Vorberatung        

Kreistag am 27.01.2020, TOP Ö5

ULV am 06.07.2022, TOP Ö14 und Ö15

Sachvortragende(r):

Friederike Paster, Leiterin Abteilung 4, Bau und Umwelt

Friederike Paster informiert im Rahmen einer ausführlichen Präsentation (Anlage 13 zum Protokoll) über die Auswirkungen der aktuellen Gesetzgebung bezüglich der Windenergieanlagen im Ebersberger Forst und zur Abstandsregelung (10 H). 

Mit der Strategischen Umweltprüfung (SUP) wäre die Wirkung durch Windenergieanlagen im Landschaftsschutzgebiet ‚Ebersberger Forst‘ auf die Schutzgüter Wasser, Boden, Mensch, Tiere etc. nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) angeschaut worden, so Friederike Paster, was aber aufgrund der Gesetzesänderungen jetzt obsolet sei. In Einzelverfahren würden die Schutzgüter aber betrachtet werden, so Friederike Paster, wenn auch unter einem anderen Blickwinkel. 

Sie stellt den vom Kreis- und Strategieausschuss mehrheitlich beschlossenen Vorratsbeschluss vor:

Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

a)   

1.   Mit Inkrafttreten der Neuregelung in § 26 Abs. 3 BNatSchG-E sind Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten nicht mehr verboten. Die vom Kreistag angestoßene Änderung des Landschaftsschutzgebiets Ebersberger Forst ist dann zur Verwirklichung von Windenergieanlagen nicht mehr erforderlich.

2.   Die Verwaltung wird beauftragt, bei Verkündung einer entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung das Verfahren zur Änderung des Landschaftsschutzgebiets Ebersberger Forst abzubrechen.

b)   

1.   Der Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 12.06.2022 wird abgelehnt.

2.   Der Kreistag hält daran fest, dass – auch wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen dies zulassen – die in Ziffer 12 des Grundsatzbeschlusses vom 27.01.2020 genannten Bereiche von Windenergieanlagen freigehalten werden sollen.

3.   Die Verwaltung wird beauftragt, durch vertragliche Vereinbarung auf die Einhaltung der Kriterien auf dem Gebiet des Freistaats Bayern im LSG Ebersberger Forst hinzuwirken.

4.   Eine Ausnahme gilt hierbei für den Bereich des 15-km-Radius des Wetterradars Isen, den der Kreistag nicht weiter als freizuhaltenden Bereich ansieht.

KR Toni Ried befürchtet, dass durch den Wegfall der Strategischen Umweltprüfung (SUP) die Umsetzung der fünf Windenergieanlagen (WEA) im Ebersberger Forst und damit dessen Zerstörung schneller vorangehe. Der Ebersberger Forst sei ein Klimaschützer und einer der größten Trinkwasserspeicher der Region. Seines Erachtens werde zu leichtfertig Wald für Windenergieanlagen abgeholzt und vergleicht dies mit der Abholzung im Amazonas. Er appelliert, aufgrund der genannten wichtigen Aspekte den Ebersberger Forst in seiner Gänze zu erhalten.

KR Manfred Schmidt zitiert den Bundesminister Cem Özdemir, der den Wald als den besten Klimaschützer bezeichnet habe und merkt an, dass der Bundeslandwirtschaftsminister mit dieser klaren Auffassung als Schutzpatron für den Ebersberger Forst durchgehen könnte. Seine Fraktion (AfD) pflichte ihm auf diesem Gebiet bei, so KR Schmidt und regt an, dass, aufgrund des deutlichen Bekenntnisses des Bundeslandwirtschaftsministers zum Wald, die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ihre bisherige Haltung gegenüber Windkraftanlagen im Ebersberger Forst überprüfen möge. Er verliest § 2 a) der Landschaftsschutzgebietsverordnung von 1984 in der es u.a. heißt: ‚Der Zweck des Landschaftsschutzgebietes Ebersberger Forst ist, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts durch die Erhaltung dieses geschlossenen Waldgebietes zu sichern.‘ Und zu § 3 u.a.: ‚In dem in § 1 bezeichneten Schutzgebiet ist es verboten, Veränderungen vorzunehmen, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen, insbesondere die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu vermindern, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder das Landschaftsbild zu verunstalten oder die diese Folgen mit Sicherheit erwarten lassen.‘ Er verweist in seinem Redebeitrag auf die durch die gesetzliche Neuregelung ermöglichten Errichtungschancen für Windkraftanlagen an bereits vorbelasteten Standorten, so dass auf den Ebersberger Forst seines Erachtens nicht zurückgegriffen werden müsse. Die Schutzmöglichkeiten sollten keinesfalls verkürzt werden, so KR Manfred Schmidt weiter, daher spreche er sich im Namen seiner Fraktion für eine Fortsetzung für das in Rede stehende Verfahren aus.  

