Betreff
Finanzleitlinie des Landkreises Ebersberg; 1. Halbjahresbericht 2022
Vorlage
2021/0557
Art
Sitzungsvorlage

Diese Angelegenheit wurde zuletzt behandelt im

Kreis- und Strategieausschuss am 12.10.2021, TOP 9

Zur Finanzleitlinie des Landkreises ist eine halbjährliche Berichterstattung vereinbart. Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 29.02.2016 die Finanzleitlinie angepasst und neu beschlossen. Die Warnindikatoren sowie die Berichterstattung blieben unverändert. Derzeit diskutiert die Arbeitsgruppe Finanzleitlinie und Investitionen die Finanzleitlinie erneut.

Die Warnindikatoren werden halbjährlich durch den Kreis- und Strategieausschuss überprüft. Darüber hinaus ist die Finanzleitlinie sowie deren Indikatoren auch Gegenstand der jährlichen Haushaltsberatung.

In der Anlage 1 befindet sich eine Zusammenstellung der Entwicklung der einzelnen Warnindikatoren aus der Finanzleitlinie für den Landkreis. Zudem werden die Warnindikatoren basierend auf den konsolidierten Jahresabschlüssen des Landkreises aus den Jahren 2015 bis 2020 auf den „Konzern Landkreis“ übertragen.

1. Aktuelle Entwicklungen in der Zinssicherung

Im Juni 2020 war eine Adjustierung der bestehenden Zinssicherungsverträge erforderlich, um das kommunalrechtliche Prinzip der Konnexität (Verbindung abgesichertes Grundgeschäft zu Sicherungsinstrument) einzuhalten. Die aktive Zinssteuerung entwickelt sich in den betrachteten Szenarien (Zinsen steigen mit +4%/5 Jahre, +2%/2 Jahre, keine Veränderung und Zinsen sinken, -0,5%/2 Jahren) nun wieder eng gebündelt und folgt dem kommunalen Prinzip der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Zinssicherungsverträge wurden mit dem Bankhaus Lampe vereinbart.

Nachfolgend das aktuelle Portfolio mit dem Restschuldenstand am 31.03.2022:

 

 

Nummer

Zinssatz

Zinsbindung bis

Vertragslaufzeit

Restschuld am 31.03.2022

DARL0001

4,65

30.06.2028

30.06.2028

2.161.916,44

DARL0016

2,83

30.03.2024

30.03.2024

993.957,04

DARL0017

2,83

30.03.2024

30.03.2024

57.145,95

DARL0061

3,06

30.12.2027

30.12.2027

1.500.000,00

DARL0070

0

15.08.2028

16.11.2031

1.573.650,00

DARL0077

0

30.03.2025

30.03.2035

3.900.000,00

DARL0078

0

29.03.2026

15.02.2036

462.000,00

DARL0086

0

29.03.2026

15.02.2036

238.000,00

DARL0087

0,05

15.05.2026

15.02.2036

697.130,00

DARL0088

0,05

15.05.2026

15.02.2036

389.430,00

DARL0091

0

19.10.2026

15.08.2036

703.250,00

DARL0092

0

19.10.2026

15.08.2036

166.750,00

DARL0097

0

12.04.2028

12.04.2028

2.072.379,50

DARL0100

0

30.03.2025

31.03.2032

5.000.000,00

DARL0101

0

30.09.2032

30.09.2032

3.675.000,00

DARL0107

-0,34

15.02.2031

15.02.2041

1.511.448,00

DARL0109

-0,34

15.08.2031

15.08.2031

5.279.910,00

DARL0110

-0,34

15.08.2031

15.08.2031

1.596.000,00

DARL0113

-0,01

15.11.2031

15.11.2031

702.000,00

Summe

 

 

 

32.679.966,93

Nachrichtlich

 

 

 

 

DARLKK01

0

18.12.2025

18.12.2025

23.500.000,00

Kassenkredit

PPP Kirchseeon

4,76

01.09.2028

01.09.2028

4.011.794,06

DARL0111 - WBE

0

31.12.2041

31.12.2041

1.245.400,00

 

