Der Landrat führt in den Sachverhalt zur Fragestellung ein und erklärt, dass die Verwaltung hier keinen großen Spielraum habe, da die Frage, ob überhaupt die Bürger gefragt werden müssten, anfangs von der Regierung von Oberbayern in Frage gestellt wurde, weil es nicht klar war, ob es sich hier, um eine Aufgabe im eigenen oder im übertragenen Wirkungskreis handle. Anfangs konnte er das nicht ganz nachvollziehen, da er der Meinung war, dass wenn der Landkreis bzw. der Kreistag im letzten Jahrhundert beschlossen habe, aus dem Ebersberger Forst ein Landschaftsschutzgebiet zu machen, dann müsste doch der Kreistag diesen Beschluss auch wieder ändern können. Dies könne der Kreistag aber nicht, denn, wenn ein Landschaftsschutzgebiet fakt sei und daran etwas geändert werden solle, dann sei dies eine Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis. Die Frage unserer Rechtsaufsichtsbehörde, ob man Bürgerentscheide zu Fragen im übertragenen Wirkungskreis machen dürfe, wurde lange diskutiert mit dem Ergebnis, dass es eine Fragestellung gebe, die die Regierung von Oberbayern als Rechtsaufsichtsbehörde mittragen könne. Dies sei wichtig, damit der Bürgerentscheid nicht an formalen Hürden scheitere, was auch vielen hier im Raum und in den Vorbesprechungen der Fraktionen wichtig war. Die Alternative wäre eine nicht formale Befragung, ohne Rechtsbindung, gewesen. Im Januar habe dann der ULV-Ausschuss mit einer breiten Mehrheit beschlossen, einen Bürgerentscheid/ein Ratsbegehren durchzuführen. Die Fragestellung für den Bürgerentscheid wurde jetzt noch einmal in Zusammenarbeit mit der Regierung von Oberbayern präzisiert und sei damit „ausverhandelt“. Der Landrat verliest die Fragestellung und merkt zum Punkt „zur Förderung der Landschaftspflege“ an, dass diese Formulierung manchem Kritiker merkwürdig erscheinen möge, aber genau dies betreffe die Zuständigkeit des Landkreises, in der Landschaftsschutzgebietsverordnung etwas regeln zu können. Trotz der Sperrigkeit des Wortlautes sei er der Meinung, dass die Fragestellung dem Bürger gut zu vermitteln sei.

KR Manfred Schmidt hält folgendes Statement:

„Herr Landrat, meine Damen und Herren,

unsere Fraktion hält unvermindert an der Forderung fest „Hände weg vom Ebersberger Forst“. Die zu erwartenden Schäden an Flora und Fauna (Schreddern von Vögeln, Infraschall etc.) sowie am Forst selber (Flächenverbrauch gerade auch für umfangreiche Zuwegung für schweres Gerät zur Instandsetzung, Wartung und zum Ersatzteil-Austausch etc.) verniedlicht und dass kaum gemeinwohl-orientierte Investoreninteresse teilweise zu unkritisch gesehen sowie die Ausweisung als Bannwald und als Landschaftsschutzgebiet zu wenig gewürdigt. Die rechtliche Begründung in der Sitzungsvorlage wirft mehr Fragen auf als Antworten zu geben. Das wird z.B. schon deutlich durch die mehrfache Verwendung des einschränkenden Begriffs „allenfalls“ etwa bei der Zulässigkeit des Ratsbegehrens (s. S. 3 der Vorlage) mit der Empfehlung, die – so wörtlich - allenfalls zur Rechtfertigung geeignete „Landespflege“ hervor zu heben.

Das allerdings erscheint gerade auch im Lichte des zitierten VGH-Urteils vom. 04.11.1992 als künstlich herbeigeführt, ja sogar als offener Hohn, wenn dort der Erwerb von naturschutzrelevanten Flächen, von Arten- und Vogelschutz sowie Maßnahmen der Landschaftspflege als förderungsfähig bezeichnet und ausgerechnet als Begründung für dieses Windrad-Ratsbegehren in Frage kommt.

Die Verspargelung der Landschaft als Landschaftspflege zu interpretieren, ist schon arg willkürlich. Daran ändert auch die Erwähnung des Klimaschutzes nichts. Diese offensichtliche Kollision zweier jeweils für sich berechtigter Ziele dadurch auflösen zu wollen, dass ein Ziel – wie hier der ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestattete – Naturschutz missachtet wird, kann keine gemeinwohl-orientierte Lösung darstellen und wird auch rechtlichen Bedenken nicht standhalten können.