KRin und Antragstellerin Waltraud Gruber erklärt, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingen für den Ausbau der Windenergie geändert haben. Sollte der Kreistag an seinem am 27.01.2020 gefassten Grundsatzbeschluss und damit an der 10-H-Abstandsflächenregelung festhalten, können keine fünf Windenergieanlagen nach neuestem technischen Stand im Ebersberger Forst errichtet werden. Die neue Bundesregierung habe aber beschlossen, den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen und dafür die Rahmenbedingungen deutlich verbessert. Mit seinen breiten Wegen und dem großen Holzlager sei der Ebersberger Forst ein Wirtschaftswald, so KRin Gruber, dem das Holz zur Nutzung entnommen werde und sei somit kein Urwald. Die Bevölkerung habe sich mehrheitlich für die fünf Windkraftanlagen im Forst ausgesprochen. Die Forderung der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen laute daher, so KRin Gruber: Der Kreistag hält sich an die gesetzlichen Rahmenbedingungen.

KRin Bianka Poschenrieder verliest folgenden Eilantrag der SPD-Kreistagsfraktion zu Windkraftanlagen im Ebersberger Forst:

‚Laut den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen des Bundes wird die strategische Umweltprüfung SUP jetzt abgebrochen.

˗       Folgerichtig beantragen wir umgehend die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) zu starten, um keine weiteren Verzögerungen beim Bau der WKA im Ebersberger Forst zu riskieren.

˗       Der Landkreis soll schnellmöglich die weitere Zusammenarbeit mit GC AG oder gegebenenfalls einem Nachfolgeunternehmen klären.

˗       Außerdem muss der Landkreis Ebersberg klären, ob ein gegebenenfalls vorläufiger Flächensicherungsvertrag auch zwischen Bayerischen Staatsforsten und dem Landkreis abgeschlossen werden kann, mit der Maßgabe die Flächen dem auszuführenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen, sobald dieses feststeht.

˗       Und letztlich müssen die Prüfungsergebnisse der Energieagentur Landkreis Ebersberg/München hinsichtlich der Tiefflugkorridore und militärischen Bauschutzbereiche der US-Streitkräfte und der Bundeswehr bekannt gemacht werden.

Begründung für den Eilantrag:

Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat versprochen: „Erneuerbare Energien müssen Vorfahrt haben“.

Doch es geht zu langsam, zu verzagt und zu verkopft. Dabei drängt die Zeit. Die letzten Kernkraftwerke gehen Ende des Jahres vom Netz, der Kohleausstieg soll am besten 2030 gelingen und Bayern gar bis 2040 klimaneutral sein. Und wir kommen einfach nicht mit den Windrädern im Forst voran. Das muss sich endlich ändern!‘

KR Dr. Wilfried Seidelmann regt an, den Punkt 3 wie folgt zu ergänzen: Die Verwaltung wird beauftragt, auf die Kriterien des Schutzgebiets Ebersberger Forst hinzuwirken. Vor allem solle das Grundwasser geprüft werden, so KR Dr. Seidelmann. Ansonsten halte er die WEA für notwendig, aber unter den Kriterien des Landschaftsschutzgebiets.

KR Reinhard Oellerer merkt an, dass die Beeinträchtigung der Bevölkerung durch WEA (lästig, Optik, einige Vögel) im Vergleich zu dem, was passiert, wenn keine WEA gebaut würden (Hitzetote/Flutkatastrophen Stichwort: Ahrtal), gering sei.

