Beschluss: einstimmig angenommen

Abstimmung: Ja: 15, Nein: 0, Anwesend: 15

Vorberatung        

ULV-Ausschuss am 14.06.2023

ULV-Ausschuss am 29.11.2023

Kreis- und Strategieausschuss am 04.12.2023

Kreistag am 18.12.2023

Sachvortragende(r):

Sebastian Hallmann, Sachbearbeiter SG 17, Mobilität und Wirtschaft

Der Landrat führt in das Thema ein. Der Landkreis Ebersberg sei in den Planungen zur Umsetzung des Brennernordzulaufs geografisch von zwei Planungsabschnitten betroffen (PA 0 und PA 1). Oberstes Ziel der Kernforderungen des Landkreises sei der Lärmschutz nach Neubaustandard für die betroffenen Gemeinden. In der heutigen Sitzung seien die Forderungen zu diskutieren und sodann eine Empfehlung an den Kreis- und Strategieausschuss sowie den Kreistag zur weiteren Beratung auszusprechen. Mit Bekanntgabe der Vorzugsvariante der Deutschen Bahn für den PA 1 im August 2022, hätte sich insbesondere die Gemeinde Aßling gegen die bevorzugte Variante „Limone“ ausgesprochen. Nun habe sich der Aßlinger Gemeinderat in seiner Sitzung am 21.11.2023, unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen, mit breiter Mehrheit für die Optimierung der Trasse „Limone“ (insbesondere durch höhere Tunnelanteile) ausgesprochen. Zudem solle der bestandsnahe Trassenbau, allerdings nicht anhand der vorgeschlagenen Trasse „Türkis“, geprüft werden. Offen sei der Beschluss des Stadtrates Grafing, sodass in der heutigen Sitzung keine finale Empfehlung zum PA 1 ausgesprochen werden könne. Dieser liege jedoch bis zur Sitzung des Kreistags am 18.12.2023 vor.

Sebastian Hallmann, Sachbearbeiter SG 17, hält einen Sachvortrag anhand einer Präsentation (Anlage 1 zum Protokoll) und beantwortet zufriedenstellend Verständnisfragen aus dem Gremium.

KR Niklas Fent informiert über den Gemeinderatsbeschluss der Gemeinde Aßling, wonach die Trasse „Türkis“ die Erwartungen nicht erfülle. Dies stehe im Widerspruch zu den Kernforderungen des Landkreises (vgl. Kernforderung 3: Bestandsnahe Neubaustrecke sowie maximale Tunnelanteile zum PA 1).

KRin Antonia Schüller zeigt sich ebenso erstaunt über die Aufnahme der Trasse „Türkis“ in die Kernforderungen des Landkreises, obgleich der Gemeinderat Aßling die Variante abgelehnt habe. Damit würden diese gegen den Beschluss einer hauptbetroffenen Gemeinde handeln.

Sebastian Hallmann erläutert, dass es sich bei den Kernforderungen des Landkreises derzeit um ein „Living Document“ handele, der aktuelle Bearbeitungsstand sei noch vor Beschlussfassung des Gemeindesrats in Aßling an das Gremium versandt worden. Zudem sei die Forderung einer nicht näher definierten bestandsnahen Trasse nicht möglich. Die Trasse „Türkis“ sei die derzeit genehmigungsfähige bestandsnahe Trasse, weshalb er diese in den Kernforderungen aufgenommen habe. Anhand dieser Grundlage könnten sodann Optimierungsvorschläge erfolgen. Der Landkreis sei bemüht in seinen Kernforderungen sämtliche Forderungen der betroffenen Gemeinden zu berücksichtigen und aufzunehmen, sodass der Landkreis in seiner Gesamtheit mit einer Stimme spreche.

