Vorberatung        

ULV-Ausschuss am 19.03.2014, TOP 11 ö

An der Beratung nahmen teil:

Norbert Neugebauer, Leiter Büro Landrat

Landrat Robert Niedergesäß rief den Tagesordnungspunkt auf und erklärte, dass der Bayerische Landkreistag in seinem Schreiben vom 27.03.2014 davon abrät, dass die Kreisgremien sich mit dem Thema befassen. „Der Landkreis besitze nur ein kommunalpolitisches und kein allgemeines politisches Mandat zur Wahrnehmung aller rechtlich geschützten Belange der Kreiseinwohner“.

Landrat Robert Niedergesäß erteilte den Antragsstellern, in der Reihenfolge des Eingangs der Anträge, das Wort.

KRin Waltraud Gruber erklärte für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass das Handels- und Investitionsabkommen TTIP u.a. deswegen abgelehnt werde, da es einen massiven Einschnitt in die kommunale Selbstverwaltung darstelle.

Der Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge unter Einschluss der öffentlichen Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Wasserversorgung und Abfallentsorgung, soll vom Geltungsbereich des Freihandelsabkommens ausgeschlossen werden. Ziel sei, auf die Regierung einzuwirken, das Schiedsgerichtsverfahren abzulehnen, da dieses keiner gerichtlichen Überprüfung unterliege.

Den Punkten 1 – 7 des gemeinsamen Antrages der Kreistagsfraktionen von CSU-FDP und SPD könne sie sich anschließen, so KRin Waltraud Gruber, aber nicht der Präambel dieses Antrages. Ihr Wunsch wäre, sich auf etwas Gemeinsames zu einigen, um dies in den zuständigen Stellen im Europaparlament, beim Bund und beim Land vorzulegen.

KR Christian Eckert erklärte für die Ausschussgemeinschaft AfD-BP-ödp, es solle ein Bekenntnis an die entsprechenden Stellen gesandt werden, da keine Vorteile bezüglich des Handels- und Investitionsabkommens gesehen und es daher grundsätzlich abgelehnt werde.

KR Alexander Müller von der Fraktion CSU-FDP erläuterte den gemeinsamen Antrag der Kreistagsfraktionen CSU-FDP und SPD:

Eingangs stellte sich ihm die Frage der Zuständigkeit dieses Gremiums und wie dieses über die Ablehnung von TTIP abstimmen könne, wo doch die Verhandlungen noch laufen und deren Ergebnisse nicht bekannt seien. Die Zuständigkeit könne man aus der Betroffenheit bei der kommunalen Daseinsvorsorge und dem Schutz der Verbraucher- und regionalen Erzeuger herleiten.

Was vorliege sei das endverhandelte CETA mit 1684 Seiten auf Englisch. Er habe sich damit beschäftigt und festgestellt, dass es in diesem Vertrag eine Anerkennung des Rechts der Regierungen gebe, die Entwicklung von natürlichen Ressourcen zu regulieren und die souveräne Kontrolle über sie zu haben. Das Gesundheitswesen, Erziehungswesen und andere soziale Dienste seien ausgeschlossen. Das Kulturwesen sei ebenfalls ausgeschlossen

Die Bundesrepublik Deutschland habe bereits über 60 Handelsabkommen. Er sei grundsätzlich dafür, Zölle abzubauen, aber es komme darauf an, wie etwas geregelt werde. KR Alexander Müller las einen Artikel der Süddeutschen Zeitung von letzter Woche zu diesem Thema vor.

Des Weiteren erläuterte er die einzelnen Punkte der Resolution, insbesonders ginge es um die Transparenz der weiteren Verhandlungen, den besten Verbraucher- und Datenschutz, die kommunale Daseinsvorsorge und den Schutz regionaler Produkte.

Der Handel von Europa mit den USA belaufe sich auf 200 Mrd. € pro Jahr. Der Wegfall der Zölle und die daraus resultierende Erleichterung des Handels würde den Betrag um geschätzte 20 Mrd. € erhöhen.

KR Martin Esterl erklärte für die SPD-Fraktion, es sei alles völlig ausreichend im gemeinsamen Antrag erläutert.

