Beschluss: Mehrere Beschlüsse

Zunächst erfolgt die Abstimmung des Gremiums über die Aufnahme des Dringlichkeitsantrags der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 08.05.2023 als neuen Tagesordnungspunkt.

BESCHLUSS ENFÜGEN

Der Landrat führt in die Thematik ein. Der PPP-Vertrag sei, nach Ablauf der 10-Jahres-Frist und aufgrund der unzeitgemäßen Zinslagen von 4 Prozent, zu Beginn des Jahres 2019 gekündigt worden. Diese Entscheidung sei auf Empfehlung zweier beauftragter Rechtsanwaltskanzleien erfolgt, eine davon habe ein umfassendes Rechtsgutachten hierüber erstellt. Auch habe der häufige Wechsel der Vertragspartner und darüber hinaus eine zunächst zu prüfende Änderung der Bankverbindung dazu geführt, dass, seitens der Kanzleien, eine Empfehlung der Zahlungseinstellung ausgesprochen wurde, welcher der Landkreis gefolgt sei. Dies habe eine sofortige Information des Gremiums mit dieser Thematik zur Folge gehabt; zunächst am 08.10.2018 im Rahmen des Halbjahresberichts „Finanzleitlinie“ und sodann am 25.02.2019 sowohl im öffentlichen als auch nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Am 02.12.2019 sei eine erneute, nichtöffentliche Information des Gremiums vorgesehen gewesen, der Tagesordnungspunkt sei jedoch, aufgrund der weit vorangeschrittenen Sitzungszeit, vertagt worden. Eine Information sei ebenso am 01.04.2020 beabsichtigt gewesen, diese Sitzung sei jedoch pandemiebedingt abgesagt worden. Nichtsdestotrotz sei das Gremium regelmäßig über den aktuellen Sachstand informiert worden, teils auch aufgrund von Anfrage durch die Kreisräte. Im Rahmen der Kündigung habe die Verwaltung dem damaligen Vertragspartner eine vollständige Rückzahlung der Restraten in einer Summe angeboten, was jedoch, seitens der Gegenpartei, abgelehnt wurde. Diese habe sodann Klage eingereicht, woraufhin die Verwaltung, wiederum auf Empfehlung der Kanzleien, die Ratenzahlung ausgesetzt habe. Nach erstinstanzlicher Befassung habe das Gericht einen Vergleich angeboten, was durchaus als, für das Landratsamt, positive Erfolgsaussicht vor Gericht gewertet werden könne. Der Kläger habe den Vergleich abgelehnt und Brigitte Keller sodann die Wiederaufnahme der Ratenzahlung (ohne Zinsen) veranlasst. Dabei habe sie die Verwaltung mehrmals auf eine erforderliche Befassung des Gremiums hingewiesen. Die zweite Instanz sei sodann verloren worden und eine Revision letztendlich in dritter Instanz endgültig abgelehnt worden. Für den Landkreis seien Kosten i. H. v. rund 417.000 € entstanden (215.352 € Anwaltskosten inkl. gegnerischer Anwalt sowie 201.000 € Verzugszinsen). Die Möglichkeit der Anmeldung eines Versicherungsschadens sei ebenso überprüft worden. Das Landratsamt habe nun eine Sonderprüfung durch das Revisionsamt beauftragt, der Sachverhalt werde umfassend aufgearbeitet. Rückwirkend betrachtet wäre ein Beschluss über das weitere Verfahren durch das Gremium unstrittig geboten gewesen, die Verwaltung habe jedoch zu keinem Zeitpunkt ohne Expertise der Fachanwälte gehandelt. Er bitte jedoch, insbesondere die Ausnahmesituation der pandemischen Lage in die jetzige Bewertung des Gremiums einfließen zu lassen, nichtsdestotrotz seien Fehler einzuräumen. Eine Beauftragung des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands (BKPV), wie in dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag gefordert, sei nun durch das Gremium zu diskutieren. Fraglich sei, die Sinnhaftigkeit einer zeitgleichen Befassung beider Institutionen bzw. inwieweit eine stufenweise Befassung dieser bevorzugen zu sei. Persönlich befürworte er ebenso eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts. Sodann erteilt er dem Antragsteller das Wort.