Der Landrat informiert über die Modifizierung der Kernforderungen des Gemeinderats Aßling seit seiner Beschlussfassung im Jahr 2022, in welchen man sich noch für einen bestandsnahen Ausbau ausgesprochen habe. Ebenso hätte sich die Resolution des Kreistags unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen geändert. Die Forderungen der Gemeinde Aßling würden in der Gesamtabwägung eine immanent wichtige Rolle spielen, zudem sei auch das Votum der Stadt Grafing zu berücksichtigen. Die Deutsche Bahn habe sich auf die Trasse „Limone“ versteift, dem entgegenzuwirken sei ein schwieriges Unterfangen.

KRin Bianka Poschenrieder zeigt sich erfreut über die Aufnahme der Thematik „Umfahrung des Ballungsraums München“ in die Kernforderungen, obgleich diese nicht Hauptbestandteil der Forderungen für den Brennernordzulauf sei. Der Streckenausbau der bereits existierenden Strecke Rosenheim – Mühldorf (Ostkorridor) bedürfe einer Priorisierung im Bundesverkehrswegeplan, dies stelle für die Betroffenen eine wichtige Entlastung der Strecke München – Rosenheim – Salzburg dar. Sodann berichtet sie über die Aßlinger Bürgerversammlung am 08.08.2023 zum Brennernordzulauf, hier seien ebenso Vertreter der Deutschen Bahn zur Stellungnahme vor Ort gewesen. Es habe sich der Eindruck ergeben, dass die Bahn möglichst viele Tunnellösungen anstrebe, die dahingehenden Entwicklungen seien abzuwarten. Auch erkundigt sie sich nach der Beantwortung des Fragenkatalogs vom 11.06.2023 der Bürgerinitiative „Schützt Aßling und das Atteltal“ und bittet diese dem Gremium zur Verfügung zu stellen (Anlage 2 zum Protokoll). Ebenso bittet sie um baldmöglichste Übermittlung der Zugzahlen der Bedarfsplanung für den Prognosehorizont 2024 an das Gremium, welche nach Aussage der Projektverantwortlichen der Deutschen Bahn voraussichtlich Ende des Jahres 2023 vorliegen würden. Die dahingehende Ankündigung seitens der Bahn, bei fehlender Prognosezahlen zum Zeitpunkt der Planfeststellung würden Bemessungszahlen als Datengrundlage zu Rate gezogen werden, sei keinesfalls zu akzeptieren. Auch sei der Erschütterungsschutz in der tabellarischen Zusammenfassung der Kernforderungen zum PA 0 aufzunehmen.

KRin Franziska Hilger nimmt ebenfalls Bezug auf den Beschluss des Gemeinderats Aßling, wonach die Variante „Türkis“ nicht die Erwartungen am Bestand erfülle. Fraglich sei, ob die Formulierung zur Kernforderung 3 für den PA 1 bis zur finalen Befassung durch den Kreistag überarbeitet werden müsse. Persönlich erachte sie eine Entscheidung des Landkreises für die Trasse „Türkis“ und damit entgegen der Forderungen der Gemeinde Aßling als misslich.

Sebastian Hallmann erläutert, dass die Forderung des Landkreises grundsätzlich die Suche nach einer adäquaten Alternative beinhalte. Eine zu allgemeine Formulierung in den Kernforderungen sei allerdings schwierig, da die einzig bewertbare Trasse nahe am Bestand die Variante „Türkis“ sei. Diese diene damit als Grundlage für etwaige Änderungsvorschläge. Er selbst könne lediglich die Rahmenbedingungen beschreiben, um mit den vorgeschlagenen Formulierungen einen maximalen Erfolg zu erzielen. Letztendlich obliege die Entscheidung über die Inhalte der Kernforderungen selbstverständlich dem Gremium.

