Betreff
Kiebitzschutzprojekt im Landkreis Ebersberg; Bericht und Fortführung
Vorlage
2020/0119
Art
Sitzungsvorlage

Diese Angelegenheit wurde bisher noch nicht im ULV behandelt.

Hintergrund:

Der Kiebitz als Bodenbrüter wird auf der bayerischen Roten Liste unter Kategorie 2 „stark gefährdet“ geführt. Europaweit sind die Bestände an Brutpaaren, auch aufgrund der intensiven Landwirtschaft und Flächennutzung, stark rückläufig. Da kaum noch natürliche Brutflächen wie Feuchtwiesen mit kurzer, lückiger Vegetation für den Bodenbrüter zur Verfügung stehen, weicht er zunehmend auf landwirtschaftlich genutzte Flächen aus. Besonders Maisäcker in Verbindung mit angrenzendem Grünland bieten, mit dem im Frühjahr noch offenen Boden, gut geeignete Ersatzbrutflächen.

Bisher war der Gelegeschutz für Brutpaare des stark gefährdeten Vogels im Landkreis Ebersberg nicht verbreitet, obwohl Landnutzern das Vorkommen auf dem eigenen Feld oft bewusst ist. Daher ist die Bereitschaft, den Kiebitz zu unterstützen, grundsätzlich hoch. Durch das 3-jährge Projekt „Artenhilfsprojekt für den Kiebitz“, das 2018 startete, soll der Bestand gesichert und gefördert werden.

 

Rückblick:

Das Projekt wurde von der uNB ins Leben gerufen und bisher über Ersatzgelder aus dem Naturschutzfonds finanziert. Die Projektlaufzeit war zunächst auf drei Jahre festgelegt, allerdings mit dem Ziel, ein Netzwerk aus Gelegeschutzhelfern zu etablieren, dass sich auch nach Projektende selbst trägt, organisiert und langfristig tätig ist. Während der Projektlaufzeit 2018 bis 2020 wurde das Projekt durch das Landschaftsarchitektur-Büro Niederlöhner durchgeführt. Während das Jahr 2018 der Grundlagenermittlung (und dem Aufbau eines Gelegeschutzhelfer-Netzwerks diente, wurden in der Brutsaison 2019 und 2020 konkrete Gelegeschutzmaßnahmen durchgeführt.

 

Die Brutpaare wurden über mehrere Monate beobachtet. Die Gelege wurden nach Sichtverortung markiert. Hierdurch können die Landwirte die markierten Nester bei der Feldbearbeitung aussparen. Die Gelegesuche erfolgte besonders intensiv zwischen Anfang April und Ende Mai. Nach der Brut wurden Küken führende Altvögel beobachtet, um auch deren Standorte kurzfristig an die bewirtschaftenden Landwirte weitergeben zu können und den Bruterfolg einzuschätzen. Diese Tätigkeiten wurden mithilfe von Gelegeschutzhelfern durchgeführt, die jeweils feste Gebiete betreuten. Die Zusammenarbeit mit den Landwirten gestaltete sich ausnahmslos positiv.

 

Eine besondere Herausforderung für die Brutsaison 2020 waren die häufigen Störungen der brütenden Kiebitze durch Freizeitnutzung ausgelöst durch den Corona bedingten Lock down und einer gleichzeitig stattfindenden Schönwetterperiode. Diese Schönwetterperiode bewegte viele Landwirte auch zu einer früheren Bewirtschaftung der Flächen mit einer geringeren Arbeitsbündelung, was ebenso mehr Störung für die Kiebitze bedeutete. Auffällig in dieser Saison waren außerdem hohe Schäden durch Nesträuber.

 

Mit dem Projektende 2020 hatte sich eine gute Basis für ein funktionierendes Netzwerk aus freiwilligen Gelegeschutzhelfern und Landwirten etabliert. Da Kiebitze ohnehin standorttreue Vögel sind, könnten mit diesem zumindest die traditionellen Brutgebiete weiter betreut werden, um den Bestand der Art im Landkreis zu erhalten.

Mit der Einstellung der Biodiversitätsberaterin Frau Vießmann ging das Projekt nach einer Übergangsphase 2021, vollständig an Frau Vießmann über. Sie kümmert sich seitdem um die Organisation der aktuell acht freiwilligen Gelegeschutzhelfer, Kommunikation mit den Landwirten und Öffentlichkeitsarbeit. 

 

Erfolge:

Im Jahr 2020 wurde 65 Brutpaare betreut und 65 Gelege markiert.

