Antrag der Johanniter auf Defizitförderung
Diese Angelegenheit wurde bereits behandelt im
SFB-Ausschuss am 23.03.2022, TOP 9a
SFB-Ausschuss am 12.10.2022, TOP 10a
Kreis- und Strategieausschuss am 07.11.2022
Anstelle der
zunächst auf Schloss Zinneberg geplanten staatlichen Fachakademie für Sozialpädagogik
entstand Anfang des Jahres auf Initiative der Marktgemeinde Kirchseeon zusammen
mit den Johannitern und dem Berufsbildungswerk St. Zeno ein Konzept für eine
private Fachakademie im Landkreis Ebersberg. Die Idee wurde zunächst am
07.02.2022 in der Bürgermeisterdienstbesprechung und anschließend dem
SFB-Ausschuss in der März-Sitzung vorgestellt. Martin Swoboda, Vorstand
Johanniter Regionalverband, beantragt eine kommunale Beteiligung an der
privaten Fachakademie.
Zur
Finanzierung der privaten, zunächst staatlich zu genehmigenden und später
staatlich anerkannten Fachakademie wies die Verwaltung darauf hin, dass eine
kommunale Beteiligung nicht vorgesehen ist:
Private
Träger können „auskömmliche“ staatliche Zuschüsse (Schulgeldersatz,
Klassenboni, Betriebszuschuss) beantragen und verlangen regelmäßig kein
Schulgeld. Nach Art. 47 Abs. 3 BaySchFG und § 22 Abs. 1 AVBaySchFG ersetzt der
Staat das Schulgeld für Schülerinnen und Schüler, die eine staatlich
anerkannten Ersatzschule (...) besuchen, bis zu 110 EUR je Unterrichtsmonat.
In den
ersten Jahren erfolgt jedoch keine vollständige Kostendeckung. Für den
notwendigen Personal- und Schulaufwand staatlich anerkannter Fachakademien
erhält der Schulträger gemäß Art. 41 Abs. 1 Satz 1, 3 Ziffer 3 BaySchFG einen
Betriebszuschuss in Höhe von 100 % des Lehrpersonalaufwands.
Ersatzschulen,
wie eine private Fachakademie, haben keinen Anspruch auf die Erhebung von
Gastschulbeiträgen. Im letzten Schuljahr besuchten 156 Vollzeit- und 262
Teilzeitschüler*innen aus dem Landkreis Ebersberg staatliche Fachakademien in
der Landeshauptstadt München sowie den Landkreisen Starnberg und Freising.
Durch die
Errichtung der privaten Fachakademie spart sich der Landkreis Mietzahlungen und
Sachaufwand. Mit der beantragten Defizitförderung trägt der Landkreis aber freiwillig
zusätzlich u.a. die Personalkosten für Schulleitung, Dozenten und Verwaltung,
die bei einer staatlichen Schule von Anfang an der Freistaat tragen würde.
In der
Sitzung des SFB-Ausschusses am 12.10.2022 hat Herr Boris Cramer, Vorstandsreferent
im Regionalverbund München das OptiPrax-Konzept (vgl. Anl. 1) vorgestellt.
Aus dem Gremium wurde die Frage aufgeworfen, ob die Defizitförderung beihilfe-
und vergaberechtlich unbedenklich sei.
Vergaberechtliche Prüfung
1.
Trägerschaft
Die
Fachakademie für Sozialpädagogik der Johanniter Unfallhilfe e.V. ist eine
Ersatzschule im Sinne des Art. 91 BayEUG und somit gem. Art. 92 Abs. 1 BayEUG
genehmigungsbedürftig. Da diese Genehmigung nicht der Landkreis erteilt, hat
dieser auch keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Träger der
Fachakademie. Die Voraussetzungen für einen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 103
Abs. 1 GWB sind hier nicht gegeben, da diese Genehmigung keinen Vertrag,
sondern einen Verwaltungsakt darstellt, wodurch der Anwendungsbereich des
Vergaberechts nicht eröffnet ist.
