Vorberatung        

ULV-Ausschuss am 20.07.2020, TOP 10 Informationen

Sachvortragende(r):

Dipl-Ing.FH Sabine Kögl, AU-Consult GmbH

 

Johannes Dirscherl, SG-Leiter 16, Abfallwirtschaft und Kreisstraßen

Johannes Dirscherl führt in den Sachverhalt ein und erklärt, dass die Abfallwirtschaft vor ca. einem Jahr den Auftrag erteilt habe, die Nachsorge neu zu kalkulieren bzw. zu überprüfen, denn dies sei immer die erste Voraussetzung, um in das Gebührengutachten einsteigen zu können. Die Nachsorge müsse gebührenmäßig aus dem Gebührenhaushalt rausgehalten werden, weil das eine eigenständige Position sei, die über Rückstellungen abgedeckt werden müsse. Das Gutachten lag rechtzeitig vor, um in die Gebührenkalkulation einsteigen zu können. In der Gebührenkalkulation werden die einzelnen Fraktionen betrachtet, was an Kosten und an Erlösen erzielt werde. Im Endeffekt würden für die einzelnen Fraktionen Preise rauskommen, die die Abfallwirtschaft verlangen müsse, damit sie theoretisch am Jahresende mit jeweils plus minus null abschließe. Ein Überschuss, wie in den vergangenen Jahren, stehe nicht mehr zur Verfügung. Das bedeute, dass im Jahr 2020 ein Defizit erwirtschaftet werde, welches auch in die Kalkulation eingearbeitet und in den nächsten vier Jahren abgedeckt werde. Die meisten Positionen würden nach oben gehen, nur wenige würden sich halten. Eine, die sich wahrscheinlich auch halten werde, sei die Papier-Pappe-Kartonage-Entsorgung, die ausgeschrieben wurde. Die Konditionen, die wir dafür bekommen haben, seien in der Höhe, wie etwa beim letzten Mal (Unterschied ca. 3 %). 

Weiter erklärt Johannes Dirscherl, dass die Deponie abgenommen worden sei und jetzt in die Nachsorgephase gehe, was bedeute: jetzt werde mit 30 Jahren Nachsorgefrist kalkuliert, also in vier Jahren, bleiben dann nur mehr 26 Jahre.

Sabine Kögl fügt ergänzend hinzu, dass die Deponienachsorge ihr Kollege berechnet habe. Die Kostenveränderungen, die sich zu den vorhergehenden Nachsorgekosten ergeben haben, bezogen auf den heutigen Kostenstand, seien im Prinzip marginal. Die Kostenschätzungen von vor vier Jahren konnten übernommen werden. Der Punkt sei nur, dass über einen Zeitraum von 30 Jahren in die Zukunft gerechnet werde. Ein ganz wesentlicher Faktor, der die Höhe dieser Nachsorgekosten ausmache, sei die anzusetzende Verzinsung. Dort werde als Abzinsungsfaktor der von der Bundesbank gemäß § 153 Abs. 2 HGB veröffentlichte Zinssatz verwendet - für eine langfristige Anlageform. Der Zinssatz sinke allerdings seit Jahren, was bei den relativ großen Beträgen und dem langen Zeitraum dazu führe, dass die Rückstellung, die der Deckung der Nachsorgekosten zur Verfügung stehe, etwas zu niedrig sei, weil allein diese Zinseszinsauswirkung diese Differenz verursache. Im Rahmen des Gebührengutachtens wurde hierzu nochmals eine Expertise eingeholt, um festzustellen, ob in die Gebühren noch etwas eingerechnet werden könnte, wie zu Zeiten, als die Deponie noch in Betrieb war. Hier kam die Aussage vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (BKPV), dass dies nicht der Fall sei, weil die Rechtsgrundlage des Abfallrechts eine Erzeugung von diesen Beträgen, nur aus dem laufenden Deponiebetrieb zulasse. Dies heiße, wenn das eingerechnet würde, könne das zu einer angreifbaren Gebührenverbescheidung führen. Die Aussage des BKPV ging in die Richtung, dass eine weitere Nachdotierung der Rückstellungen aus den laufenden Gebühreneinnahmen nicht möglich und nicht zulässig sei, erst dann, wenn die Rückstellung in 25/28 Jahren, wieviel auch immer, aufgebraucht sei. Erst dann sei eine Berücksichtigung der noch fehlenden Kosten über die Gebühren zulässig, wie es im Moment schon für bestimmte Altdeponien passiere, für die es keine Rückstellungen oder Altlasten gab. In der Gebührenberechnung sei dieser Betrag hier nicht miteingerechnet.