 

Im Jahr 2021 haben die acht freiwilligen Gelegeschutzhelfer mit 21 Landwirten eng zum Schutz der Kiebitze zusammengearbeitet und dabei 60 Brutpaare betreut und 51 Gelege markiert. Zudem konnten 32 Küken festgestellt werden.

 

In der aktuellen Saison 2022 wurden bisher bereits 43 Brutpaare gezählt und zwei Gelege markiert.

 

Ausblick:

2022 wird der Gelegeschutz fortgeführt und zusätzlich die Öffentlichkeitsarbeit ausgebaut. So wurden zu Beginn der Brutsaison ‘22 Anfang März Social-Media-Posts und Artikel in Zeitung und Gemeindeblättern veröffentlicht, die auf die Gefährdung von Kiebitzen und anderen Bodenbrütern hinweisen und um Rücksichtnahme bei Ausflügen in die Brutgebiete bitten. Auch wurde die Bevölkerung aufgerufen, Kiebitz-Beobachtungen an die uNB zu melden, worauf zwischenzeitlich schon 9 interessierte Bürger Kiebitz-Sichtungen gemeldet haben.

 

In den kommenden Jahren soll das Kiebitz-Projekt ausgeweitet und professionalisiert werden.

 

Das Aussparen der markierten Gelege durch die Landwirte erfolgt bisher auf rein freiwilliger Basis. Die Landwirte erhalten zwar eine Nestprämie in Form eines Einkaufsgutscheins von 50€ pro markiertem Gelege, aber keine Entschädigung für eventuelle Ernteverluste durch das Aussparen der Nestbereiche. Darum ist für die kommenden Jahre angedacht, die Landwirte für ihr außerordentliches ehrenamtliches Engagement angemessen zu entlohnen.

 

So sollen die Landwirte die Möglichkeit bekommen, ihre Felder Kiebitz-freundlich zu bewirtschaften und dafür einen staatlich geförderten Ausgleich für Ernteverluste zu erhalten.

Gefördert werden können z.B. eine verzögerte Mais-Aussaat, vorzeitiger Acker-Umbruch, das Brachlegen von Äckern, bewirtschaftungsfreie Mulden/Nassstellen oder die Anlage von Blühstreifen. Diese Maßnahmen kommen Kiebitzen und anderen Bodenbrütern während der Brutsaison zugute und unterstützen sie auch bei Aufzucht des Nachwuchses. Das Modell wird bereits seit einigen Jahren sehr erfolgreich im Landkreis Rosenheim praktiziert und dort von den Landwirten sehr gut angenommen.

 

Da es sich beim Kiebitz um eine im Landkreis seltene und stark gefährdete Art handelt, werden die Kosten für die Förderungen zu 90% vom Freistaat getragen, sodass der Landkreis lediglich 10% selbst aufbringen müsste.

 

Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen erwartet die Verwaltung aufgrund der bisherigen Beteiligung der Landwirte einen Förderbedarf auf einer Fläche von ca. 65 ha.

 

Bei dem Abschluss der verzögerten Maiseinsaat sind zwischen 140 und 480 € pro Hektar möglich. Ausgehend vom Mittelwert von ca. 300 €/ha ergäbe sich eine Gesamt-Fördersumme von ca. 19.500 €. Dies entspräche bei einem Eigenanteil von 10% ca. 1.950 € für den Kreishaushalt. Da die genauen Mittelbedarfe erst im Rahmen der Antragsstellung ermittelt werden können schlägt die UNB in der Haushaltsaufstellung die Reservierung von 2.500,- € für die erforderlichen Eigenanteile vor.

 

So kann der Landkreis mit geringem finanziellen Aufwand nicht nur dem Kiebitz langfristig und nachhaltig helfen, sondern auch die Landwirte motivieren, sich für den gefährdeten Wiesenbrüter einzusetzen.

Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

                                                                       ja, positiv

                                                                       ja, negativ

                                                                       nein

Dem ULV wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

1.    Der ULV-Ausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.

2.    Der ULV-Ausschuss beauftragt die untere Naturschutzbehörde das Kiebitzschutzprojekt fortzuführen. Haushaltsmittel in Höhe von 2.500,- zur Finanzierung der Eigenanteile im Rahmen der 90%igen Förderung werden im Haushalt 2023 veranschlagt.

Auswirkung auf den Haushalt:

 

Die notwendigen Mittel zur Fortführung des Projektes in 2022 sollen über das Budget der UNB sichergestellt werden. Für 2023 werden im Rahmen der Eckwerteplanung Mittel in Höhe von 2.500,- € zur Reservierung vorgeschlagen.