Bernhard Winter, Sprecher der Initiative „Bündnis für den Wald“, regt an das Jahresende zum Anlass zu nehmen inne zu halten und ursprünglich getroffene Entscheidungen zu prüfen. Durch die Insolvenz und das damit einhergehende Vertragsende mit der Green City AG müsse ein Schnitt mit der Vergangenheit gemacht werden. Zudem hätten sich die Abstandsregeln geändert und die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber der Windkraft hätte zugenommen. Die Bayerische Staatsregierung habe die Möglichkeit der Errichtung von Windenergieanlagen an Autobahnen und Bahngleisen geschaffen. Es gäbe eine Vielzahl an Errichtungsmöglichkeiten, es bedürfe keiner Nutzung des Ebersberger Waldes hierfür. Der Wald sei ein Generationenprojekt über viele hundert Jahre und müsse, als bester Klimaschützer des Landkreises, erhalten werden. Abschließend appelliert er an das Gremium zum Schutz des Waldes Abstand von dem Vorhaben zu nehmen.

Dr. med. Katharina Taffertshofer, Psychiaterin aus Ebersberg, richtet sich mit folgenden Fragen an den Landrat:

1.    Wie können Sie das Vorhaben der Errichtung der fünf Windenergieanlagen im Ebersberger Forst mit Art. 141 Abs. 1 BV vereinbaren?

Antwort:

Bei Art. 141 BV handelt es sich um sogenannte Staatszielbestimmungen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, dem Tier- und Denkmalschutz. Adressat ist hierbei die gesamte staatliche Gemeinschaft. Im Rahmen des staatlichen Handelns besteht die Verpflichtung, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu bewahren. Ein schonender Umgang mit Boden, Wasser, Luft, der gesamten Natur, bestehend aus Flora und Fauna, sowie dem Klima, sind damit Leitlinien des staatlichen Handelns. Der Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung ist jedoch mit Blick auf die Herausforderungen des Klimawandels zwingend erforderlich. Er wurde sogar in die Ziele des Naturschutzes (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 BNatSchG) mit aufgenommen, denn der Klimawandel gefährdet auch die Natur und dabei insbesondere auch den Wald (siehe auch Art. 1 des Bayerischen Klimaschutzgesetzes (BayKlimaG)). Gleichzeitig stellt jede Anlage zur Energiegewinnung einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Im Falle der Errichtung von fünf Windenergieanlagen im Landschaftsschutzgebiet Ebersberger Forst wird der Widerstreit bei der Erreichung all der genannten Ziele besonders deutlich. In der Abwägung der Ziele untereinander ist die Errichtung von fünf WEA nach fester Überzeugung des Kreistages im Ebersberger Forst vertretbar. Festzuhalten ist auch, dass der Bundesgesetzgeber durch Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes die Landschaftsschutzgebiete für die Errichtung von Windenergieanlagen geöffnet hat und damit auf deutlich höherer Ebene eine Abwägung zwischen den Notwendigkeiten zum Schutz des Klimas und von Natur und Landschaft getroffen hat. Ebenso hat der Bayerische Gesetzgeber durch die Aufweichungen der Beschränkungen der 10 H-Regelung für Standorte in Wäldern eine entsprechende Abwägung getroffen (s. Art. 82 Abs. 5 Nr. 6 BayBO).

2.    Waldschutz ist Klimaschutz. Jeglicher Eingriff gefährdet das Ökosystem, führt zur bedrohlichen Abnahme der Tiere und Pflanzen und bringt ökologisch schwere Probleme mit sich. Inwieweit berücksichtigen Sie die Erkenntnisse der Wissenschaft bei der Standortwahl der Windenergieanlagen? Und falls nein, weshalb nicht?


Antwort:

Wie in der Kreistagssitzung bereits ausgeführt, bleibt festzuhalten, dass der Landkreis nicht Projektträger ist und damit insbesondere nach der o.g. Gesetzesänderung nur bedingten Einfluss auf die konkrete Standortwahl hat. Die konkrete Standortwahl erfolgt durch den Projektträger im Zusammenwirken mit dem Grundeigentümer. Hierbei sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Die Vorgaben aus zahlreichen Rechtsgebieten (z.B. Baurecht, Immissionsschutz, Flugsicherheit und nicht zuletzt Natur- und Landschaftsschutz) spielen hierbei eine Rolle. Aus naturschutzfachlicher und -rechtlicher Sicht sind insbesondere die Regelung zum Schutz kollisionsgefährdeter Tierarten zu nennen. Die konkreten Standorte werden im Rahmen einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung auf ihre Geeignetheit hin untersucht. Die Eingriffe am Boden durch (temporäre) Rodungen und Errichtung von Fundamenten sind ohne Zweifel ausgleichbar und nicht geeignet, den Wald als solchen zu bedrohen. Sie können versichert sein, dass die fachlichen Erkenntnisse, wie in den Gesetzen zum Schutz von Natur und Landschaft vorgesehen, bei der Festlegung der Standorte berücksichtigt werden.

Der Landrat sichert die Beantwortung der gestellten Fragen zu (siehe oben). Auch sei es ihm ein Anliegen ein Statement zum Thema „Windenergieanlagen im Ebersberger Forst“ abzugeben. Der Einsatz für den Ebersberger Forst würde alle als Unterstützer des Klimaschutzes einigen. Jedoch habe sich hinsichtlich der Errichtung von Windenergieanlagen die Rechtslage geändert und der Landkreis selbst besitze hier keine Planungshoheit. Die Ausweisung von Vorranggebieten für die Errichtung erfolge durch den Regionalen Planungsverband München (RPV). Dieser müsse bayernweit zunächst 1,1 Prozent der Flächen und in einem zweiten Schritt 1,8 Prozent als Windenergiefläche kennzeichnen. Hiervon werde auch der Ebersberger Forst betroffen sein. Der Landkreis befinde sich in der glücklichen Position einen Vertrag mit den Bayerischen Staatsforsten abgeschlossen zu haben, welche die Errichtung von Windenergieanlagen im Ebersberger Forst auf maximal fünf begrenze. Die Bayerischen Staatsforsten hätten zudem einer Beibehaltung der 10H-Regelung zugestimmt, obgleich hierfür keinerlei gesetzliche Grundlage mehr bestehe. Würde dieser Vertrag nicht bestehen, könnte der Freistaat nach eigenem Belieben verfahren. Trotz der geänderten Rechtslage habe der Kreis damit einen Kompromiss gefunden und halte sich an die Vorgaben des Bürgerentscheids.