Der Beschluss-Vorschlag ist suggestiv formuliert und enthält die tatsachenwidrige und abenteuerliche Unterstellung, dass die maximale Errichtung von fünf Windrädern die Landschaftspflege fördert. Im Hinblick auf den herannahenden Winter sage ich hier nur: „Dünnes Eis“!

Formuliert ist er außerdem arg „gedrechselt“, ehrlicher und einfacher wäre die Fragestellung:

„Sind Sie dafür, dass im Ebersberger Forst maximal fünf Windräder mit einer Höhe von jeweils höchstens ……..m errichtet werden ?“

Die Höhenfestlegung ist schon deshalb erforderlich, weil große Windräder eine Starkstromleitung in der Nähe benötigen, was für sich betrachtet, bereits ein „K.o.-Kriterium“ sein könnte.

Für unbedingt erforderlich halte ich eine ungeschminkte und allseitige Aufklärung der zur Abstimmung aufgerufenen Bevölkerung, auch über alle damit verbundenen Nachteilen. Dazu gehören Hinweise auf Infraschall, das tatsächliche Ausmaß von Bodenversiegelung und Flächenverbrauch einschließlich für die zu betonierenden Zuwege für Instandsetzungs-, Nachrüstungs- und Wartungsarbeiten sowie für Kranstellflächen, Leitungen zum Umspannwerk etc., jeder Mast beansprucht für sich je 2.500 m².

Fachleuten zufolge werden für eine WKA 180 t Stahl und 1.300 cbm Beton verbaut Eingriffe in Flora und Fauna: jährlich fallen 700 Rotmilane den WKA´s zum Opfer, 5-6 Mrd. Mücken, Bienen, Hummeln, Marienkäfer und weitere Kerbtiere werden von 30.000 WKA´s pro Tag in der Luft gehäckselt. Nicht einmal 5 % der Insekten können lebend an einem Windrad vorbeifliegen.

Ausgleichsflächen können nach dem Bayer. Waldgesetz nur im unmittelbaren Anschluss an den Forst dargestellt werden, und zwar im Verhältnis 1:1 oder besser 1:1,5.

Nicht zu vernachlässigen sind die Brand- und Feuergefahr sowie Unfälle durch WKA´s: Im Jahre 2018 wurden 15 Windrad-Havarien, darunter Blitzeinschläge, Brände und abgerissene Rotorblätter registriert.

Auch der irgendwann erforderliche Abriss, z.B., wegen Erneuerung, stellt die Entsorgungswirtschaft vor immense Probleme; der Fachliteratur nach überfordert der Rotorblattschrott die Verbrennungsanlagen.

Hiernach können die verklebten Glas- und Karbonfasern nur thermisch verwertet, also verbrannt werden, wofür es nicht genügend geeignete Öfen gibt, da die Verbundfasern die Filter verstopfen.

Über all das sollten die Landkreisbürger vor der Abstimmung informiert sein.

Konsequenter Weise wird unsere Fraktion die Frage zu a) des Beschlussvorschlages ablehnen.“

KRin Bianka Poschenrieder erklärt, dass sie die Fragestellung für „hirnrissig“ halte, da seit längerem der Landkreis darauf hinwirke WKAs zu bauen und jetzt das abfragen wolle. Sie habe die Befragung abgelehnt und sie werde diese eigenartige Fragenstellung ebenso ablehnen. Sie habe Bedenken, dass die Klimaschutzmanagerin diese Fragestellung nur schwer den Bürgern vermitteln könne.

KR Thomas von Sarnowski erklärt, dass die Kreistagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen das Ratsbegehren ablehne. Es sei nur eine Zeitverzögerung und koste Geld. Sollte es doch zu einem Ratsbegehren kommen, würden sie alles tun, dass es positiv ausgehe.

Der Landrat merkt darauf an, dass der Kreistag im Januar 2020, nach intensiver Diskussion, das Ratsbegehren mit einer Mehrheit beschlossen habe und jetzt gehe es um die Umsetzung. Es werde schon von den Befürwortern eine gewisse Geschlossenheit bei den Windrädern erwartet, denn sollte das Ratsbegehren nicht zustande kommen, dann hätten wir hier keine einheitliche Lage, was die Unterstützung der Windräder betreffe.