KR Benedikt Mayer bedankt sich für die umfassende Einführung, positiv äußert er sich ebenso über das bereits eingeleitete Prüfungsverfahren durch die Verwaltung. Sodann geht er auf den seitens seiner Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellten Dringlichkeitsantrag vom 08.05.2023 ein. Diese habe sich bereits im November 2022 nach dem aktuellen Verfahrensstand zum PPP-Modell Gymnasium Kirchseeon erkundigt und einen entsprechenden Antrag zur Behandlung der Thematik, verbunden mit der Bitte um Anwesenheit einer auskunftsfähigen Person aus den betrauten Kanzleien, in der Sitzung am 27.02.2023 gestellt. Bedauerlicherweise sei dabei sodann lediglich Herr Lechleitner anwesend gewesen. Die Debatte in der genannten Sitzung sei sehr intensiv gewesen, dabei sei dem Gremium bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des Streitwerts nebst voraussichtlicher Zinsen unbekannt gewesen. Zur Aufklärung des Sachverhalts schlage die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Beauftragung des BKPV vor. Von einer internen Prüfung durch das örtliche Rechnungsprüfungsamt könne abgesehen werden.

Der Landrat erläutert, dass der Streitwert i. H. v. 1,4 Mio.€ dem Gremium zu jedem Zeitpunkt bekannt gewesen sei. Hierüber habe die Verwaltung erstmals in einer Sitzung im Jahr 2018 informiert.

KR Albert Hingerl informiert über die, seitens der Finanzverwaltung regelmäßig aufgeführte, Formulierung, wonach in der ersten Instanz erwartungsgemäß mit dem Misserfolg zu rechnen gewesen sei und erkundigt sich nach dessen Begründung. Auch bittet er um Information über mögliche Erstattungsansprüche gegenüber einer Versicherung. Grundsätzlich begrüße er den nun offen und ehrlich geführten Diskurs, neben der Verwaltung könne ebenso dem Gremium eine zu späte Behandlung angelastet werden. Misslich sei insbesondere, die reine Inkenntnissetzung durch die Verwaltung, eine rechtzeitige und angemessen Beteiligung des Gremiums sei bedauerlicherweise nicht erfolgt. Persönlich plädiere er für eine Beauftragung von lediglich einer Prüfinstanz und unterstütze entsprechend den Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Brigitte Keller führt aus, dass dieser Wortlaut regelmäßig in den Präsentationen der Finanzverwaltung zu finden gewesen sei. Diese sei jedoch im juristischen Verfahren nicht involviert gewesen. Die rechtliche Befassung sei ausschließlich durch den juristischen Mitarbeiter im Sachgebiet 13, Rainer Lechleitner, in Zusammenarbeit mit den beauftragten Anwaltskanzleien erfolgt. Persönlich sei ihr die Formulierung erst aufgefallen, als Rainer Lechleitner in der Sitzung am 27.02.2023 ausdrücklich darüber informierte, dass zu jedem Zeitpunkt von einem positiven Verfahrensausgang ausgegangen worden sei.

Die Ausdrucksweise sei unglücklich gewesen und dem Jargon unter Juristen geschuldet, so Michael Ottl. Insbesondere im Falle von ungeklärten Rechtsfragen mit dessen Behandlung in weiteren Instanzen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu rechnen sei, verwende der Jurist diese für den Laien missverständliche Formulierung.

Persönlich liege ihm der öffentliche Diskurs sowie eine transparente Aufklärung des Sachverhalts sehr am Herzen, so der Landrat. Die versicherungsrechtlichen Aspekte seien in der Vergangenheit bereits geprüft worden, würden jedoch nun, im Rahmen des Prüfverfahrens, wiederaufgenommen werden.