KR Martin Lechner erkundigt sich nach der Forderung der Bürgerinitiative „Brennernordzulauf Landkreis Ebersberg e. V.“ einer Einhausung des Bahnhofs in Aßling. Denkbar sei möglicherweise auch eine Untertunnelung des gesamten Bahnhofbereichs, da die Brennerbahn ohnehin ohne Halt durchfahren würde. Persönlich erachte er es als oberster Priorität, dass die Lebensqualität aller Bürger des Landkreises keinesfalls beeinträchtigt werde. Aus diesem Grund habe er auch einen Formulierungsvorschlag zum Schutz des Trinkwassers mit dem Vorschlag zur Aufnahme in die Kernforderungen erarbeitet.

Dieser Wunsch sei nicht in den Hauptkernforderungen des Landkreises berücksichtigt, so Sebastian Hallmann. Die Einhausung des Bahnhofs sei mit einem derart hohen finanziellen Aufwand verbunden und stelle, neben weitaus dringlicheren Forderungen (z. B. Lärmschutz, Untertunnelung, Erschütterungsschutz) lediglich ein „Nice-to-have“ für die Gemeinde Aßling dar. Eine vollständige Untertunnelung des Bereichs könne grundsätzlich gefordert werden, fraglich sei, ob eine derartige Umsetzung bauzeitlich und monetär realistisch sei.

KR Thomas von Sarnowski erläutert, dass zum jetzigen Verfahrenszeitpunkt lediglich die Möglichkeit bestehe gewisse Kernforderungen zu einer Vorzugstrasse zu stellen. Würde der Landkreis nun dem Trassenvorschlag „Türkis“ folgen, bestehe das Risiko der Modifizierung durch die Bahn in einer Art und Weise die der Landkreis möglicherweise ablehne. Eine erneute Einreichung von Kernforderungen bestehe sodann nicht mehr.

Sebastian Hallmann erläutert, dass die Deutsche Bahn ihre Planungen im Rahmen der parlamentarischen Befassung vorstellen werde. Laut deren Aussage könne dabei keinerlei Rücksicht auf politische Einflussnahmen genommen werden, vielmehr müsse die Trassenplanung und –führung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestehen können. Würde der Deutsche Bundestag die Vorzugstrasse der Bahn („Limone“) ablehnen, so würde voraussichtlich eine vollständige Neubewertung des Projektes erfolgen. Inwiefern man sich sodann auf die zweitplatzierte Trasse „Türkis“ fokussieren würde, sei unklar.

KRin Magdalena Föstl erkundigt sich nach dem Votum der Gemeinde Bruck, welche ebenso zu den betroffenen Gemeinden gehöre. Persönlich erachte sie deren Wünsche und Forderungen als ebenso wichtig.

Sebastian Hallmann berichtet, dass die Gemeinde Bruck nicht von der Trassenführung, sondern lediglich von der Baumaßnahme betroffen sei. Für die Realisierung des Bauvorhabens müsse die Gemeinde gewisse Flächen (Abstellflächen, Wegeaufbereitung) bereitstellen. Gerne könne er sich bei Josef Schwäbl, Bürgermeister der Gemeinde Bruck nach dessen Ansicht erkundigen.

Der Landrat erinnert an die Inhalte der gemeinsamen Resolution des Kreistags Ebersberg zum Ausbau des Brenner-Nordzulaufs (vgl. Kreistag am 16.05.2022, TOP 21 ö), welche er sodann in Ausschnitten verliest:
„Anzustreben ist eine Trasse, die den kleinsten Eingriff in unsere Landschaft, den Erhalt unserer Siedlungsstruktur und somit maximale Schonung von Mensch und Natur als Ziel hat und dabei alle Möglichkeiten untersucht. … Die Kernforderungen der Betroffenen vor Ort müssen im Rahmen der parlamentarischen Befassung durch den Bundestag behandelt werden. Das gilt sowohl für die Neubaustrecke von Ostermünchen bis Grafing-Bahnhof sowie für die Bestandstrecke Grafing-Bahnhof bis München-Trudering.“

KR Manfred Schmidt plädiert für eine vollständige Untertunnelung von Neubau- und Bestandsstrecke, selbstverständlich unter strikter Beachtung der Wasserschutzbelange. Immanent wichtig sei die beste Lösung für Mensch, Natur und Landschaft anzustreben, wirtschaftliche Belange dürften dabei lediglich eine untergeordnete Rolle spielen. Über die Finanzierung könne der Landkreis ohnedies nicht entscheiden, hier liege die Zuständigkeit beim Deutschen Bundestag.