KR Reinhard Oellerer erklärte, dass die Schiedsgerichtsbarkeit auch auf die Kommunen durchschlage. Durch den Atomausstieg in Deutschland könnte es zu Klagen kommen. Die USA sei wirtschaftlich in einer starken Position. Die Verhandlungen laufen nichtöffentlich und die Parlamentarier, die Einsicht hätten, dürften nicht darüber berichten. Die EU sei bei diesen Verhandlungen wirtschaftlich gesehen in einer schwächeren Position. Ziel des Abkommens sei, gemeinsam mit den USA wirtschaftlich gegen China anzukommen.

Es würden dadurch unsere EU-Standards auch hinsichtlich ökologischer Grundsätze „verwässert“.

KR Alexander Müller erwiderte darauf, dass es Schiedsverfahren schon immer gäbe. Der Vorteil sei, dass wenn beide Parteien einverstanden sind, eine schnellere Lösung möglich sei. Mit der Volksrepublik China, ohne Rechtsstaatlichkeit, bräuchte man dieses Schiedsverfahren. In einer Demokratie müsse das Schiedsgericht unter eine rechtsstaatliche Kontrolle gestellt werden.

Landrat Robert Niedergesäß ließ über die Anträge, in der Reihenfolge ihres Eingangs, abstimmen.

Nachdem über die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Ausschussgemeinschaft AfD-BP-ödp abgestimmt wurde, wurde der gemeinsame Antrag von CSU-FDP und SPD um den Punkt 8 ergänzt und ebenfalls zur Abstimmung gestellt.

KRin Waltraud Gruber erklärte nach der Abstimmung, dass sie dem Antrag von CSU-FDP und SPD in den Punkten 1 – 8 zustimmen könne, nicht aber der Präambel.


Der Kreis- und Strategieausschuss fasste zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgenden Beschluss:

            Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

                   Der Kreistag Ebersberg lehnt die Abkommen TTIP, CETA und TISA ab.

Es handelt sich bei den Abkommen um Handelsverträge, die einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung darstellen.

Der Kreistag wird diese ablehnende Haltung in geeigneter Weise gegenüber der Landes- und Bundesregierung sowie dem Europäischen Parlament deutlich machen.

Stattdessen sollen sich die politischen Gremien für ein alternatives Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission in der Handelspolitik einzusetzen, bei dem auch die kommunalen Spitzenverbände in die Verhandlungen mit einbezogen werden.

Der Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge unter Einschluss der öffentlichen Dienstleistungen (zum Beispiel Wasserversorgung und Abfallentsorgung) soll vom Geltungsbereich des Freihandelsabkommens ausgeschlossen werden.

Der Kreistag lehnt Schiedsgerichtsverfahren ab, die keiner gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden können.

&

abgelehnt

 3 Stimmen dafür

10 Stimmen dagegen

 

 

 

Der Kreis- und Strategieausschuss fasste zum Antrag der ödp folgenden Beschluss:

            Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

                   1.  Der Kreistag lehnt eine weitere Liberalisierung des internationalen Dienstleistungshandels ab, welche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, wie zum Beispiel im Bereich der Bildung, der Kulturförderung, der Gesundheit, sozialen Dienstleistungen, Abwasser- und Müllentsorgung, öffentlichem Nahverkehr oder der Wasserversorgung beinhaltet.

                   2.  Der Kreistag lehnt daher die geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA in der derzeit bekannten Form ab.

                   3.  Der Landkreis wird sich in kommunalen Spitzengremien gegen die geplanten Abkommen positionieren und entsprechend, sowohl bei der Bundesregierung, als auch bei der EU-Kommission, intervenieren.

                   4.  Die Stellungnahme mit Anlagen des Bayerischen Städtetags vom 11.08.2014 zu den Freihandelsabkommen wird den Rätinnen und Räten zur Kenntnis gebracht.

&

abgelehnt

 3 Stimmen dafür

10 Stimmen dagegen

 

 

 

Der Kreis- und Strategieausschuss fasste zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen CSU-FDP und SPD folgenden Beschluss:

              Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

TTIP-Resolution des Ebersberger Kreistags

Der Abschluss der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP) bietet Chancen, aber auch Risiken für die Verbraucher und die bayerische Wirtschaft. Es wäre Impulsgeber für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Gerade das Exportland Bayern mit seinen kleinen und mittelständischen Unternehmen würde durch die Beseitigung von Zöllen und anderen Handelshemmnissen in besonderer Weise profitieren. Da TTIP aber auch mit Risiken für die hohen europäischen Schutzstandards behaftet ist, müssen diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt in den Verhandlungen wirksam ausgeschlossen werden. Nur so kann die entstehende größte Freihandelszone der Welt ihre positiven Wirkungen für Bayern, Deutschland und Europa entfalten.

