Beschluss: einstimmig angenommen

Abstimmung: Ja: 14, Nein: 0, Anwesend: 14

Vorberatung        

SFB-Ausschuss am 02.02.2022, TOP 5 Ö

Sachvortragende(r):

Susanne Podchul, Geschäftsbereichsleitung der Diakonie Rosenheim

Susanne Podchul, Geschäftsbereichsleitung der Diakonie Rosenheim, hält einen Sachvortrag über die Problematik der Wohnungslosigkeit sowie über die Widrigkeiten verbunden mit der Corona-Pandemie. Im Jahr 2021 habe der Landkreis insgesamt 203 Fälle verzeichnet, überwiegend betroffen seien die Städte Ebersberg und Grafing, die Märkte Kirchseeon und Markt Schwaben und die Gemeinde Poing. Die zentrale Notunterkunft für den Landkreis in der Eberhardstraße in Ebersberg habe aufgrund der zeitlichen Befristung des Mietverhältnisses leider nicht fortgeführt werden können. Es gebe jedoch die Möglichkeit der Beantragung einer Förderung für ein Modellprojekt zur Betreuung und Beratung von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Personen beim Freistaat Bayern (Anlage 2 zum Protokoll). Dabei übernehme der Freistaat Bayern einen gewissen Anteil der Personal- und Sachkosten mit dem Ziel, dass sich derartige Projekte verstetigen.

KRin Ottilie Eberl erkundigt sich nach der Anzahl wohnungsloser Personen mit Kindern deren Unterbringung besonders wichtig sei, sich jedoch leider teilweise schwierig gestalte. Wünschenswert seien hier zwei Wohnungen im Landkreis zur kurzfristigen Unterbringung von Familien.

Die 203 verzeichneten Fälle würden sich wie folgt untergliedern: 28 Familien, 23 Alleinerziehende, 23 Paare sowie 129 Einzelpersonen, so Susanne Podchul. Dabei ergebe sich allerdings eine gewisse Dunkelziffer, da einige Betroffenen bei Verwandten unterkämen und sich in derartigen Fällen nicht bei der Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit melden würden.

KRin Marina Matjanovski bittet um Informationen über die Anzahl minderjähriger Wohnungsloser, den Umgang mit sog. Fehlbelegern sowie die Möglichkeit zur Covid-Testung für die Betroffenen.

Aufgrund der zunächst generellen Zuständigkeit des Jugendamtes könne sie die Anzahl minderjähriger Wohnungsloser leider nicht benennen, werde die Altersstruktur jedoch gerne nachreichen[1], erläutert Susanne Podchul. Die Betreuung von Fehlbelegern erfolge durch die Flüchtlings- oder Integrationsberatung, derartige Fälle seien im Bereich der Obdachlosenunterkunft selten. Leider ergebe sich durch den neuen Flüchtlingsstrom künftig eine verstärkte Unterbringungsproblematik, die gelöst werden müsse. Es bestehe jederzeit die Möglichkeit eines kostenlosen Covid-Tests für Wohnungslose in den Apotheken bzw. Testzentren zu erhalten, ein Negativfall sei ihr nicht bekannt.

Es bestehe der Bedarf und das Interesse erneut ein Projekt wie in der Eberhardstraße ins Leben zu rufen, erklärt KR Reinhard Oellerer. Dahingehend informiert er sich inwieweit derzeit eine Förderung über Europrogramme bestehe bzw. welchen Zuschussbedarf die Diakonie ohne eine EU-Förderung hätte. Auch erkundigt er sich nach der Möglichkeit der Unterstützung von bereits bestehenden Projekten im Rahmen des Bayernprogramms durch den Freistaat.

Susanne Podchul erläutert, dass ihr aktuell kein europäisches Förderprogramm bekannt sei, zumal dieses aufgrund des enormen Verwaltungsaufwands ohnehin nicht die bevorzugte Lösung aus Sicht der Diakonie sei. Grundsätzlich bestehe großes Interesse an derartigen Projekten, da die Problematik der Obdachlosigkeit langfristig weiterbestehen und sich in den kommenden Jahren zudem verstärken werde. Dafür seien ein Sozialpädagoge sowie ein Sozialarbeiter mit einem jährlichen Budget von 75.000 € pro Jahr (ohne Ballungsraumzulage) zu veranschlagen und zudem werde ein Haus bzw. eine Wohnung benötigt. Wichtig sei, dass diese Projekte für die Kommunen bezahlbar sind. Ein Teil der Miete würde zwar über das Jobcenter finanziert werden, jedoch sei zudem mit einem hohen Nebenkostenanteil (Strom, Heizkosten) zu rechnen. Hinsichtlich einer staatlichen Förderung im Rahmen des Bayernprogramms müsse eine Konzeption eingereicht werden, informiert Susanne Podchul weiter.

Bei der Betreuung und Beratung von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Personen sei der Landkreis im Zuge seiner freiwilligen Aufgaben sehr aktiv, erklärt der Landrat. Dies sei auch regelmäßig Teil der Besprechung mit den Bürgermeistern. Man müsse die Gemeinden motivieren sich zu engagieren. Der Landkreis könne hierbei unterstützen und koordinieren, die Finanzierung erfolge jedoch über die Gemeinden.

Hinsichtlich des Beschlussvorschlags bittet KR Reinhard Oellerer den Satz „Die Ziffer 2 des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 26.09.2020 ist somit erledigt.“ zu streichen.

Der Landrat stimmt zu und stellt den geänderten Beschlussvorschlag zur Abstimmung.



[1] Grundsätzlich richtet sich das Angebot der Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit an erwachsene Menschen. Neben alleinstehenden Menschen wenden sich selbstverständlich auch Paare, Familien und Alleinerziehende an die Fachstelle.

 

Die Statistik für das Jahr 2021 weist folgende Fallzahlen auf: Es wurden 23 Alleinerziehende und 28 Familien beraten haben. Geht man von einem Durchschnitt von 1,75 Kindern pro Familie aus und bei Alleinerziehenden von 1,2 waren insgesamt circa 76 minderjährigen Kinder von Obdachlosigkeit bedroht.

 

Für das Jahr 2020 wurden seitens der Fachstelle die betroffenen Kinder erfasst, hier waren es 75 minderjährige Kinder die von Obdachlosigkeit bedroht waren.


Der SFB-Ausschuss fasst folgenden Beschluss:

Die Vorstellung der Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit sowie der Situationsbericht werden zur Kenntnis genommen.