Am 23.07.2018 hat der Landkreis den Kommunaldarlehensvertrag des Landkreises mit der SKE Gymnasium Kirchseeon GBR vom 02.05.2007 nach Ablauf von 10 Jahren gemäß § 489 Abs. 1 Ziff. 2 BGB mit Wirkung zum 28.02.2019 fristgerecht gekündigt. Diese Kündigung wurde von der Universal-Investment-Luxembourg mit Schreiben vom 30.07.2018 zurückgewiesen. Der Landkreis hat sich eines renommierten Fachanwalts zur Vertretung der Interessen des Landkreises bedient. Für die Restlaufzeit des Vertrages geht es um strittige Zinsverpflichtungen des Landkreises in Höhe von 1,4 Mio. €. In erster Instanz ist der Landkreis erwartungsgemäß unterlegen. Zurzeit befindet sich der Landkreis in der 2. Instanz. Im Jahr 2021 wurden die Zahlung der (unbestrittenen) Tilgungsraten inkl. der ausstehenden Raten seit März 2019 für das PPP-Kirchseeon wiederaufgenommen. Um weitere Verzugszinsen zu vermeiden wurde Ende März 2022 gemäß dem Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 11.02.2022 Zinszahlungen in Höhe von 536.688,18 € an SKE Gymnasium Kirchseeon GBR ausgezahlt. Bei diesen Zinszahlungen handelt es sich, um die Zinsen laut Zahlungsplan von März 2019 bis einschließlich Mai 2021.

 

Im Dezember 2020 wurde für die Rückzahlung der Gewerbesteuer inkl. Zinsen ein Kassenkredit in Höhe von 23,5 Mio. € aufgenommen. Dieser Kredit ist mit einem Zinssatz in Höhe von 0 % zu verzinsen und zum Stichtag 18.12.2025 in voller Höhe zurückzuzahlen. Der Beschluss für den Nachtragshaushalt, welcher aufgrund der Höhe des Kassenkredites erstellt werden musste, erfolgte am 14.12.2020 durch den Kreistag.

 

Seit der letzten Berichterstattung im Oktober 2021 wurde im Dezember 2021 ein Darlehen für die Wohnbaugesellschaft Ebersberg gKU in Höhe von 1.245.400 € aufgenommen. Der Landkreis hat bei den Banken bessere Konditionen, sodass das Darlehen mit einem Zinssatz von 0 % abgeschlossen werden konnte. Die Wohnbaugesellschaft übernimmt den gesamten Schuldendienst.

 

In der Haushaltssatzung 2022 ist eine Kreditermächtigung von 22,8 Mio. € vorgesehen. Zusätzlich wurde ein Teil der Kreditermächtigung aus 2021 in Höhe von 12,3 Mio. € für die Haushaltsreste 2021 in das Jahr 2022 übertragen. Im Januar 2022 wurde für das Bauvorhaben der Realschule Ebersberg ein Darlehen (DARL0113) in Höhe von 720.000 € abgerufen. Das Darlehen wurde mit einem Zinssatz von -0,01 % abgeschlossen. Im Jahr 2022 ist weiterhin vorgesehen, ein Darlehen für die Süderweiterung am SFZ Grafing in Höhe von 2,7 Mio. € abzurufen.

 

Insgesamt haben sich seit der letzten Berichterstattung am 12.10.2021 die Schulden des Landkreises um 5.756.159,59 € erhöht (unter Einbezug des PPP-Kirchseeon und der WBE um 6.698.465,23 € erhöht).

 

Seit dem 29.01.2021 besteht ein inneres Darlehen zur Liquiditätsüberbrückung des Landkreises gegenüber der Kommunalen Abfallwirtschaft in Höhe von 2 Mio. €.

 

Die Schulden des Landkreises betragen bei einer Einwohnerzahl zum 31.12.2020 von 144.091 rund 357 € pro Einwohner. Sie liegen damit weiterhin über dem Durchschnitt Bayerns bei der Landkreisverschuldung von 172 € pro Einwohner (Stand: 31.12.2020). Die durchschnittliche Verschuldung Oberbayerns liegt bei 220 € pro Einwohner.

Der Leitzins der europäischen Zentralbank (EZB) beträgt seit 12.03.2016 0,00 %. Der Zins, zu dem Banken Geld bei der EZB parken können, liegt derzeit bei -0,5 %. Nach wie vor gilt: einen Zinsanstieg dürfte es auf absehbare Zeit nicht geben.

Im April 2022 beträgt der Zinssatz 1,09 % bei einem Kommunaldarlehen in Höhe von 1,5 Mio. € und bei einer Laufzeit von 5 Jahren. Bei 20 Jahren beträgt der Zinssatz 1,48 %.

 

Die Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg und die Raiffeisenbank Ebersberg erheben sogenannte Verwahrentgelte in Höhe von 0,5 % (ab 01.05.2020). Der bisherige Freibetrag des Landkreises wurde bei der Sparkasse und bei der Raiffeisenbank mit 250.000 € festgesetzt. Was bedeutet, dass für Guthaben des Landkreises über der Summe von 250.000 € Verwahrentgelte in Höhe von 0,5 % zu leisten sind.

