Beschluss: angenommen

Abstimmung: Ja: 9, Nein: 4

Vorberatung        

ULV-Ausschuss am 28.07.2021 TOP 4

Sachvortragende(r):

Daniel Drachenberg, Staatliches Bauamt Rosenheim

Der Landrat führt kurz in den Sachverhalt ein und erklärt, dass im Rahmen des Radwege- und Straßenbauprogramms vereinbart wurde, gesondert über den Ausbau der EBE 9 von Schaurach bis Jakobneuharting zu beraten. Er berichtet über die bereits seit geraumer Zeit geführten Grundstücksverhandlungen der Verwaltung, die sich an einigen Abschnitten als schwierig gestalten. Die Verwaltung habe sich daher zu verschiedenen Optionen Gedanken gemacht und im Beschlussvorschlag Alternativen (Ausbau im Bestand oder Sanierung der bestehenden Trasse) aufgezeigt, sofern die Verwaltung bei den Grundstücksverhandlungen nicht weiterkomme.

Daniel Drachenberg hält einen Sachvortrag anhand einer Präsentation (Anlage 8 zum Protokoll).

Zu den Grundstücken erklärt Daniel Drachenberg, dass das Straßenbauamt mit Flachböschungen geplant habe, um dadurch den Grunderwerb zu minimieren und damit die Verhandlungen zum Erfolg zu führen, was derzeit nach wie vor aber nicht gelungen sei. Der in Folie 5 genannte Grunderwerb ‚alt in m2‘ beziehe sich noch auf die Pläne aus dem Jahr 2016, so Daniel Drachenberg, und Grunderwerb ‚neu‘ auf die Pläne November 2021. Das Netto bedeute, dass durch den Rückbau der alten Strecke der Grundeigentümer diese miterhalte und damit der Grunderwerb nochmals minimiert werde. Der erforderliche Grunderwerb konnte bei Nettobetrachtung sogar mehr als halbiert werden, auch wenn die vorübergehende Inanspruchnahme etwas größer sein werde.

Er informiert, dass die Kostenschätzung aus dem Jahr 2015 mit 1,4 Mio. € im Falle des bestandsorientierten Ausbaus nicht mehr realistisch sei, denn mittlerweile würden die Kosten bei 2,1 Mio. (nach den Pauschalen) liegen, plus ca. 200.000 € für die Entsorgung der Teerlast.

Beim Ausbau im Bestand liege die Kostenschätzung bei rund 2,0 Mio. €, hier müsse dann klar definiert sein, so Daniel Drachenberg, ob es bei der Fahrbahnbreite von 5,25 m bis 5,75 m bleibe, was aber bei einer Verkehrsbelastung von 4.000 Kfz/24h keinen Sinn mache. Aufgrund der unzureichenden Radien und Sichtweiten (Maisanbau) entspreche das nicht mehr der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs, daher müsse die Geschwindigkeit anteilig auf 60 km/h reduziert werden. Die Alternative ‚Ausbau im Bestand‘ würde er als „Geld in den Sand setzen“ bewerten.

Er erläutert die Sanierungsmöglichkeit der EBE 9 bis KVP Schaurach, bei der wahrscheinlich eine Erneuerung des gesamten Oberbaus mit Deck- und Tragschicht (Grundsanierung) erforderlich sei und bei mindestens 1 Mio. € liege.  

Er habe heute keine kurzfristige und keine eindeutige Lösung mitgebracht, so Daniel Drachenberg. Das Straßenbauamt könne zwar die Grundsanierung und die neue Deckschicht prüfen, wenn es vom Landkreis als Straßenbaulastträger gewünscht werde, aber seines Erachtens mache es letztendlich fachlich keinen Sinn.

Eingehend auf die Sitzungsvorlage erklärt Daniel Drachenberg, dass er mit dem bestandsorientierten Ausbau die Variante meine, die im Vorfeld verfolgt wurde (Folie 4). Bestandsorientiert bedeute, nach besten Wissen und Gewissen entlang der Strecke oder zumindest in der Nähe zu bauen. Was in der Sitzungsvorlage als bestandsorientiert dargestellt worden sei, sei tatsächlich im Bestand, was bedeute: Der Streckenverlauf bleibe auf der Achse und es müsse letztendlich nur entschieden werden, ob die ca. 5 m Straßenbreite ausreichend seien oder, ob man z.B. auf die 6 m gehe. 

Auf die Nachfrage von Herrn Landrat erklärt Martin Riedl, Sachbearbeiter Grundstücksbeschaffung, dass er von den vier Grundstückseigentümern zwischenzeitlich von zweien eine positive Rückmeldung zum Verkauf bekommen hätte. 

Daniel Drachenberg beantwortet Fragen aus dem Gremium. Er erklärt, dass fachlich betrachtet die beste Lösung der Grunderwerb sei, um auf dieser Strecke bei einer Straßenbreite von 6,50 m (Minimum) verkehrssicher unterwegs sein zu können.

Seines Erachtens sei es problematisch, nur die Deckschicht zu erneuern, denn das würde die Autofahrer dazu verleiten, schneller zu fahren und zu überholen.

KRin Waltraud Gruber erinnert an die Diskussionen zum Haushalt und an die vorgenommenen Einsparungen und erklärt, dass ihres Erachtens nicht so viel Geld für Straßen ausgegeben werden könne, wenn im Gegenzug der Landkreis bei den Schulen spare. Sie spricht sich für eine Sanierung der Straße aus, um die eingesparte Million anderweitig einsetzen zu können.

KR Thomas Lechner moniert den schlechten Zustand der Straße, der einer Kreisstraße nicht würdig sei.

