Diese Angelegenheit wurde zuletzt behandelt im
Kreis- und Strategieausschuss am 12.10.2021, TOP 9
Zur Finanzleitlinie des Landkreises ist eine halbjährliche Berichterstattung vereinbart. Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 29.02.2016 die Finanzleitlinie angepasst und neu beschlossen. Die Warnindikatoren sowie die Berichterstattung blieben unverändert. Derzeit diskutiert die Arbeitsgruppe Finanzleitlinie und Investitionen die Finanzleitlinie erneut.
Die Warnindikatoren werden halbjährlich durch den Kreis- und Strategieausschuss überprüft. Darüber hinaus ist die Finanzleitlinie sowie deren Indikatoren auch Gegenstand der jährlichen Haushaltsberatung.
In der Anlage 1 befindet sich eine Zusammenstellung der Entwicklung der einzelnen Warnindikatoren aus der Finanzleitlinie für den Landkreis. Zudem werden die Warnindikatoren basierend auf den konsolidierten Jahresabschlüssen des Landkreises aus den Jahren 2015 bis 2020 auf den „Konzern Landkreis“ übertragen.
1. Aktuelle Entwicklungen in der Zinssicherung
Im Juni 2020 war eine Adjustierung der bestehenden Zinssicherungsverträge erforderlich, um das kommunalrechtliche Prinzip der Konnexität (Verbindung abgesichertes Grundgeschäft zu Sicherungsinstrument) einzuhalten. Die aktive Zinssteuerung entwickelt sich in den betrachteten Szenarien (Zinsen steigen mit +4%/5 Jahre, +2%/2 Jahre, keine Veränderung und Zinsen sinken, -0,5%/2 Jahren) nun wieder eng gebündelt und folgt dem kommunalen Prinzip der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Zinssicherungsverträge wurden mit dem Bankhaus Lampe vereinbart.
Nachfolgend
das aktuelle Portfolio mit dem Restschuldenstand am 31.03.2022:
Nummer |
Zinssatz |
Zinsbindung bis |
Vertragslaufzeit |
Restschuld am 31.03.2022 |
DARL0001 |
4,65 |
30.06.2028 |
30.06.2028 |
2.161.916,44 |
DARL0016 |
2,83 |
30.03.2024 |
30.03.2024 |
993.957,04 |
DARL0017 |
2,83 |
30.03.2024 |
30.03.2024 |
57.145,95 |
DARL0061 |
3,06 |
30.12.2027 |
30.12.2027 |
1.500.000,00 |
DARL0070 |
0 |
15.08.2028 |
16.11.2031 |
1.573.650,00 |
DARL0077 |
0 |
30.03.2025 |
30.03.2035 |
3.900.000,00 |
DARL0078 |
0 |
29.03.2026 |
15.02.2036 |
462.000,00 |
DARL0086 |
0 |
29.03.2026 |
15.02.2036 |
238.000,00 |
DARL0087 |
0,05 |
15.05.2026 |
15.02.2036 |
697.130,00 |
DARL0088 |
0,05 |
15.05.2026 |
15.02.2036 |
389.430,00 |
DARL0091 |
0 |
19.10.2026 |
15.08.2036 |
703.250,00 |
DARL0092 |
0 |
19.10.2026 |
15.08.2036 |
166.750,00 |
DARL0097 |
0 |
12.04.2028 |
12.04.2028 |
2.072.379,50 |
DARL0100 |
0 |
30.03.2025 |
31.03.2032 |
5.000.000,00 |
DARL0101 |
0 |
30.09.2032 |
30.09.2032 |
3.675.000,00 |
DARL0107 |
-0,34 |
15.02.2031 |
15.02.2041 |
1.511.448,00 |
DARL0109 |
-0,34 |
15.08.2031 |
15.08.2031 |
5.279.910,00 |
DARL0110 |
-0,34 |
15.08.2031 |
15.08.2031 |
1.596.000,00 |
DARL0113 |
-0,01 |
15.11.2031 |
15.11.2031 |
702.000,00 |
Summe |
|
|
|
32.679.966,93 |
Nachrichtlich |
|
|
|
|
DARLKK01 |
0 |
18.12.2025 |
18.12.2025 |
23.500.000,00 |
Kassenkredit |
||||
PPP Kirchseeon |
4,76 |
01.09.2028 |
01.09.2028 |
4.011.794,06 |
DARL0111 - WBE |
0 |
31.12.2041 |
31.12.2041 |
1.245.400,00 |
Am 23.07.2018 hat der Landkreis den Kommunaldarlehensvertrag des Landkreises mit der SKE Gymnasium Kirchseeon GBR vom 02.05.2007 nach Ablauf von 10 Jahren gemäß § 489 Abs. 1 Ziff. 2 BGB mit Wirkung zum 28.02.2019 fristgerecht gekündigt. Diese Kündigung wurde von der Universal-Investment-Luxembourg mit Schreiben vom 30.07.2018 zurückgewiesen. Der Landkreis hat sich eines renommierten Fachanwalts zur Vertretung der Interessen des Landkreises bedient. Für die Restlaufzeit des Vertrages geht es um strittige Zinsverpflichtungen des Landkreises in Höhe von 1,4 Mio. €. In erster Instanz ist der Landkreis erwartungsgemäß unterlegen. Zurzeit befindet sich der Landkreis in der 2. Instanz. Im Jahr 2021 wurden die Zahlung der (unbestrittenen) Tilgungsraten inkl. der ausstehenden Raten seit März 2019 für das PPP-Kirchseeon wiederaufgenommen. Um weitere Verzugszinsen zu vermeiden wurde Ende März 2022 gemäß dem Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 11.02.2022 Zinszahlungen in Höhe von 536.688,18 € an SKE Gymnasium Kirchseeon GBR ausgezahlt. Bei diesen Zinszahlungen handelt es sich, um die Zinsen laut Zahlungsplan von März 2019 bis einschließlich Mai 2021.