Der Kreistag des Landkreises Ebersberg spricht sich daher dafür aus, dass die folgenden Forderungen umgesetzt werden:

1.  Es darf durch das TTIP zu keiner Absenkung des hohen Verbraucherschutzniveaus (z.B. Vorschriften für gentechnisch veränderte Lebensmittel, Importverbot für hormonbehandeltes Rindfleisch und Klonfleisch, Kennzeichnungspflicht bei Behandlung von Lebensmitteln mit bestimmten Substanzen) in der EU kommen. Die Kommunale Daseinsvorsorge einschließlich der Trinkwasser-, der Abwasser-, der Strom- und Wärmeversorgung, der Krankenhäuser und Schulen sowie die bewährten Organisationsstrukturen der Kommunen, der Schutz für sensible Agrarprodukte und die Einhaltung der europäischen und nationalen Datenschutzbestimmungen müssen sichergestellt werden.

2.  Durch TTIP darf das Recht der EU und der Mitgliedstaaten, einschließlich der Regionen und Kommunen, nicht eingeschränkt werden, in wichtigen gesellschaftspolitischen Bereichen wie beispielsweise Arbeit, Soziales, Verbraucherschutz, Umwelt (z.B. Fracking), Stabilität des Finanzsystems, Sicherheit, öffentliche Gesundheit und Gefahrenabwehr erforderliche Maßnahmen zu treffen und diese in nicht diskriminierender Weise im Sinne deutschen Rechts durchzusetzen.

3.  Im Hinblick auf Datenschutz-Standards bestehen grundlegende Unterschiede zwischen der EU und den USA. Während das individuelle Eigentum personenbezogener Daten in der EU ein Grundrecht darstellt, ist dies in den USA nicht der Fall. Aus diesem Grunde gehören maximal Verabredungen über den Datenschutz von transferierten Daten aufgenommen. Alles andere ist in der europäischen Gesetzgebung zu regeln und darf von den TTIP-Verhandlungen nicht in Frage gestellt werden. Insofern ist auch die zügige Verabschiedung der neuen Datenschutzverordnung zur Reform der EU Gesetzgebung geboten.

4.  Die Verhandlungskommission der EU wird aufgefordert, im Vertrag Regelungen einzufordern, welche die Wettbewerbsverzerrungen der europäischen und insbesondere der deutschen Landwirtschaft ausgleichen. Dies betrifft insbesondere die Anforderungen an den Tierschutz und den Landschaftsschutz (z.B. Verbot der Käfighaltung von Hühnern, Greening, Gülleausbringung usw.). In der Tierhaltung ist der Einsatz von Hormonen und Arzneimitteln den Europäischen Gesetzen und Normen anzupassen. Die hohen Standards der EU dürfen hierbei nicht angetastet werden. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass keine genveränderten Lebensmittel, bzw. Saatgut durch TTIP nach Europa kommen.

5.  Die Regelungen zum Investitionsschutz und insbesondere zum Investor-Staat-Schiedsverfahren bergen die Gefahr, dass das Recht, angemessene und demokratische Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen zu treffen, ausgehebelt oder beeinträchtigt wird. Der Kreistag lehnt diese daher ab.

6.  Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände und des Ausschusses der Regionen müssen an den sogenannten „stakeholder debriefings“ beteiligt werden und dort ihre Belange einbringen können.

7.  Es ist unabdingbar, die weiteren Verhandlungen, die derzeit hinter verschlossenen Türen ablaufen, transparent und so weit als möglich öffentlich zu führen. Die Bürger sind im Vorfeld über die Verhandlungsinhalte zu informieren.

8.  Die Resolution des Ebersberger Kreistags wird an die zuständigen Stellen des Bundestages, des Europaparlaments und der Kommunalen Spitzenverbände zugeleitet.

&

angenommen

10 Stimmen dafür

  3 Stimmen dagegen