Beschluss: einstimmig angenommen

An der Beratung nahmen teil:

Brigitte Keller, Abteilungsleitung F, Finanzen und Wirtschaft

Der Landrat ruft den Tagesordnungspunkt auf und erklärt, dass mit über 13,6 Mio. € das Teilbudget 2016 des Jugendhilfeausschusses das Zweitgrößte im Kreishaushalt hinter dem Teilbudget des SFB-Ausschusses sei. Das Problem sei, so der Landrat weiter, dass die Sozialausgaben ständig steigen. Im Kreistag wurde eine Deckelung des Wachstums auf 2,5 % gegenüber dem Vorjahr beschlossen. Dies müsse allerdings individuell betrachtet werden. Im ULV-Ausschuss sei es gelungen und im SFB-Ausschuss nicht ganz. Der Jugendhilfeausschuss (JHA) sei mit seinen 12,5 % weit von den 2,5 % entfernt. In den letzten Jahren von 2013 bis 2016 stiegen die Jugendhilfenettoaufwendungen um 25 % - in den 10 Jahren davor um 30 %. Diese Kostensteigerungen hätten weder mit einer unangemessenen Ausstattungsverbesserung der Heime, Einrichtungen und ambulanten Dienste zu tun, noch mit einem etwa unwirtschaftlichen Umgang der Mitarbeiter des Jugendamtes mit öffentlichen Geldern. Die Gründe für die Kostenexplosion seien vielschichtig erläutert der Landrat und zählt einige auf:

·         steigende Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2032 ca. 150.000 Bürger im Landkreis,

·         überdurchschnittlich hoher Anteil an jungen Menschen (bis 21 Jahre); mit diesem Anteil von 21,4 % seien wir ein junger Landkreis.

·         Der Ausbau der Kindertagesbetreuung, vor allem der U3,

·         Zuzug junger Familien mit fehlender Familienstruktur, demographisch bedingt, Oma, Opa fehlen. Daher seien diese auf Unterstützungsangebote angewiesen.

·         Kostensteigerung durch Inklusion, insbesondere der Schulbegleitung.

Teilweise müsse das Jugendamt hier aufgrund gesetzlicher Vorschriften, auch Bundes- und Landesgesetze, diese Angebote schaffen.

Die höchsten Kostensteigerungen finden sich in den teilstationären und stationären Eingliederungshilfen mit 800.000 € sowie bei den Tageseinrichtungen mit 368.000 €.

Sehr hohe Herausforderungen habe das Jugendamt im Bereich Asyl mit den unbegleiteten Minderjährigen (uM) zu meistern. Inzwischen betreibe das Jugendamt neun eigene Einrichtungen mit 74 Plätzen mit Tendenz steigend. Die nächste Einrichtung werde gerade in der Gemeinde Glonn aufgemacht. Bei den 5,6 Mio. €, die der Freistaat dafür 2016 aufwendet, verbleiben dem Landkreis 300.000 €, die zu tragen sind. Der Landrat könne aus den Treffen in Ingolstadt und Berlin mitteilen, dass ab Januar nach dem Königssteiner Schlüssel die uM auf alle Bundesländer verteilt. Bisher habe Bayern die Hälfte der uM aufgenommen, aber nach der bundesweiten Verteilungsquote müsste nur einen Anteil von ca. 15 % getragen werden.

Für die Flüchtlinge wurden 6,15 Stellen im Jugendamt besetzt. Bei weiteren Flüchtlingsströmen würden weitere 11 Stellen hinzukommen. Aber nur nach Notwendigkeit und nicht pauschal, die Besetzung erfolge Zug um Zug, so der Landrat weiter.

Um die Steigerungen in der Jugendhilfe begrenzen zu helfen, wurde das Jugendamt beauftragt, Ausschreibungen vorzubereiten sowie Leistungen zu überprüfen und zu hinterfragen.

Im Jugendhilfeausschuss betragen die freiwilligen Leistungen des Landkreises 7,5 % oder 917.605 €, aus allen Fachbereichen zwischen 6 – 8 % damit insgesamt ca. 3,5 Mio. €. Daher werden mit Vertretern der Fraktionen in einem gemeinsamen Dialog diese Leistungen auf Ihre Aktualität überprüft, so der Landrat weiter.

Nach den Ausführungen des Landrats erläutert Frau Keller anhand einer Präsentation den Sachverhalt. Diese ist als Anlage 1 diesem Protokoll beigefügt

Frau Keller erklärt zur Entwicklung des Nettobedarfs und der hohen Zahl von 1.497.057 € über dem Plan liegenden Planungen, dass dies ursächlich an den politischen Rahmenbedingungen und deren Vorgaben liege. Frau Keller stellt die Frage in den Raum, was die Verwaltung gegen die ansteigenden Kosten tun könne und beantwortet diese wie folgt: Allein die Ursache hierfür zu beseitigen, läge an der Politik und an diesem Ausschuss und den Bewilligungen von freiwilligen Leistungen.

