Beschluss: einstimmig angenommen

Abstimmung: Ja: 14, Nein: 0, Anwesend: 14

Vorberatung        

SFB-Ausschuss am 23.03.2022, TOP 9a

Sachvortragende(r):

Thomas Kohns, Bundesgeschäftsstelle der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.

Der Landrat führt in das Thema ein. Die Gründung einer Fachakademie für Sozialpädagogik sei, wie auch die Berufsfachschule für Kinderpflege (vgl. TOP 11) seit langem im Rahmen des Masterplans Schulen vorgesehen gewesen. Geplant war dies in Grafing Bahnhof zu realisieren. Sodann habe sich die Möglichkeit ergeben beide Schultypen bereits im kommenden Schuljahr beginnen zu lassen, für die staatliche Fachakademie für Sozialpädagogik seien hierfür zunächst Räumlichkeiten auf Schloss Zinneberg vorgesehen gewesen. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung habe sich die dortige Planung jedoch nicht realisieren lassen. Zu Beginn des Jahres sei nun auf Initiative der Gemeinde Kirchseeon zusammen mit dem Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (Johanniter) und dem Berufsbildungswerk St. Zeno ein Konzept für eine private Fachakademie entstanden. Ebenso sei die dortige Unterbringung der Berufsfachschule für Kinderpflege geplant. Zur Finanzierung der zunächst privaten Fachakademie habe es Diskussionen auf gemeindlicher Ebene gegeben. Dabei sei es zu keiner einheitlichen Lösung in Hinblick auf die Defizitfinanzierung der ersten fünf Jahre gekommen, sodass der Landkreis diese nun übernehmen werde. Zwar habe dies Auswirkungen auf die Kreisumlage, die Gemeinden würde jedoch auch davon profitieren, da die in der Region ausgebildeten Fachkräfte in der Regel auch dortbleiben würden. Inwieweit bei Errichtung des Berufsschulzentrums Ebersberg in Grafing Bahnhof sodann Teile von St. Zeno umziehen würden, sei heute noch nicht zu entscheiden. Für den Landkreis sei der Einstieg in die Berufsschulstruktur immanent wichtig, um so einem bestehenden Mangel zu entgegnen. Nach der Defizitfinanzierung der ersten fünf Schuljahre durch den Landkreis übernehme der Freistaat Bayern die Finanzierung aufgrund der staatlichen Anerkennung der Fachakademie.

Thomas Kohns und Boris Cramer, Bundesgeschäftsstelle der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., halten einen Sachvortrag anhand einer Präsentation (Anlage 5 zum Protokoll).

KR Johannes von der Forst erkundigt sich nach den Gründen keine Schulgebühren zu erheben, wie dies üblicherweise in Privatschulen der Fall sei. Auch bittet er um Information weshalb die Gründung der Fachakademie in Zusammenarbeit mit den Johannitern erfolge, es gäbe sicherlich noch weitere mögliche Anbieter. Zudem erachte er eine Kostenteilung als notwendig.

Laut Landesgesetzgebung dürfe kein Schulgeld erhoben werden, zumal der Wettbewerbsmarkt dies auch nicht zulasse, so Thomas Kohns. Die geplante Defizitförderung durch den Landkreis i. H. v. 1,47 Mio.€ sei der Maximalwert, es werde jedoch die größtmögliche Anstrengung unternommen weniger Mittel zu benötigen. Die Johanniter seien bereit einen großen Anteil an Eigenleistung einzubringen (z. B. Fundraising), eine Festlegung eines derartigen Wertes und damit eine Kostenteilung entspreche jedoch nicht der Vereinsideologie. Die durch den Bund bereitgestellten Mittel seien zweckgebunden und bereits für den Katastrophenschutz eingeplant.

Brigitte Keller habe keine Information, inwieweit weiteren Anbietern die Gründung der Fachakademie angeboten werden müsse. Dies sei ein wichtiger Hinweis, mit dem EU-Beihilferecht müsse die Verwaltung sich noch auseinandersetzen.