Brigitte Keller an Sabine Kögl gewandt erkundigt sich, ob sie es richtig verstanden habe, dass der Betrag, zum Aufholen der Nachsorgerückstellung, nicht in der Kalkulation enthalten sei, die sie dem Gremium jetzt vorstellen werde. Sabine Kögl erklärt, dass der Betrag in die Berechnung nicht eingeflossen sei.

Sabine Kögl stellt anhand einer Präsentation (Anlage 2 zum Protokoll) die Gebührenkalkulation vor. 

KRin Antonia Schüller erkundigt sich, was der sachliche Grund für die Kostenänderungen bei Asbest sei, dem gegenüber es aber kaum Änderungen beim Restmüll, der Selbstanlieferung und beim Bauschutt gebe. Sabine Kögl erklärt, dass es indirekt vertragliche Gründe habe, weil in die Entsorgungsumlage nicht nur die Verwertung oder Entsorgung von Hausmüll einfließe, sondern auch alle sonstigen Kosten der Abfallwirtschaft, die Bereitstellung der Wertstoffhöfe und die Kostenbeteiligungen des Landkreises daran. Über alle Fraktionen/Bereiche seien hier über die letzten Jahre Kostensteigerungen aufgetreten, die sich aus der Unterdeckung für 2020 ergeben. Die Steigerung der letzten zwei Jahre, die sich hier bei der tatsächlichen Entsorgung ergeben könnten, sei nur ein kleiner Teil. Ein ganz großer Teil seien die sonstigen Kosten, die in diese Entsorgungsumlage einfließen, beispielsweise die Problemmüllsammlung, die Bioabfallsammlung (die mit steigenden, bestenfalls stabilen Kosten miteinfließe), der wachsende Verwaltungsaufwand (der über die Entsorgungsumlage zu decken sei). Ebenso zu erwarten sei, dass sich die umsatzsteuerliche Berücksichtigung der Leistungen der Gemeinden hier auswirken könnte. Es seien viele kleinere Bereiche, die dort eben miteinfließen. Die direkten Kosten, die bei Sperrmüll-, Gewerbeabfall und Direktanlieferung anfallen, seien nahezu ausschließlich die Annahme an der Schafweide, an der Umladestation, der Weitertransport und die Verbrennung. Hier würden deutlich weniger Allgemeinkosten reinfließen.

Auf die Nachfrage von KRin Bianka Poschenrieder zum Deckungsgrad erklärt Sabine Kögl, dass für jedes Jahr die Kosten, die für diese Fraktion erwartet werden, ausgerechnet würden und schätze für diese vier Jahre die Menge ab, die man erwarte. Aus diesen beiden Summen, über die vier Jahre, ergebe sich ein Mittelwert. Es könne durchaus sein, dass für einzelne Fraktionen im ersten Jahr eine Unterdeckung entstehe, dafür im zweiten Jahr eine Überdeckung, weil über vier Jahre die Gebühr stabil bleiben solle. Wir wollen einen Gebührensatz für vier Jahre, der könne natürlich nicht für jedes der vier Jahre, der passende sein.