Vor der Folie „Auswirkungen auf den Haushalt“ erteilt der Landrat Herrn Salberg das Wort.

Vor dem Hintergrund der Darstellung der steigenden Entwicklung der Nettoaufwendungen seit den Jahren 2004 – 2013 um 30 % und von 2013 – 2015 um 25 % (Folie 4) erläutert Herr Salberg die schwierige Situation des Jugendamtes, basierend auf den, in dieser Zeit, stattgefundenen fundamentalen Umbau des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Als Beispiel nannte Herr Salberg die Einführung des Kinderförderungsgesetzes mit dem Ausbau des Rechtsanspruches auf Kindergartenplätze und dem Ausbau der Kindertagespflege, sowie die Einführung der KoKi und der Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS). Dass der Kostenanstieg in den Jahren 2004 bis 2012 mit 43 % noch deutlich höher ausfiel, zeige die Bemühungen des Jugendamtes, die Kosten zu stabilisieren.

In die Jahre 2013 – 2016 fiel der Rechtsanspruch U 3 und die damit verbundene Schaffung zusätzlicher kostenintensiver Krippenplätze. Als Folge des massiven Ausbaus der Krippenplätze stiegen die Kosten in diesem Bereich an, da diese Plätze zum einen teurer als Kindergartenplätze seien und zum anderen deutlich länger gebucht werden. Viele Eltern können sich die Ausgaben nicht leisten und sind daher auf eine Förderung durch das Jugendamt angewiesen. Ebenfalls in diesen Zeitraum fällt der Ausbau der Sozialarbeit an Schulen (SaS), deren Kosten in den Jahren 2014 / 2015 Aufwendungen von 191.000 € / jährlich umfassen und künftig auf 255.000 € / jährlich ansteigen werden.

Hinsichtlich der Kostensteigerung in den Jahren 2004 – 2013 ergab eine Umfrage bei den anderen Jugendämtern eine ähnliche oder sogar höhere Steigerungsrate von 30 bis 57 %. Das statistische Bundesamt habe eine Statistik veröffentlicht, nach der die Ausgaben im gleichen Zeitraum bundesweit von 18,5 Mrd. € auf knapp 33 Mrd. angewachsen seien, was einem Anstieg von 77 % entspreche.

Ursächlich für die Ausgabensteigerung in den vergangenen Jahren ist auch ein Anstieg der Kosten bei den stationären Maßnahmen in Südbayern um durchschnittlich 18,5 %. Bei den Mutter-Kind-Einrichtungen konnte in den letzten beiden Jahren sogar ein Anstieg von 33 % verzeichnet werden.

Für Herrn Salberg ist es deshalb nicht nachvollziehbar, dass es Beschwerden von der Kommunalpolitik gäbe. Die Kosten steigen im Jugendamtsbereich durch die von der Bundes- / Landes- aber auch von der Kommunalpolitik beschlossenen und immer mehr werdenden neuen Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe.

Herr Salberg bedankt sich bei seinem Team und hebt die Bemühungen derer, diesem allem gerecht zu werden hervor – sogar über die vertraglich festgelegten Stunden.

Wie die von Herrn Rindsfüßer im Jugendhilfeausschuss im März vorgestellte Grafik (Anlage 2 zum Protokoll) belegt, ist das Jugendamt in Ebersberg nicht das teuerste in Bayern, sondern zählt vielmehr zu den 5 günstigsten Jugendämtern in Oberbayern.

Herr Salberg führt weiter aus, dass bis dato 107 uM untergebracht wurden. Davon wurden 77 vollstationäre Kinder – und Jugendhilfeplätze buchstäblich aus dem „Nichts“ geschaffen, das heißt, es wurden Wohnungen akquiriert, bei einem eigenen Bauvorhaben in Glonn kümmerten sie sich um die Bauaufträge, um die Schließanlage und die Brandversicherung. Des Weiteren gelang es dem Jugendamt alle uM zu beschulen, obwohl es keine eigene Berufsschule im Landkreis gebe.

Es stehe der Kinder- und Jugendhilfe noch eine große Aufgabe bevor; 15.000 uM in Bayern und jeden Monat kommen 10 – 15 unbegleitete Minderjährige im Landkreis Ebersberg an.

Der Landrat stellt klar, dass von seiner Seite das Jugendamt für dessen Engagement gelobt werde. Er erläutert kurz die Ergebnisse des Besuchs der Landräte und Oberbürgermeister in Berlin und Brüssel.

Frau Keller zeigt die beiden letzten Folien der Präsentation und der Landrat lässt über den Beschlussvorschlag abstimmen.


Der Jugendhilfeausschuss fasst folgenden Beschluss:

1.  Für den Teilhaushalt des Jugendhilfeausschusses werden im Haushalt 2016 Mittel in Höhe von 13.641.851 € eingeplant.

2.  Für Investitionen werden Mittel in Höhe von 16.400 € eingeplant.