, allerdings werde der Baum sich verändern.

Der Landrat erklärt, dass der Punkt 2 des Beschlussvorschlages deklaratorisch sei, um die Kosten im Blick zu behalten und damit es auch festgehalten sei. 

Der Landrat stellt die Punkte des Beschlussvorschlages einzeln zur Abstimmung.

Am Ende der Beschlussfassung erklärt KR Karl Schweisfurth auf Nachfrage des Landrats, dass er den Antrag der AuG ödp/DIE LINKE vom 29.06.2020 ‚Vorrang für die Natur, die Naturschönheit‘ für diese Sitzung zurückziehe, er aber auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des ULV-Ausschusses gesetzt werden solle. Er begründet das insofern, dass dieser Antrag mit der Eiche eigentlich nichts zu tun habe, sondern es um einen weiteren Aspekt gehe, der die Gremien bei der Entscheidungsfindung unterstützen solle.


Der ULV-Ausschuss fasst folgende Beschlüsse:

1.   Die in der Sitzung vorgestellte neue zuschussfähige Planung mit einem Abstand Straße zur Eiche von ca. 10 Metern und einer Straßenbreite von 6 Metern ab Kreisverkehr bis zur ca. 300 Jahre alten Eiche wird beschlossen.

&

einstimmig angenommen

Ja 15   Nein 0

 

2.   Die Mehrkosten der Umplanung (möglichst inklusive der bisher angefallenen Kosten der Bauverzögerung) sollen auf maximal 250.000 € begrenzt werden.

&

angenommen

Ja 10   Nein 5

 

3.   Die ca. 300 Jahre alte Eiche wird als Naturdenkmal unter Schutz gestellt.

&

einstimmig angenommen

Ja 15   Nein 0

 

4.   Die Anträge von Bündnis 90/Die Grünen vom 22.06.2020, der CSU-FDP-Fraktion vom 29.06.2020 und der AG ödp/Die Linken vom 07.07.2020 sind damit geschäftsordnungsmäßig erledigt.

&

einstimmig angenommen

Ja 15   Nein 0

 

5.   Die Eiche erhält den Namen ‚Rosamond-Eiche‘.

&

abgelehnt

Ja 1   Nein 14