Auf die Fragen von KRin Ilke Ackstaller zu Rückstellungen, dem Nachsorgezeitraum, der in den letzten Jahren immer wieder neu auf 30 Jahre festgesetzt wurde und was nach diesem Zeitraum passiere erklärt Sabine Kögl, die Rechtsgrundlage liege im Bayerischen Abfallgesetz, das die Deponiebetreiber verpflichte, für einen Zeitraum von 34 Jahren eine entsprechende Rückstellung zu bilden. Ob in 30 Jahren diese Deponie tatsächlich aus der Nachsorge entlassen werden könne, obliege den zuständigen Genehmigungsbehörden zu entscheiden. Sie sei seit 20 Jahren an diesem Thema dran und wisse nicht viele Altstandorte die aus der Nachsorge tatsächlich rausgekommen seien. Das sei natürlich ein ganz anderer technischer Stand, als die Deponie des Landkreises Ebersberg, denn das seien schon sehr alte Deponien. Sie könne es leider nicht sagen. Sabine Kögl erläutert erneut die Aussage des BKPV.

Auf die Nachfrage von KR Martin Lechner zu den steigenden Entsorgungskosten des Sickerwassers der Jahre 2020-2025 (Seite 19 des Gutachtens) und den Sanierungskosten der Rohrleitungen (Seite 17 des Gutachtens) erklärt Sabine Kögl, dass für den langen Zeitraum von 30 Jahren und aus den Erfahrungen der Vergangenheit, diese Leitungen Schäden hätten, die durch Spülung nicht mehr behoben werden könnten. Anschlüsse zu Sickerwasserschächten werden mit der Zeit so in Mitleidenschaft gezogen, dass man davon ausgehe, dass bestimmte Haltungen nach einer gewissen Zeit saniert werden müssen, entweder mit einem Inliner oder im schlimmsten Fall in einem Grabenbauwerk. Die Sickerwasserleitungen lägen am Boden der Deponie, was dadurch eine sehr aufwändige Maßnahme sei. Im Gutachten wurden Kosten für Maßnahmen aufgeführt, die aufgrund der Erfahrung, nach 30 Jahren anfallen würden. Die Deponie sei durch Setzungsvorgänge biologisch aktiv und bilde aus dem Umsatz Gase. Es wurde festgestellt, dass immer wieder andere Stellen aktiv sein würden. Wenn es Setzungen und dadurch eine Verschiebung im Wasserhaushalt gebe, dann hätte man auch nach 50 Jahren wieder eine biologische Aktivität. Sollte sich die Deponie langsam entwässern und die Sickerwasserrückführung nicht mehr lohnen, weil diese Aufkonzentrierungsprozesse und der Anschub von dieser Umsetzung, die man in gewisser weise erwarte, irgendwann zum Erliegen komme, dann würden die Mengen an Sickerwasser steigen, die dann auch entsorgt werden müssen. Die Information, warum die Kosten so gestiegen seien, würde sie nach Rücksprache mit ihrem Kollegen, der das Gutachten erstellt habe, an die Verwaltung nachliefern.

KR Martin Lechner schlägt vor, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen und jetzt nicht darüber abzustimmen, bis die Information darüber, warum die Kosten so gestiegen seien, vorliege.

Johannes Dirscherl erklärt, dass derzeit verhandelt werde, ob künftig das Sickerwasser noch auf die Deponie aufgebracht werden dürfe, was in der Nachsorge eigentlich nicht mehr gemacht werde, da dies günstiger sei, als das Sickerwasser abzufahren. 

KR Martin Lechner erklärt, dass er es nicht verstehe, weshalb der Nachsorgezeitraum wieder neu auf 30 Jahre festgesetzt werde, obwohl die Deponie schon seit langem geschlossen sei.

Johannes Dirscherl antwortet, dass dies eine rein rechtliche Frage sei. Es gebe eine reine Betriebsphase (bis der letzte Abfall eingebaut sei), dann eine Rekultivierung und dann komme die sogenannte Stilllegungsphase, die eigentlich nicht sehr lange dauern sollte. Der Abschluss der Stilllegungsphase sei die Abnahme der Deponie und dann erfolge für mindestens 30 Jahre die Nachsorge der Deponie. Die Abnahme erfolgte erst jetzt, da die Regierung das jetzt erst gemacht habe. Die Verwaltung habe zwar bisher noch keinen Bescheid, aber der Landkreis habe eine Abnahme, was bedeute, dass jetzt letztmalig, der Nachsorgezeitraum neu auf 30 Jahre festgesetzt werde.   