 

Die bisherige Anlage von liquiden Mittel bei der LV 1871 wurden Mitte 2019 von der LV 1871 bis auf 510.000 € gekündigt. Zurzeit befinden sich bei der LV1871 lediglich 110.000 €, welche zu 0% verzinst werden.

 

Dem Landkreis (inkl. Kommunaler Abfallwirtschaft) entstanden dadurch im Jahr 2021 insgesamt Verwahrentgelte (Strafzinsen) in Höhe von 61.077,81 €.

 

Es wird weiterhin intensiv versucht die liquiden Mittel mündelsicher und ohne Verwahrentgelte anzulegen.

 

Nach wie vor verliert angespartes Vermögen täglich an Wert, dies wirkt sich sehr nachteilig auf die künftigen Altersversorgungen aus.

Die bisher erzielten Zinsrückerstattungen im Überblick:

2007

54.611

2015

16.741

2008

339.140

2016

0

2009

222.999

2017

0

2010

367.590

2018

0

2011

612.300

2019

0

2012

400.000

2020

0

2013

63.204

2021

0

2014

40.091

 

 

 

 

Summe

2.116.676

 

2. Warnindikatoren aus der Finanzleitlinie:

 

Der Kassenkredit wird bei den Warnindikatoren nicht mitberücksichtigt, da dieser ausschließlich für die Rückzahlung der Gewerbesteuer aufgenommen wurde und somit für die Finanzierung der Investitionen (Schaffung von längerfristigen aktivierbaren Werten) keine Rolle spielt (sogenannter konsumtiver Kredit). Im Schuldenstand 2021 ist außerdem das Darlehen für die WBE und die Gesamtkosten für das PPP-Kirchseeon nicht enthalten. Die Planwerte 2022 bis 2025 entsprechen dem Haushaltsplan 2022 inklusive der tatsächlich übertragenen Haushaltsreste aus 2021.

 

Warnindikator Schuldenabbau: Ab 2035 darf die Verschuldung des Landkreises höchstens 20 % des Gesamtbetrags der Aufwendungen der Haushaltssatzung des jeweiligen Planjahres betragen. Im Planjahr 2022 beträgt der Gesamtbetrag der Aufwendungen 178 Mio. €, würde die Regel also bereits wirksam sein, wäre der Indikator überschritten. Am Jahresende 2022 wird die Verschuldung bei ca. 63,5 Mio. € liegen, das wären 35,59 % und damit um 17,07 % über das Ist des Vorjahres 2021. Diese deutliche Verschlechterung ist auf die allgemein geplante Erhöhung des Schuldenstandes aufgrund von Investitionen und aufgrund der Haushaltsreste 2021 zurückzuführen.

Die Konzernbetrachtung zeigt im Jahr 2020 eine Überschreitung des Wertes – der Warnindikator liegt bei 20,37 %!

Darlehen werden vom Landkreis in 20 Jahren getilgt. Der Indikator wird aber in den nächsten Jahren weiterhin deutlich überschritten werden – es sind neue Kredite in Höhe von 29,4 Mio. € (2023 – 2025) in der Finanzplanung aufgezeigt.

Das Finanzmanagement kann nur die bestmöglichen Zinsbedingungen mit den Banken verhandeln, die Höhe der Kreditaufnahmen dagegen nicht, sie sind die Folge von Investitionsentscheidungen des Kreistags.

 

Warnindikator Ergebnisüberschuss: Dieser Indikator muss im Rahmen der jährlichen Haushaltsplanung eingehalten werden und beeinflusst unmittelbar die Höhe der jeweils festzulegenden Kreisumlage. Der Ergebnisüberschuss muss mindestens 4 % der Verschuldung zum 01.01. des Vorjahres bzw. mindestens 2 Mio. € betragen. Mit einem geplanten Ergebnisüberschuss 2022 in Höhe von 12,4 Mio. € liegt die Planung weit über dem Warnindikator. Dieser Ergebnisüberschuss macht zudem rund 44 % der Verschuldung aus. Die Einhaltung dieses Indikators ist 2023 nicht mehr sichergestellt. Es wird nur noch ein Ergebnisüberschuss von 445.561 € ausgewiesen. Das bedeutet, der Kreishaushalt läuft auf eine Verschuldung aus dem jährlichen Konsum zu er lebt „über seine Verhältnisse“! Um die Investitionen finanzieren zu können, muss 2023 auch ein Ergebnisüberschuss in Höhe von 10 Mio. € erwirtschaftet werden. Aufgrund der Umlagekraftsteigerung ist dies 2022 möglich. Im Jahr 2023 fallen die einmaligen positiven Effekte für die Kreis- und Bezirksumlage weg. Für das Jahr 2024 und 2025 müssen Ergebnisüberschüsse in Höhe jeweils 11,75 Mio. € erwirtschaftet werden, um den Kassenkredit zurückzahlen zu können.