2.
Defizitförderung
Da aktuell
noch kein Vertragsentwurf vorliegt, kann nur geprüft werden, was dem aktuellen
Beschluss des Kreis- und Strategieausschusses vom 07.11.2022 zu entnehmen ist.
Neben der Defizitförderung von insgesamt bis zu 1,47 Mio. € und der
Beauftragung der Verwaltung eine Vereinbarung mit der Johanniter-Unfall-Hilfe
e.V. zu schließen, die festlegen soll, dass dauerhaft keine Schüler aus dem
Landkreis Ebersberg an der Fachakademie für Sozialpädagogik abgelehnt werden
dürfen, sind bislang keine weiteren Regelungsinhalte gegeben.
Die hier zu
schließende Fördervereinbarung mit der oben genannten Auflage stellt keine
große einklagbare Verpflichtung dar. Der Landkreis beabsichtigt nicht, mit
diesem Defizitausgleich einen konkreten Einfluss auf den Schulbetrieb zu
nehmen.
Auf Basis
der aktuellen Sachlage ist auch hier das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags
i.S.d. § 103 Abs. 1 GWB zu verneinen, da keine einklagbare Verpflichtung
vorliegt, wodurch auch die Defizitförderung der Johanniter Unfallhilfe e.V.
vergaberechtsfrei ergehen darf.
Offen bleibt
aus Sicht der Zentralen Vergabestelle aber noch, ob es sich ggf. um einen Fall
des Art. 69 Abs. 3 LKrO handelt und ggf. Landkreisvermögen „verschenkt“ wird. Dies
ist noch zu prüfen, so dass der Vorbehaltsbeschluss aufrecht erhalten bleiben
sollte.
EU-Beihilferechtliche Prüfung
Rückfragen
bei der Regierung von Oberbayern und dem Bayer. Staatsministerium der Finanzen
und für Heimat haben leider keine Klärung erbracht. Die Verwaltung schlägt vor,
den Sachverhalt durch einen Fachanwalt (Lutz und Abel) prüfen zu lassen.
Nach
Vorberatung im SFB-Ausschuss am 12.10.2022 beschloss der Kreis- und
Strategieausschuss am 07.11.2022 einstimmig den nachfolgenden
Beschlussvorschlag.
Auswirkungen auf den Klimaschutz:
Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:
1. Der Landkreis unterstützt die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. bei Gründung einer Fachakademie für Sozialpädagogik in den ersten 5 Schuljahren voraussichtlich ab 2023 mit einer Defizitförderung von insgesamt bis zu maximal 1,47 Mio. EUR.
2. Die Verwaltung wird beauftragt eine Vereinbarung mit der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. zu schließen, die u.a. festlegt, dass dauerhaft kein Schüler aus dem Landkreis Ebersberg an der Fachakademie für Sozialpädagogik abgelehnt werden darf.
3. Ziffer 1 und Ziffer 2 dieses Beschlusses stehen unter dem Vorbehalt einer EU-beihilferechtlichen sowie vergaberechtlichen Unbedenklichkeit, die von Seiten der Verwaltung geprüft wird.
4. Die Verwaltung und die Johanniter werden beauftragt, die maximale Defizitförderung nach Ziffer 1 dieses Beschlusses auch über Fundraising – nach Möglichkeit – zu reduzieren.
5. Sollte die Defizitförderung ausgeschrieben werden müssen, wird die Verwaltung mit der Ausschreibung beauftragt; die Ziffern 1, 2 und 4 gelten dann entsprechend für den Gewinner der Ausschreibung.
Auswirkung auf den Haushalt:
Freiwillige Leistungen in folgender Höhe:
2023 |
150.000,00 € |
2024 |
260.000,00 € |
2025 |
480.000,00 € |
2026 |
370.000,00 € |
2027 |
210.000,00 € |