KR Niklas Fent erklärt als Kreisrat und als ‚Fridays for Future‘ Aktivist, dass der Landkreis eigentlich jetzt schon Windräder bauen müsste. Aus seiner Sicht war es damals bereits ein Fehler, dass der Kreistag sich nicht klar für Windräder ausgesprochen habe, deswegen könne das aus seiner Sicht nur abgelehnt werden. Er würde sich vom Landrat wünschen, dass er sich klar für Windräder aussprechen würde.

Der Landrat erklärt, dass der Kreistag sich im Januar klar mit 42:9 Stimmen dafür ausgesprochen habe. Der Kreistag stehe mit breiter Mehrheit hinter den Windrädern, aber auch mit der Stimmen die Bürger zunächst zu befragen.

KRin Dr. Renate Glaser erklärt, dass sie für die Windräder im Ebersberger Forst sei. Das Bürgerbegehren bzw. das Ratsbegehren sei ja vor dem Hintergrund entstanden, weil der Landrat möchte, dass die Bürger hier mitgenommen werden, was sie auch immer an ihm sehr geschätzt habe. Aber, bei dieser Formulierung würden die Bürger nicht mitgenommen werden, sondern nach ihrer Meinung, eher verunsichert werden. Es werde nach ihrer Ansicht schwer, mit dieser nicht verhandelbaren Formulierung, ein Ratsbegehren zu gewinnen. Dieser sperrige Text, sei eine grammatikalische Hürde und habe nichts mehr mit der einfachen Fragestellung zu tun, mit der der Kreistag auf die Bürger zugehen und auch ein breites Votum erzielen wollte. Unter diesem Gesichtspunkt konnte sie es damals auch unterstützen. Sie möchte daher anregen, nochmals in diesem Gremium unter dem Aspekt zu beraten, nämlich den Bürger mitzunehmen. Sie meine, es müsse doch einen Weg geben, auch für dieses neu zusammengesetzte Gremium, um diesen Beschluss ein Stückchen zu modifizieren, um zu sagen, wir kommen jetzt, ein halbes Jahr später, zu einem anderen Ergebnis, nämlich: Wir brauchen das nicht, weil dieses Gremium von sich aus jetzt alleine für die Windkraftanlagen im Ebersberger Forst aussprechen könne. Das Problem sei nicht das Ratsbegehren, sondern die Formulierung. Dies sei ihr Lösungsvorschlag, von dem sie nicht wisse, ob er umsetzbar sei.

Auf die Nachfrage des Landrats, ob er ihren Redebeitrag richtig verstanden haben, auf das Ratsbegehren zu verzichten, bestätigt das KRin Glaser.

Der Landrat erklärt, dass er auf das Ratsbegehren nicht verzichten wolle, weil es ihm hier auch um politische Redlichkeit gehe. Es war ein Wahlkampfthema und es gab auch hierzu Positionierungen. Er habe vor der Wahl sich klar dazu geäußert, dass er für den Windpark sei, aber auch, dass er die Bürger vorher dazu befragen wolle. Hier stehe er im Wort, einen Bürgerentscheid zu machen. Wenn eine Mehrheit das anders beschließe, dann würde er sich aus diesem Projekt dahingehend zurückziehen, dass er keine Werbung mehr mache. Er müsse hier stringent bleiben.

KR Alexander Müller erklärt, dass er die Formulierung auch nicht schön finde, aber der Bürger werde es verstehen und entscheiden, ob er für einen Windpark im Ebersberger Forst stimme oder dagegen.

Der Landrat erinnert an das Volksbegehren „Rettet die Bienen“, bei dem den Bürgern ein ganzer Gesetzestext zumutbar war und die paar Zeilen sollen es nicht sein. Er würde von dieser Fragestellung nicht jedes Wort auf die Waagschale legen. Von Seiten der Verwaltung konnten zumindest noch die Worte „zum Klimaschutz“ eingebracht werden, die Formulierung solle jetzt nicht überbewertet werden.

KR Niklas Fent erklärt, dass er sich frage, ob bei jeder strittigen Entscheidung, der Kreistag jetzt einen Ratsentscheid machen wolle. Er habe kein Verständnis dafür und bedauere, dass der Kreistag kein Votum dafür oder dagegengesetzt habe.