KRin Susanne Markmiller befürwortet das Projekt. Die Unterstützung des Landkreises mit einer Defizitförderung von insgesamt bis zu 1,47 Mio.€ impliziere nicht zwangsläufig, dass ein Defizit unbedingt anfallen müsse. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen sei jedoch ein Defizitnachweis aufzuführen.

Thomas Kohns sichert eine Offenlegung aller Ein- und Ausgaben innerhalb der fünf Jahre Defizitförderung zu.

Die Verortung der Fachakademie in Kirchseeon sei, auch aufgrund der guten Anbindung, ein Glücksfall für den Landkreis, so der Landrat. Politisch sei die Gründung der Akademie dem Kreistag äußerst wichtig gewesen, erfreulich sei hier insbesondere die Möglichkeit der zeitgleichen Umsetzung beider Schultypen. Im Rahmen des Verfahrens habe es bis zum jetzigen Zeitpunkt keinen Hinweis seitens der Behörden auf die Notwendigkeit einer Ausschreibung dieses Projektes gegeben.

KR Ulrich Proske zeigt sich erfreut über die Gründung der Fachakademie. Die Notwendigkeit einer europaweiten Ausschreibung müsse geprüft werden. Daher sei er unsicher, inwieweit in der heutigen Sitzung ein Beschluss gefasst werden solle.

Der Beschlussvorschlag wird daraufhin durch Michael Ottl, wissenschaftlicher Rechtsberater und Leiter Büro Landrat, um die Nummer 3 ergänzt: Ziffer 1 und Ziffer 2 dieses Beschlusses stehen unter dem Vorbehalt einer EU-beihilferechtlichen sowie vergaberechtlichen Unbedenklichkeit, die von Seiten der Verwaltung geprüft wird.

KRin Ottilie Eberl erkundigt sich, inwieweit die Johanniter dem Landkreis ebenso bei der Suche eines Trägers für Kindergärten zur Verfügung stehen würden. Zudem merkt sie an, dass im Rahmen der OptiPrax-Ausbildung die Personalkosten im ersten Jahr durch die Gemeinden zu finanzieren seien.

Es bestehe ebenso Interesse an einer Trägerschaft, so Thomas Kohns. Die Personalkosten seien im ersten Jahr durch den Träger der Kindertagesstätte zu übernehmen, im zweiten und dritten Ausbildungsjahr erhalte er sodann über den Fachkräfteschlüssel eine Mitfinanzierung. Seiner Einschätzung nach werde es zukünftig jedoch Änderung bei diesem Finanzierungsmodell geben.

KR Manfred Schmidt befürwortet die Gründung der Fachakademie, äußert sich jedoch kritisch über die Höhe der Defizitförderung von insgesamt bis zu 1,47 Mio.€. Damit habe der Landkreis keinerlei Einfluss auf das Finanzgebaren der Johanniter. Er schlage einen zehnprozentigen Eigenanteil des Vereins am Defizit vor, denn dies würde einen Anreiz für wirtschaftliches und sparsames Handeln schaffen.

Thomas Kohns informiert, dass die Johanniter ohnehin einen gewissen Eigenanteil tragen würden (sog. „Eh-da-Kosten“). Im Falle einer, wie auch unter Punkt 2 des Beschlussvorschlags dargestellten, Vereinbarung würden die Johanniter sämtliche Ein- und Ausgabe offenlegen und es könne über die Notwendigkeit einzelner Investitionen diskutiert werden. Auch habe es im Vorfeld bereits Gespräche gegeben, in welcher Art und Weise die inhaltliche und strategische Beteiligung des Landkreises ausgestaltet werden könnte.