 

Warnindikator Schuldendienst: Zins und Tilgung dürfen nicht mehr als 6,8 Mio. € in der Planung betragen. 2022 betragen Zins und Tilgung rund 4,6 Mio. € und damit rund 1,3 Mio. € mehr als tatsächlich im Jahr 2021 angefallen sind. Verläuft die Verschuldung planmäßig, wird der Indikator bis 2025 eingehalten. Jedoch kommt es zu einer Annäherung des Grenzwertes.

 

Warnindikator Schuldenstand: Er darf 65 % des Gesamtbetrages der jährlichen Aufwendungen des Ergebnishaushalts nicht überschreiten. Er beträgt am 31.12.2021 18,52 % und damit 1,7 % mehr als im Vorjahr. Im Plan 2022 ist eine Steigerung des Schuldenstandes auf rund 35,59 % vorgesehen.

 

Warnindikator Eigenfinanzierungsanteil: Bei Investitionen dürfen nicht mehr als 75 % der Nettoaufwendungen über Darlehen finanziert werden. Für die Planjahre 2022 bis 2025 wird der Eigenfinanzierungsanteil von 75 % nicht erreicht. Im Jahr 2022 stehen den Investitionen in Höhe von 43,5 Mio. € (Neuinvestitionen: 32,8 Mio. €, tatsächliche Haushaltsreste 10,7 Mio. €) Kreditaufnahmen in Höhe von 35,1 Mio. € gegenüber. In den Kreditaufnahmen in Höhe von 35,1 Mio. € ist das Brutto-Investitionsvolumen für die Haushaltsreste 2021 in Höhe von 12,3 Mio. € berücksichtigt. Für das Jahr 2023 muss laut Finanzplanung fast das ganze Investitionsvolumen durch Kredite finanziert werden. Ebenso stehen für die Jahre 2024 und 2025 keine Ergebnisüberschüsse für die Finanzierung des Investitionsvolumens zur Verfügung, weil diese für die Rückzahlung des Kassenkredites angespart werden müssen. 

Die Warnindikatoren, Schuldenabbau, Schuldendienst, Schuldenstand und Eigenfinanzierungsanteil haben sich planmäßig gegenüber dem Vorjahr verschlechtert.

Besonderes Augenmerk gilt es auf den Warnindikator Schuldenabbau zu legen, der vorsieht zu lenken, dass die Verschuldung des Landkreises 2035 noch 20 % des Gesamtbetrags der Aufwendungen betragen soll. Aufgrund der Investitionstätigkeiten in der Finanzplanung wird der vorgegebene Wert von 20 % deutlich überschritten. Gerät dieser Warnindikator „aus den Fugen“, wird das auch den Warnindikator Schuldendienst negativ beeinflussen, was durch steigende Tilgungen sichtbar wird. Auch der Warnindikator zum Schuldenstand ist im Auge zu behalten und steigt in 2025 auf 41,58 % an. Der Warnindikator Eigenfinanzierungsanteil wird in den Planjahren 2022 bis 2025 ebenfalls deutlich überschritten. Ebenso wird der Warnindikator Ergebnisüberschüsse laut der jetzigen Planung in 2023 nicht eingehalten. Die Ergebnisüberschüsse in den Jahren 2024 und 2025 stehen nicht für die Finanzierung von Investitionen zur Verfügung, sondern müssen für die Rückzahlung des Kassenkredites angespart werden.

Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

                                                                       ja, positiv

                                                                       ja, negativ

                                                                       nein

Dem Kreis- und Strategieausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

Den nächsten Halbjahresbericht erhält der Kreis- und Strategieausschuss in seiner Sitzung im Oktober 2022.

Auswirkung auf den Haushalt:

Der Halbjahresbericht zur Leitlinie des Kreistags für das Kommunale Schuldenmanagement des Landkreises Ebersberg zeigt für 2022 eine kritische Entwicklung. Das wird sich in den künftigen Jahren nicht ändern.