Die Erklärung der nichterfolgten Beschlussfassung durch das Gremium mit der Ausnahmesituation aufgrund der pandemischen Lage erachtet KR Manfred Schmidt als unzureichend, in dieser Zeit seien viele andere Beschlüsse gefasst worden. Insbesondere unter Berücksichtigung des Art. 23 Abs. 2 Satz 1 der bayerischen Landkreisordnung (LKrO), wonach der Kreistag die gesamte Kreisverwaltung überwacht, unterstütze die AfD-Fraktion den vorliegenden Dringlichkeitsantrag. Eine parallele Prüfung beider Prüfungsämter erachte er als nicht zweckmäßig, zumal dem örtlichen Prüfungsamt eine gewisse Befangenheit unterstellt werden könnte.

Der Landrat gibt zu bedenken, dass die ausschließliche Beauftragung des BKPV durch den Kreistag möglicherweise einen Eingriff in die Hoheit des örtlichen Rechnungsprüfungsausschusses bedeute. Dieser sei durch die Verwaltung bereits beauftragt worden.

Nach Ansicht von KR Alexander Müller ist dies zu verneinen, bei Beauftragung des BKPV würde das örtliche Prüfungsamt ohnehin involviert werden. Er befürworte eine Prüfung durch den BKPV, jedoch aus rein versicherungsrechtlichen Gründen und ohne jegliche Fokussierung auf die Schuldfrage. Persönlich habe er sich stets informiert gefühlt, fraglich sei ohnehin inwieweit eine ordnungsgemäße Befassung durch das Gremium zu einer Änderung der Sachlage geführt hätte. Der Schwerpunkt müsse nun in der höchstmöglichen Schadensbegrenzung liegen, nach Beurteilung der Sachlage durch den BKPV seien die nächsten Schritte zu planen.

KR Dr. Renate Glaser werde dem Antrag ebenso zustimmen. Die vorliegende Problematik assoziiere sie zudem mit der Frage der Auswahlkriterien für Beratungstätigkeiten bzw. Beauftragung von Kanzleien, welche den Landkreis adäquat unterstützen. Insbesondere erkundigt sie sich nach der bestmöglichen Beteiligung des Gremiums bei der jeweiligen Partnerauswahl.

Die Einhaltung von Fristen bestimme oftmals die Art und Weise der Beteiligung des Gremiums, so Brigitte Keller. In einigen Fällen müsse die Verwaltung schnell reagieren, finde zu diesem Zeitpunkt keine Sitzung statt, so sei eine aktive Einbindung nicht möglich. Im vorliegenden Fall habe eine Markterkundung durch den renommierten Finanzdienstleister MAGRAL AG und einer Anwaltskanzlei stattgefunden.

Nach Ansicht von KR Günter Scherzl bestehe grundsätzlich Konsens zwischen der Politik und der Verwaltung im Hinblick auf den Dringlichkeitsantrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und der damit verbundenen Thematik. Es sei nun daran die jeweiligen Gremien zu koordinieren. In der Vergangenheit seien Fehler gemacht worden, diese seien jedoch erkannt und transparent dargestellt worden. Wichtig sei nun, den finanziellen Schaden so gering wie möglich zu halten.

Der Landrat stellt den Dringlichkeitsantrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 08.05.2023 sodann zur Abstimmung.


Der Kreis- und Strategieausschuss fasst folgende Beschlüsse:

  1. Der Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 08.05.23 zum PPP-Kirchseeon; Rechtsstreit zum PPP-Vertrag wird als neuer Tagesordnungs-punkt in der heutigen Sitzung aufgenommen.

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einstimmig angenommen

Ja  13  Nein  0 Anwesend  13

  1. Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 08.05.23:

Die Vorgehensweise der Landkreisverwaltung im Vorfeld und im Zuge der Verfahren im Rechtsstreit um das PPP-Modell Gymnasium Kirchseeon soll dem Bayerischen kommunalen Prüfungsverband (BKPV) zur Prüfung und Beurteilung vorgelegt werden. Dabei soll auch die Einbeziehung der Kreisgremien geprüft und beurteilt werden. Das vollständige Prüfungsergebnis soll dem Kreis- und Strategieausschuss und dem Kreistag vorgelegt werden, jeweils in der Sitzung nach der Zustellung an das Landratsamt.

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einstimmig angenommen

Ja  11  Nein  0 Anwesend  11