KR Martin Lechner erklärt, dass er eine Sanierung auf schlechtem Untergrund nicht befürworte.

Daniel Drachenberg verweist auf die beratende Funktion des Straßenbauamts und, dass eine Sanierung, falls gewünscht, noch im Detail (vor allem Kosten) zu bewerten sei. Aber mit Blick auf die Verkehrssicherheit bittet er die Ausschussmitglieder bei deren Entscheidung, die unzureichende Breite und Radien sowie die fehlenden Haltesichtweiten (Kuppen) zu berücksichtigen. Der Landkreis könne froh sein, so Daniel Drachenberg, dass dort kein Unfallschwerpunkt/keine Unfallhäufungslinie vorherrsche.

Der Landrat erklärt, dass es für diese Straße mit 4.000 Fahrzeugen täglich eine vernünftige Entscheidung brauche. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h halte er für zumutbar.

Auf Nachfrage erklärt Daniel Drachenberg, sollte die tiefere Bohrkernuntersuchung ergeben, dass der Streckenabschnitt im Oberbau komplett neu (auch Frostschutz) aufgebaut werden müsse, dann würde die Kostenschätzung von rund einer Million Euro nicht ausreichen.

KRin Lakhena Leng bittet die anwesende Klimaschutzmanagerin Dr. Lisa Rütgers eine Stellungnahme aus Sicht des Klimaschutzmanagements dazu abzugeben.

Dr. Lisa Rütgers merkt an, dass sie jetzt darauf nicht vorbereitet und zu wenig in dem Thema drin sei. Generell aber könne sie sagen, dass weniger Versiegelung ressourcenschonend sei. Die Voraussetzung für eine Verkehrswende sei, dass der Landkreis eine gute Infrastruktur schaffe, wie z.B. durch den Ausbau von noch mehr Radwegen.

Johannes Dirscherl, SG-Leiter 16 (Kreisstraßen und Abfallwirtschaft) informiert, dass der gut 2 Mio € teure Ausbau mit 50 %, evtl. mehr, gefördert werde. Sollte der Landkreis auf der Trasse bauen, ist dies nicht mehr richtlinienkonform, damit nicht förderfähig und er müsse zu 100% selbst zahlen.

KR Josef Oswald erklärt, dass, wenn es keine sinnvolle Lösung gebe, nur das Notwendigste gemacht werden solle.

Daniel Drachenberg merkt an, dass die Strecke bereits auf 60 km/h beschränkt sei.

Auf die Nachfrage des Landrats erklärt Daniel Drachenberg, dass er in diesem Fall die 6 m Straßenbreite auf einer Länge von fast einem Kilometer nicht als verkehrssicher darstellen möchte. Er verweist, auch mit Blick auf den Klimaschutz, auf den Leitfaden ‚Kostenbewusstes Bauen‘ der heuer vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr erneuert wurde und mittlerweile ‚Umwelt- und ressourcenschonendes Planen und Bauen‘ heiße. Dort seien auch die möglichen und nicht möglichen Querschnitte beleuchtet. Bei der Entwurfsklasse 3 (EKL 3) sei nach wie vor in den Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL) aus dem Jahr 2012 der Querschnitt von 8 m und einer Reduzierung der Fahrstreifenbreite in Ausnahmefällen enthalten. Eine Reduzierung der Fahrbahnbreite (EKL 3 reduziert) auf 6,5 m sei bei einem DTV-Wert (durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke) von < 4000 Kfz/24 vertretbar. Auf der Straße EBE 9 Schaurach – Jakobneuharting liege die DTV aber bei 4.000 Kfz/24 h plus. Daher sei seines Erachtens die 6,50 m Straßenbreite schon das Minimum. Eine weitere Reduzierung der Fahrbahnbreite auf 6,0 m (EKL 4) wird in den o.g. Richtlinien/Leitfaden erst ab einem DTV-Wert von < 2000 Kfz/24 h als möglich dargestellt. Er verweist auf Art. 9 Abs. 2 BayStrWG in dem es u.a. um die Abwägung zwischen einem sparsamen Flächenverbrauch und der Verkehrssicherheit gehe, denn Verkehrssicherheit sei ein hohes Gut, so Daniel Drachenberg abschließend, vor allem, wenn es bei der Wahl der Fahrbahnbreite um mehr Sicherheit bei einem Begegnungsverkehr von LKW/LKW und LKW/PKW gehe.

Der Landrat merkt an, dass der Landkreis bei den Grundstücksverhandlungen auch die Unterstützung der Gemeinde Frauenneuharting benötige.  

Der Beschlussvorschlag der Sitzungsvorlage wird durch den vom Landrat neu formulierten ersetzt: „Die Verwaltung wird beauftragt, die Grundstücksverhandlungen noch einmal zu intensivieren und das Ergebnis dem ULV-Ausschuss in der Juli Sitzung 2022 im Rahmen der Beratungen zum Radwege- und Straßenbauprogramm vorzustellen. Die Gemeinde Frauenneuharting wird gebeten, den Landkreis dabei zu unterstützen.“ 

Der Landrat stellt den neuen Beschlussvorschlag zur Abstimmung.


Der ULV-Ausschuss fasst folgenden Beschluss:

1.   Die Verwaltung wird beauftragt, die Grundstücksverhandlungen noch einmal zu intensivieren und das Ergebnis dem ULV-Ausschuss in der Juli Sitzung 2022 im Rahmen der Beratungen zum Radwege- und Straßenbauprogramm vorzustellen.

2.   Die Gemeinde Frauenneuharting wird gebeten, den Landkreis dabei zu unterstützen.