Eingehend darauf erklärt der Landrat, dass er ihn verstehe, aber darauf hinweisen möchte, dass dies der erste Bürgerentscheid im Landkreis sei, seitdem es sie gebe und es werde auch keine Inflation davon geben. Der Ebersberger Forst sei nicht irgendein Waldstück, sondern das grüne Herz im Landkreis Ebersberg, mit dem viele Menschen verbunden seien, egal wo sie im Landkreis wohnen würden. Durch den Bürgerentscheid könne in dieser hochemotionalen Angelegenheit eine positive basisdemokratische Klärung herbeigeführt werden. 

KRin Bianka Poschenrieder möchte, dass in der Sitzungsvorlage die Auswirkung auf den Klimaschutz mit ‚negativ‘ angekreuzt werde, weil das Bürgerbegehren Zeit und Geld koste.

KR Martin Lechner erklärt, dass der Bürgerentscheid der sichere Weg sei, ansonsten gebe es ein Bürgerbegehren und hier würde der Text von der Bürgerinitiative vorgegeben werden, die gegen Windräder im Ebersberger Forst sei.

Der Landrat stellt den Beschlussvorschlag zur Fragestellung zur Abstimmung.

Anschließend folgt die Beratung über den Punkt b) Zeitplan Bürgerentscheid.

KR Martin Lechner schlägt vor, dass der Bürgerentscheid nach den Osterferien in Form einer reinen Briefwahl stattfinden solle.

KR Manfred Schmidt beantragt, den Bürgerentscheid zusammen mit der Bundestagswahl 2021 stattfinden zu lassen. Nachdem es sich um einen weiterführenden Antrag handle, bittet KR Schmidt darüber zuerst abstimmen zu lassen.

KR Thomas von Sarnowski merkt an, dass der Termin nicht direkt nach den Schulferien stattfinden solle.

Dr. Lisa Rütgers, Klimaschutzmanagerin, befürwortet den Vorschlag von KR Schmidt, die Briefwahl zusammen mit der Bundestagswahl stattfinden zu lassen, da dadurch eine hohe Wahlbeteiligung wahrscheinlicher sei. Ebenso hätte sie mehr Zeit für die Vorbereitung und über den Sommer wäre das Wetter besser für die Infostände.

KRin Bianka Poschenrieder erklärt, dass sie den Vorschlag von KR Lechner besser finde.

Die Mehrheit spricht sich für die erste Maihälfte 2021 aus.

Der Landrat stellt zuerst den Antrag von KR Manfred Schmidt zur Abstimmung und anschließend den Antrag von KR Martin Lechner.

 

 

Nach Beschlussfassung erkundigt sich KR Thomas von Sarnowski, wann die planerische Konzeption, auf die Professor Schöbel von der Technischen Universität München in seiner Stellungnahme hingewiesen habe, fertig sei.

Professor Schöbel erklärt, dass am 12.10. noch ein Gespräch mit Frau Dr. Rütgers stattfinde und anschließend könne er es vorlegen.

Der Landrat merkt an, dass das Konzept in der Sitzung des ULV-Ausschusses am 25.11.2020 auf die Tagesordnung komme.


Der ULV-Ausschuss fasst folgende Beschlüsse:

Dem Kreis- und Strategieausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

a)  Die Fragestellung des Ratsbegehrens lautet wie folgt:

„Sind Sie dafür, dass der Landkreis Ebersberg zur Erreichung der Ziele des Klimaschutzes und zur Förderung der Landschaftspflege die ihm zur Verfügung stehenden grundstücksrechtlichen Möglichkeiten ausschöpft, um darauf hinzuwirken, dass im Ebersberger Forst maximal fünf Windräder errichtet werden?“

&

angenommen

Ja 8  Nein 7

b)  Der Bürgerentscheid soll an folgendem Zeitpunkt stattfinden:

1)  Antrag zur Geschäftsordnung von KR Manfred Schmidt:

Der Bürgerentscheid soll zusammen mit der Bundestagswahl 2021 stattfinden.

&

abgelehnt

Ja 1   Nein 14

 

2)  Antrag zur Geschäftsordnung von KR Martin Lechner:

Der Bürgerentscheid soll in der ersten Maihälfte 2021 in Form einer reinen Briefwahl stattfinden.

&

angenommen

Ja 14   Nein 1