Im Dezember 2020 wurde für die Rückzahlung der Gewerbesteuer inkl. Zinsen ein Kassenkredit in Höhe von 23,5 Mio. € aufgenommen. Dieser Kredit ist mit einem Zinssatz in Höhe von 0 % zu verzinsen und zum Stichtag 18.12.2025 in voller Höhe zurückzuzahlen. Der Beschluss für den Nachtragshaushalt, welcher aufgrund der Höhe des Kassenkredites erstellt werden musste, erfolgte am 14.12.2020 durch den Kreistag.
Seit der letzten Berichterstattung im Oktober 2021 wurde im Dezember 2021 ein Darlehen für die Wohnbaugesellschaft Ebersberg gKU in Höhe von 1.245.400 € aufgenommen. Der Landkreis hat bei den Banken bessere Konditionen, sodass das Darlehen mit einem Zinssatz von 0 % abgeschlossen werden konnte. Die Wohnbaugesellschaft übernimmt den gesamten Schuldendienst.
In der Haushaltssatzung 2022 ist eine Kreditermächtigung von 22,8 Mio. € vorgesehen. Zusätzlich wurde ein Teil der Kreditermächtigung aus 2021 in Höhe von 12,3 Mio. € für die Haushaltsreste 2021 in das Jahr 2022 übertragen. Im Januar 2022 wurde für das Bauvorhaben der Realschule Ebersberg ein Darlehen (DARL0113) in Höhe von 720.000 € abgerufen. Das Darlehen wurde mit einem Zinssatz von -0,01 % abgeschlossen. Im Jahr 2022 ist weiterhin vorgesehen, ein Darlehen für die Süderweiterung am SFZ Grafing in Höhe von 2,7 Mio. € abzurufen.
Insgesamt haben sich seit der letzten Berichterstattung am 12.10.2021 die Schulden des Landkreises um 5.756.159,59 € erhöht (unter Einbezug des PPP-Kirchseeon und der WBE um 6.698.465,23 € erhöht).
Seit dem 29.01.2021 besteht ein inneres Darlehen zur Liquiditätsüberbrückung des Landkreises gegenüber der Kommunalen Abfallwirtschaft in Höhe von 2 Mio. €.
Die Schulden des Landkreises betragen bei einer Einwohnerzahl zum 31.12.2020 von 144.091 rund 357 € pro Einwohner. Sie liegen damit weiterhin über dem Durchschnitt Bayerns bei der Landkreisverschuldung von 172 € pro Einwohner (Stand: 31.12.2020). Die durchschnittliche Verschuldung Oberbayerns liegt bei 220 € pro Einwohner.
Der Leitzins der
europäischen Zentralbank (EZB) beträgt seit 12.03.2016 0,00 %. Der Zins, zu dem
Banken Geld bei der EZB parken können, liegt derzeit bei -0,5 %. Nach wie vor
gilt: einen Zinsanstieg dürfte es auf absehbare Zeit nicht geben.
Im April 2022 beträgt der Zinssatz 1,09 % bei einem Kommunaldarlehen in Höhe von 1,5 Mio. € und bei einer Laufzeit von 5 Jahren. Bei 20 Jahren beträgt der Zinssatz 1,48 %.