Nach Ansicht von KR Thomas von Sarnowski handele es sich beim Brennernordzulauf um ein großes Projekt mit dem Ziel von nachhaltiger Mobilität und Klimaschutz. Europa wachse durch den flächendeckenden Ausbau des Bahnnetzes noch stärker zusammen. Der Fokus des Gremiums müsse nun darin liegen, die bestmögliche Lösung für den Landkreis im Rahmen der bestehenden Vorzugstrasse der Deutschen Bahn („Limone“) zu erreichen. Dabei müsse sich der Landkreis uneingeschränkt hinter die hauptbetroffene Gemeinde Aßling stellen. Persönlich erachte er eine Beschlussfassung zum PA 0 in der heutigen Sitzung als möglich, über den PA 1 sei zu einem späteren Zeitpunkt (im Rahmen des Kreis- und Strategieausschusses sowie des Kreistags) zu beraten.

KR Martin Lechner bittet bei beiden Planungsabschnitten als Kernforderung 1 folgende Formulierung aufzunehmen, welche er sodann verliest (Anlage 3 zum Protokoll). Der Schutz des Trinkwassers habe oberste Priorität.

KR Manfred Schmidt spricht sich für die Aufnahme des Formulierungsvorschlags von KR Martin Lechner in die Kernforderungen des Landkreises aus.

Auch KRin Bianka Poschenrieder plädiert für eine derartige Aufnahme. Die Bahn teile die Ansicht, dass der Grundwasserschutz immanent wichtig sei. Dies sei im Rahmen der Bürgerversammlung in Aßling deutlich geworden.

KR Niklas Fent befürwortet ebenso den Formulierungsvorschlag von KR Martin Lechner, allerdings sei dieser nicht als oberste Kernforderung abzubilden. Vielmehr seien konkrete Verbesserungen sowie Forderungen (Untertunnelung Dorfen und Niclasreuth, Schutzgebiete) an der Auswahltrasse prioritär darzustellen.

Nach Ansicht des Landrats könne das Gremium Empfehlungen gegenüber dem Kreis- und Strategieausschuss sowie dem Kreistag zum PA 0 aussprechen, gewisse Passagen der Kernforderungen seien jedoch zu überarbeiten. Insbesondere sei die Anmerkung von Alexander Höpler (siehe TOP 1 ö) an folgender Stelle in den Kernforderungen aufzunehmen: „Nach derzeitigem Prognosehorizont der Zugzahlen gem. BVWP 2030 besteht kein Anspruch auf Lärmvorsorge auf dem Streckenabschnitt Grafing – München …“

KR Josef Oswald bittet um explizite Aufnahme der Erläuterungen von Alexander Höpler in die Kernforderungen, andernfalls sei einer außenstehenden Person diese Thematik nicht bewusst.


Der ULV-Ausschuss fasst folgenden Beschluss:

1.    Dem Kreis- und Strategieausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

Die vorliegende Kernforderung zum PA0 zur parlamentarischen Befassung wird beschlossen. Der Beschluss über die Kernforderungen zum PA1 erfolgt nach Beschlussfassung durch den Stadtrat Grafing.

2.    Der ULV-Ausschuss beauftragt die Verwaltung, Änderungen in den Kernforderungen, die bis zur Beratung im Kreis- und Strategieausschuss vorgenommen werden, im Kreis- und Strategieausschuss vorzustellen und zur Diskussion zu stellen. Die von KR Martin Lechner vorgeschlagene Formulierung zum Schutz des Trinkwassers wird in den Kernforderungen aufgenommen.