KR Martin Lechner beantragt, die Beschlussfassung zurückzustellen, bis die Fragen beantwortet werden können.

Brigitte Keller erklärt, dass es höhere Defizite verursachen würde, wenn keine neue Gebührenkalkulation beschlossen werde, denn die Müllgebühren seien bereits 2020 unterfinanziert. 

KR Martin Lechner erklärt, dass er dem Punkt 1 des Beschlussvorschlages nicht zustimmen könne, da er die Gebührenausgleichsrückstellung in Höhe von über 860.000 € nicht nachvollziehen könne.

Brigitte Keller antwortet, dass die Verhandlungsposition der Verwaltung größer werde, wenn sie einen ablehnenden Beschluss des Gremiums habe. Sie schlage daher vor, bei Punkt 1 des Beschlussvorschlages „erfolgt“ zu streichen und (…) wird abgelehnt“ zu ergänzen.

KR Alexander Müller fügt ergänzend hinzu, dass der Punkt 1 um (…) und bedarf einer erneuten und nachvollziehbaren Darstellung“ nach „wird abgelehnt“ ergänzt werden solle.

Auf die Nachfrage des Landrats erklärt Brigitte Keller, dass der Punkt 2 des Beschlussvorschlages belassen bleiben könne und den Punkt 3 benötige die Verwaltung, damit ab 01.01.2021 die neuen Gebühren in Kraft treten können.

Auf die Bedenken von KRin Ilke Ackstaller erklärt Brigitte Keller, dass die Gebührenausgleichsrückstellung in Höhe von rd. 868.000 € der Gebührenzahler bereits bezahlt habe. Wenn dieser Betrag für die Nachsorge gebucht werde, dann sei diese Gebührenausgleichsrückstellung weg. Wenn sie stehen gelassen werde, könne sie zur Deckung des jährlichen Gebührenausgleichs verwendet werden, oder, sofern es rechtskräftig sei, in die Nachsorge umbuchen. Da passiere gar nichts, denn das sei das Geld des Gebührenzahlers.

Der Punkt 1 wird entsprechend ergänzt und der Landrat stellt den gesamten Beschlussvorschlag zur Abstimmung.


Der ULV-Ausschuss fasst folgenden Beschluss:

Dem Kreis- und Strategieausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

1.    Die Aufstockung der Rückstellung zur Deponienachsorge gemäß dem Nachsorgegutachten der Fa. AU-Consult vom Mai 2020 auf 7.907.690,00 € zunächst in Höhe der noch vorhandenen Gebührenausgleichsrückstellung in Höhe von 868.807,80 € wird abgelehnt und bedarf einer erneuten und nachvollziehbaren Darstellung.

2.    Die weitere Aufstockung aus dem Kreishaushalt in Höhe von 1.341.335,41 € wird derzeit abgelehnt. Es ist rechtssicher zu prüfen, ob dieser Betrag aus der Kreisumlage zu finanzieren ist. Außerdem benötigt der Landkreis eine rechtssichere Stellungnahme der Rechtmäßigkeit der Neufestsetzung des 30-Jahres-Zeitraumes obwohl auf der Deponie seit 2008 kein Müll mehr eingelagert wird.

3.    Gebührenkalkulation
Die Gebühren werden gemäß der Gebührenkalkulation der Fa. AU-Consult festgesetzt auf:

a)    selbst angelieferten Restmüll
gem. § 14 AWS

1,70 € je angefangene 10 kg

Mindestgebühr
6,00 €

b)    Asbest

2,44 € je angefangene 10 kg

Mindestgebühr
6,00 €

c)    künstliche Mineralfasern

4,25 € je angefangene 10 kg

Mindestgebühr
15,00 €

d)    kontaminierter Bauschutt, der nicht nach § 10 Ziff.2 AWS anderweitig zu entsorgen ist (Problemmüll)

1,50 € je angefangene 10 kg

Mindestgebühr
6,00 €

Der Landkreis erlässt eine Gebührensatzung. Diese ist Anlage 3 und Bestandteil dieses Beschlusses.