Die
Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg und die Raiffeisenbank Ebersberg
erheben sogenannte Verwahrentgelte in Höhe von 0,5 % (ab 01.05.2020). Der
bisherige Freibetrag des Landkreises wurde bei der Sparkasse und bei der
Raiffeisenbank mit 250.000 € festgesetzt. Was bedeutet, dass für Guthaben des
Landkreises über der Summe von 250.000 € Verwahrentgelte in Höhe von 0,5 % zu
leisten sind.
Die bisherige Anlage von liquiden Mittel bei der LV 1871 wurden Mitte 2019 von der LV 1871 bis auf 510.000 € gekündigt. Zurzeit befinden sich bei der LV1871 lediglich 110.000 €, welche zu 0% verzinst werden.
Dem Landkreis (inkl. Kommunaler Abfallwirtschaft) entstanden dadurch im Jahr 2021 insgesamt Verwahrentgelte (Strafzinsen) in Höhe von 61.077,81 €.
Es wird weiterhin intensiv versucht die
liquiden Mittel mündelsicher und ohne Verwahrentgelte anzulegen.
Nach wie vor verliert angespartes Vermögen
täglich an Wert, dies wirkt sich sehr nachteilig auf die künftigen
Altersversorgungen aus.
Die bisher erzielten Zinsrückerstattungen im Überblick:
2007 |
54.611 |
2015 |
16.741 |
2008 |
339.140 |
2016 |
0 |
2009 |
222.999 |
2017 |
0 |
2010 |
367.590 |
2018 |
0 |
2011 |
612.300 |
2019 |
0 |
2012 |
400.000 |
2020 |
0 |
2013 |
63.204 |
2021 |
0 |
2014 |
40.091 |
|
|
|
|
Summe |
2.116.676 |
2. Warnindikatoren aus der Finanzleitlinie:
Der Kassenkredit wird bei
den Warnindikatoren nicht mitberücksichtigt, da dieser ausschließlich für die
Rückzahlung der Gewerbesteuer aufgenommen wurde und somit für die Finanzierung
der Investitionen (Schaffung von längerfristigen aktivierbaren Werten) keine
Rolle spielt (sogenannter konsumtiver Kredit). Im Schuldenstand 2021 ist
außerdem das Darlehen für die WBE und die Gesamtkosten für das PPP-Kirchseeon nicht
enthalten. Die Planwerte 2022 bis 2025 entsprechen dem Haushaltsplan 2022
inklusive der tatsächlich übertragenen Haushaltsreste aus 2021.
Warnindikator Schuldenabbau: Ab 2035 darf die Verschuldung des Landkreises höchstens 20 %
des Gesamtbetrags der Aufwendungen der Haushaltssatzung des jeweiligen
Planjahres betragen. Im Planjahr 2022 beträgt der Gesamtbetrag der Aufwendungen
178 Mio. €, würde die Regel also bereits wirksam sein, wäre der Indikator
überschritten. Am Jahresende 2022 wird die Verschuldung bei ca. 63,5 Mio. €
liegen, das wären 35,59 % und damit um 17,07 % über das Ist des Vorjahres 2021.
Diese deutliche Verschlechterung ist auf die allgemein geplante Erhöhung des
Schuldenstandes aufgrund von Investitionen und aufgrund der Haushaltsreste 2021
zurückzuführen.
Die
Konzernbetrachtung zeigt im Jahr 2020 eine Überschreitung des Wertes – der
Warnindikator liegt bei 20,37 %!
Darlehen werden vom Landkreis in 20 Jahren getilgt. Der
Indikator wird aber in den nächsten Jahren weiterhin deutlich überschritten
werden – es sind neue Kredite in Höhe von 29,4 Mio. € (2023 – 2025) in der
Finanzplanung aufgezeigt.
Das Finanzmanagement kann nur die
bestmöglichen Zinsbedingungen mit den Banken verhandeln, die Höhe der
Kreditaufnahmen dagegen nicht, sie sind die Folge von
Investitionsentscheidungen des Kreistags.
Warnindikator
Ergebnisüberschuss: Dieser Indikator muss im
Rahmen der jährlichen Haushaltsplanung eingehalten werden und beeinflusst
unmittelbar die Höhe der jeweils festzulegenden Kreisumlage. Der Ergebnisüberschuss
muss mindestens 4 % der Verschuldung zum 01.01. des Vorjahres bzw. mindestens 2
Mio. € betragen. Mit einem geplanten Ergebnisüberschuss 2022 in Höhe von 12,4
Mio. € liegt die Planung weit über dem Warnindikator. Dieser Ergebnisüberschuss
macht zudem rund 44 % der Verschuldung aus. Die Einhaltung dieses Indikators ist 2023 nicht
mehr sichergestellt. Es wird nur noch ein Ergebnisüberschuss von
445.561 € ausgewiesen. Das bedeutet, der Kreishaushalt läuft auf eine
Verschuldung aus dem jährlichen Konsum zu – er lebt „über seine Verhältnisse“! Um die
Investitionen finanzieren zu können, muss 2023 auch ein Ergebnisüberschuss in
Höhe von 10 Mio. € erwirtschaftet werden. Aufgrund der Umlagekraftsteigerung
ist dies 2022 möglich. Im Jahr 2023 fallen die einmaligen positiven Effekte für
die Kreis- und Bezirksumlage weg. Für das Jahr 2024 und 2025 müssen Ergebnisüberschüsse
in Höhe jeweils 11,75 Mio. € erwirtschaftet werden, um den Kassenkredit
zurückzahlen zu können.