Der Kreistag vom 27.01.2020 habe durch Beschluss die Wasserschutzzonen herausgenommen, so KR Martin Lechner, damit in diesen Bereichen kein WEA gebaut würden. Seines Erachtens bleibe der Ebersberger Forst trotz der fünf WEA in seiner Geschlossenheit erhalten. An die Kritiker gewandt erklärt er, dass er noch keinen einzigen Gegenvorschlag zu den WEA im Forst gehört und auch keine Vorschläge zu alternativen Standorten gehört habe. Er erklärt, dass die CSU-FDP-Kreistagsfraktion bei der versprochenen 10-H-Abstandsregelung für die fünf WEA im Ebersberger Forst bleibe, denn dies sei seines Erachtens ein Teil der Glaubwürdigkeit gegenüber der Bevölkerung.

KR Ulrich Proske merkt bezüglich der kritischen Einwendungen gegenüber WEA im Ebersberger Forst an, dass Waldbrände durch den Klimawandel oder durch Menschen verursacht würden, selten durch Windenergieanlagen. Eine Quelle im Ebersberger Forst werde nicht versiegen, so KR Proske, weil es dort keine gäbe. Die Versorger beziehen Trinkwasser aus dem unterirdischen Grundwasserleiter (Münchner Schotterebene). Nach aktuellem Planungsstand stehe kein Windrad in einem Zustrom von den Wasserversorgern, so KR Ulrich Proske weiter. Die Grundwasserüberdeckung betrage zwischen 7 – 10 m und nicht 1,50 m wie behauptet wurde. Der Grundwasserschutz habe in Bayern den höchsten Status, so KR Ulrich Proske, daher würden die Anforderungen und gesetzlichen Auflagen immer mehr werden, so dass das Thema Grundwasserschutz immer eine Einzelbetrachtung benötigen werde. Einen sinkenden Grundwasserpegel stellen wir fest, so KR Ulrich Proske abschließend, Grund dafür sei aber der Klimawandel.

KRin Prof. Dr. Angelika Niebler bewertet die nochmalige Diskussion aufgrund der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen positiv. Der Ratsentscheid sei demokratisch mehrheitlich für die fünf WEA im Ebersberger Forst ausgegangen. Es gebe eine umweltschutzrechtliche Prüfung, so KRin Prof. Dr. Angelika Niebler, deren Ergebnisse sowie die der bereits stattgefundenen Prüfungen transparent gemacht werden müssten.

Frank Burkhardt, Leiter SG 45 (Naturschutz und Landschaftspflege) erklärt zum Eilantrag der SPD-Fraktion, die saP sofort zu starten, dass die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung der Projektträger durchzuführen habe, wobei die Standortentscheidung, die es aber noch nicht gebe, Voraussetzung sei. Erst wenn diese vorliege, könne eine Standortprüfung durchgeführt werden. Nach dem bisherigen Zeitplan sei vorgesehen gewesen, dass der Projektträger Ende diesen Jahres diese Standortentscheidung trifft, wenn der Kreistag über den Entwurf zur Änderung der Verordnung entschieden habe und danach eine Zone geöffnet werden sollte, in die fünf WEA reinpassen. Für den Projektträger wäre diese Entscheidung zu diesem Zeitpunkt noch mit dem Risiko behaftet, dass noch Änderungen am Zuschnitt der Zonen erfolgen hätten können. Das Genehmigungsverfahren sei ein komplexes Verfahren, so Frank Burkhardt, das bei der Fachstelle Immissionsschutz angesiedelt sei. Die Flugsicherheit sei ein Prüfpunkt dabei. Ein weiterer Prüfpunkt im immissionsschutzrechtlichen Verfahren war bislang die LSG-VO, daher musste der Kreistag darüber entscheiden, dass die Verordnung geändert werden könne. Allerdings habe der Bundesgesetzgeber die Entscheidung des Kreistages überholt. Nachdem WEA in Landschaftsschutzgebieten nicht mehr verboten seien, so Frank Burkhardt, sei die Konsequenz der Abbruch des Verfahrens - die SUP nutze daher nichts.

Friederike Paster zählt die Schutzgüter des § 2 UVPG auf (Menschen, insb. Gesundheit, Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, kulturelles Erbe und die Wechselwirkung dazwischen). Alle Untersuchungen seien von Seiten der Verwaltung veröffentlich worden, soweit dort bekannt. Die Prüfungsergebnisse der Energieagentur zum Flugverkehr seien ihr nicht bekannt.