KR Martin Lechner befürwortet das Konzept der Johanniter als neue Möglichkeit der Personalbeschaffung. Derzeit gebe es im Landkreis lediglich einen Kindergarten mit dem Modell der Optiprax-Ausbildung und er erkundigt sich, inwieweit die hierfür notwendigen Praktika auch in anderen Kindergärten absolviert werden können. Sodann informiert er sich, inwieweit ein Modell, vergleichbar mit einem dualen Studium, denkbar sei. Dabei würde die Einrichtung die Auszubildenden vergüten und den anderen Teil des Geldes als Studiengebühren abführen. Damit würden ausschließlich die Gemeinden belastet werden, dessen Auszubildende tatsächlich die Fachakademie besuchen. Alternativ zur Defizitförderung, die letztendlich die Kommunen über die Kreisumlage finanzieren müssen, sei möglicherweise auch ein langfristiges zinsloses Darlehen denkbar.

Der Optiprax-Auszubildende suche sich selbstständig eine Kindertagesstätte und dies unabhängig von der Trägerschaft, so Thomas Kohns. Die schulische Ausbildung erfolge sodann über die Fachakademie der Johanniter. Ein zinsloses Darlehen sei nicht praktikabel. Im Jahr 2028 werde die Fachakademie ein Plus von etwa 20.000 € aufweisen, damit könne keine sinnvolle Darlehensrückzahlung erfolgen. Anders als in anderen Ausbildungsgängen (z. B. Notfallsanitäter) könne das Schulgeld nicht vom Betrieb erhoben werden, denn damit würde der Träger doppelt belastet werden.

Auch KR Reinhard Oellerer zeigt sich erfreut über die Möglichkeit der Gründung einer Fachakademie in Kirchseeon. Er erkundigt sich nach der aktuellen Anzahl derartiger Johanniter-Fachakademien im Bundesgebiet sowie die erforderliche Personalzahl für die Betreibung mit zunächst einer Klasse.

Derzeit würden zwei Fachakademien betrieben werden, so Thomas Kohns. Für die Betreibung der Schule sei eine Vollzeitkraft als Schulleitung sowie ein Dozent und eine administrative Kraft erforderlich. Grundsätzlich würde pro Klasse mit einer Vollzeitkraft geplant werden.

KR Johannes von der Forst sei es persönlich ein großes Anliegen das Projekt voranzubringen. In Anbetracht der äußerst angespannten Haushaltslage bitte er jedoch zu prüfen, inwieweit die Summe der Defizitförderung durch den Landkreis reduziert werden könnte.

Das Anliegen einer finanziellen Entlastung des Landkreises könne er gerne im Rahmen interner Gespräche anbringen, angesichts der ebenso belasteten Finanzlage der Johanniter werde voraussichtlich keine Kostenreduzierung möglich sein. Im Falle eines positiven Beschlusses in der heutigen Sitzung werde man jedoch über Fundraising zweckgebundene Spenden akquirieren, die uneingeschränkt der Finanzierung der Akademie dienen würden.

Der Landrat ergänzt den Beschlussvorschlag um die Möglichkeit der Kostenreduzierung über Fundraising. Sodann stellt er diesen zur Abstimmung.


Der SFB-Ausschuss fasst folgenden Beschluss:

Dem KSA wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

1.   Der Landkreis unterstützt die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. bei Gründung einer Fachakademie für Sozialpädagogik in den ersten 5 Schuljahren mit einer Defizitförderung von insgesamt bis zu maximal 1,47 Mio. EUR.

2.   Die Verwaltung wird beauftragt eine Vereinbarung mit der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. zu schließen, die u.a. festlegt, dass dauerhaft kein Schüler aus dem Landkreis Ebersberg an der Fachakademie für Sozialpädagogik abgelehnt werden darf.

3.   Ziffer 1 und Ziffer 2 dieses Beschlusses stehen unter dem Vorbehalt einer EU-beihilferechtlichen sowie vergaberechtlichen Unbedenklichkeit, die von Seiten der Verwaltung geprüft wird.

4.   Die Verwaltung und die Johanniter werden beauftragt, die maximale Defizitförderung nach Ziffer 1 dieses Beschlusses auch über Fundraising – nach Möglichkeit – zu reduzieren.