Warnindikator Schuldendienst: Zins und Tilgung dürfen nicht mehr als 6,8 Mio. € in der
Planung betragen. 2022 betragen Zins und Tilgung rund 4,6 Mio. € und damit rund
1,3 Mio. € mehr als tatsächlich im Jahr 2021 angefallen sind. Verläuft die
Verschuldung planmäßig, wird der Indikator bis 2025 eingehalten. Jedoch kommt
es zu einer Annäherung des Grenzwertes.
Warnindikator Schuldenstand: Er darf 65 % des Gesamtbetrages der jährlichen Aufwendungen
des Ergebnishaushalts nicht überschreiten. Er beträgt am 31.12.2021 18,52 % und
damit 1,7 % mehr als im Vorjahr. Im Plan 2022 ist eine Steigerung des
Schuldenstandes auf rund 35,59 % vorgesehen.
Warnindikator Eigenfinanzierungsanteil: Bei Investitionen dürfen
nicht mehr als 75 % der Nettoaufwendungen über Darlehen finanziert werden. Für
die Planjahre 2022 bis 2025 wird der Eigenfinanzierungsanteil von 75 % nicht
erreicht. Im Jahr 2022 stehen den Investitionen in Höhe von 43,5 Mio. €
(Neuinvestitionen: 32,8 Mio. €, tatsächliche Haushaltsreste 10,7 Mio. €)
Kreditaufnahmen in Höhe von 35,1 Mio. € gegenüber. In den Kreditaufnahmen in
Höhe von 35,1 Mio. € ist das Brutto-Investitionsvolumen für die Haushaltsreste
2021 in Höhe von 12,3 Mio. € berücksichtigt. Für das Jahr 2023 muss laut
Finanzplanung fast das ganze Investitionsvolumen durch Kredite finanziert
werden. Ebenso stehen für die Jahre 2024 und 2025 keine Ergebnisüberschüsse für
die Finanzierung des Investitionsvolumens zur Verfügung, weil diese für die
Rückzahlung des Kassenkredites angespart werden müssen.
Die Warnindikatoren,
Schuldenabbau, Schuldendienst, Schuldenstand und Eigenfinanzierungsanteil haben
sich planmäßig gegenüber dem Vorjahr verschlechtert.
Besonderes Augenmerk gilt es auf den Warnindikator Schuldenabbau zu legen, der vorsieht zu lenken, dass die Verschuldung des Landkreises 2035 noch 20 % des Gesamtbetrags der Aufwendungen betragen soll. Aufgrund der Investitionstätigkeiten in der Finanzplanung wird der vorgegebene Wert von 20 % deutlich überschritten. Gerät dieser Warnindikator „aus den Fugen“, wird das auch den Warnindikator Schuldendienst negativ beeinflussen, was durch steigende Tilgungen sichtbar wird. Auch der Warnindikator zum Schuldenstand ist im Auge zu behalten und steigt in 2025 auf 41,58 % an. Der Warnindikator Eigenfinanzierungsanteil wird in den Planjahren 2022 bis 2025 ebenfalls deutlich überschritten. Ebenso wird der Warnindikator Ergebnisüberschüsse laut der jetzigen Planung in 2023 nicht eingehalten. Die Ergebnisüberschüsse in den Jahren 2024 und 2025 stehen nicht für die Finanzierung von Investitionen zur Verfügung, sondern müssen für die Rückzahlung des Kassenkredites angespart werden.
Auswirkungen auf den Klimaschutz:
Dem Kreis- und Strategieausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:
Den nächsten Halbjahresbericht erhält der Kreis- und Strategieausschuss in seiner Sitzung im Oktober 2022.
Der Halbjahresbericht zur Leitlinie des Kreistags
für das Kommunale Schuldenmanagement des Landkreises Ebersberg zeigt für 2022
eine kritische Entwicklung. Das wird sich in den künftigen Jahren nicht ändern.