Auf die Nachfrage von KR Alexander Müller erklärt Friederike Paster, dass es ohne Zonierung schneller gehen könnte.

Der Landrat informiert, dass der Landkreis das Verfahren nicht weiter betreiben könne, weil er keinen Partner habe. Er sei mit den Bayerischen Staatsforsten in Kontakt, es gebe aber auf Seiten des Projektträgers momentan niemanden mit dem der Landkreis verhandeln könnte. Sollte der bestehende Standortsicherungsvertrag nicht verlängert werden, komme es zu einem Bieterverfahren. Der Eilantrag der SPD-Kreistagsfraktion bringe momentan nichts.

An die Kritiker gewandt erklärt der Landrat, dass der Landkreis nach neuem Bundesrecht faktisch nicht mehr mitreden könne, weil Bundesrecht Landesrecht breche. Der einzige Hebel den der Landkreis habe, sei aufgrund des Bürgerentscheids der entstandene Vertrag über die fünf WEA im Ebersberger Forst mit den Bayerischen Staatsforsten, als Eigentümer. Der Eigentümer könnte dort aber auch 50 WEA aufstellen, so der Landrat abschließend.

KR Josef Oswald stellt den Geschäftsordnungsantrag ‚Ende der Debatte‘.

Der Landrat stellt den Geschäftsordnungsantrag zur Abstimmung.

Der Kreistag fasst folgenden Beschluss:

Entscheidung über den Geschäftsordnungsantrag von KR Josef Oswald:

Ende der Debatte.

&

angenommen

Ja 30   Nein 25  Anwesend  55

 

KR und SPD-Fraktionssprecher Albert Hingerl bittet um eine Sitzungsunterbrechung, um mit seiner Fraktion über den Eilantrag kurz beraten zu können.

Der Landrat unterbricht die Sitzung von 17:40 Uhr bis 17:45 Uhr

Der Landrat verkündet, dass die SPD-Kreistagsfraktion ihren Eilantrag für heute zurückzieht. KR Albert Hingerl fügt ergänzend hinzu, dass die SPD-Kreistagsfraktion ihren Antrag zu gegebener Zeit erneut und vorab den Fraktionssprechern zur Verfügung stellen werde.

Der Landrat stellt den Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen neben weiteren Punkte des Beschlussvorschlages einzeln zur Abstimmung.


Der Kreistag fasst folgende Beschlüsse:

a)     

  1. Mit Inkrafttreten der Neuregelung in § 26 Abs. 3 BNatSchG-E sind Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten nicht mehr verboten. Die vom Kreistag angestoßene Änderung des Landschaftsschutzgebiets Ebersberger Forst ist dann zur Verwirklichung von Windenergieanlagen nicht mehr erforderlich.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, bei Verkündung einer entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung das Verfahren zur Änderung des Landschaftsschutzgebiets Ebersberger Forst abzubrechen.

&

angenommen

Ja 51   Nein 4   Anwesend 55 

Die Abstimmung erfolgte mit Einverständnis des Gremiums mit einem elektronischen Abstimmungssystem.

b)     

  1. Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 12.06.2022.

&

abgelehnt

Ja 16   Nein 39   Anwesend 55 

Die Abstimmung erfolgte mit Einverständnis des Gremiums mit einem elektronischen Abstimmungssystem.

2.    Der Kreistag hält daran fest, dass – auch wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen dies zulassen – die in Ziffer 12 des Grundsatzbeschlusses vom 27.01.2020 genannten Bereiche von Windenergieanlagen freigehalten werden sollen.

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, durch vertragliche Vereinbarung auf die Einhaltung der Kriterien auf dem Gebiet des Freistaats Bayern im LSG Ebersberger Forst hinzuwirken.

&

angenommen

Ja 38   Nein 16   Anwesend 54 

Die Abstimmung erfolgte mit Einverständnis des Gremiums mit einem elektronischen Abstimmungssystem.

4.    Eine Ausnahme gilt hierbei für den Bereich des 15-km-Radius des Wetterradars Isen, den der Kreistag nicht weiter als freizuhaltenden Bereich ansieht.

&

angenommen

Ja 51   Nein 3   Anwesend 54 

Die Abstimmung erfolgte mit Einverständnis des Gremiums mit einem elektronischen Abstimmungssystem.