Vorberatung        

Kreis- und Strategieausschuss am 25.04.2022, TOP 7

Sachvortragende(r):

Katja Witschaß, Mitarbeiterin SG 14, Finanzen und Beteiligungen

Katja Witschaß hält anhand einer Präsentation (Anlage 7 zum Protokoll) einen Sachvortrag und informiert, dass der Halbjahresbericht zur Leitlinie des Kreistags für das Kommunale Schuldenmanagement des Landkreises Ebersberg für 2022 eine kritische Entwicklung zeige, was sich auch in den künftigen Jahren nicht ändern werde.

KR Alexander Müller gibt zu bedenken, dass der Landkreis bei einer Kreditaufnahme von 100 Mio. € bei einer Laufzeit von 20 Jahren mit ca. 30 Mio. € Zinsen rechnen müsse. Er erkundigt sich, wie viel der Landkreis bereits für den Rechtsstreit ‚Kündigung des PPP-Vertrages für das Gymnasium Kirchseeon‘ ausgegeben habe und, ob es überhaupt Sinn mache diesen bei einem Streitwert von ca. 1 Mio. € fortzuführen. Des Weiteren erkundigt er sich zum Verfahrensstand des anhängigen Rechtsstreites ‚Steuersache‘ und zu dessen Erfolgsaussichten sowie über die Höhe der bisher angefallenen Kosten.

Brigitte Keller, Finanzmanagerin und Leiterin der Abteilung 1 (Zentrales und Bildung) informiert, dass die SKE Gymnasium Kirchseeon GBR, mit der der Landkreis ursprünglich den Vertrag abgeschlossen habe, ihn an Dritte verkauft habe. Von daher habe der Rechtsstreit bezüglich der Kündigung des PPP-Vertrages eine grundsätzliche Bedeutung für alle Kommunen. Es müssen alle Rechtsmittelinstanzen durchlaufen werden. Zurzeit befindet sich der Landkreis in der 2. Instanz und werde juristisch von Herrn Rainer Lechleitner begleitet, so Brigitte Keller weiter. Das Verfahren werde sich noch einige Zeit hinziehen. Die Information zu den bisher angefallenen Kosten für die beiden Rechtsstreite wird als Protokollnotiz[1] nachgereicht.

Michael Ottl, wissenschaftlicher Rechtsberater und Leiter Büro des Landrats informiert über eine schriftliche Anfrage von KR Manfred Schmidt zum anhängigen Rechtsstreit bezüglich der Steuersache, die er mit Einverständnis von KR Schmidt gleich hier beantwortet:

1.    Wie ist der aktuelle Verfahrensstand in der Steuersache?

Die Rechtssache ist beim Finanzgericht München anhängig. Die in dem Verfahren zu klärenden Rechtsfragen sind höchst komplex und größtenteils noch nicht durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt. Hierbei geht es vor allem um verfahrensrechtliche Fragen, die Regelungen der Abgabeordnung betreffen.

Die Frage der Erhebung der Gewerbesteuer betrifft auf der einen Seite den Landkreis sowie die Landeshauptstadt München als (mögliche) Empfänger der Gewerbesteuer und auf der anderen Seite die steuerpflichtigen Fondsgesellschaften. Da es sich um unterschiedliche Klageparteien handelt, wurden die beim Gericht anhängigen Klagen der Fondsgesellschaften und des Landkreises zwischenzeitlich verbunden. Die zuständige Richterin arbeitet sich nach eigener Aussage gerade in den Sachstand ein.

2.    Hat der Landkreis alles unternommen, um sich vor Rechtsverlusten zu bewahren (z.B. einstweiliger Rechtsschutz; informelle Gespräche zwischen den Beteiligten oder dem Richter)?

Ja, der Landkreis hat diesbezüglich alles unternommen. Das Verfahren wird von einer renommierten Kanzlei in München geführt in Zusammenarbeit mit einem ehemaligen BFH-Richter. Gegen sämtliche Bescheide, die das Gewerbesteueraufkommen dem Landkreis entziehen würden, wurde Einspruch eingelegt bzw. Klage erhoben. Es wurde auch vorläufiger Rechtsschutz (Aussetzung der Vollziehung) beantragt und vom Finanzamt bewilligt.

Gespräche mit den Finanzämtern und auch der Landeshauptstadt wurden von Seiten der vom Landkreis beauftragten Kanzlei geführt, jeweils ohne durchschlagenden Erfolg. Ein Gespräch mit der Richterin macht erst dann Sinn, wenn sie sich in die Sache eingelesen hat, wie sie selbst mitgeteilt habe. 

 

KR Reinhard Oellerer erkundigt sich, wie viel der Landkreis im Jahr 2022 an Investitionen leisten und an Krediten aufnehmen werde.  

Brigitte Keller antwortet, dass diese Frage nicht einfach zu beantworten sei, da die Kredite mit den Baumaßnahmen und Zuschussprogrammen zusammenhängen. Sie sichert zu, die Information als Protokollnotiz[2] nachzureichen. Künftig, so Brigitte Keller, solle der Bericht um die geplanten Kreditaufnahmen mit den Baumaßnahmen erweitert werden. Sie informiert, dass bei großen Baumaßnahmen der Landkreis günstigere Konditionen für Kredite bekomme und bei nicht zuschussfähigen oder in sich lohnende Kreditaufnahmen innerhalb von Baumaßnahmen auch ein Kommunalkredit aufgenommen werden würde, was die Kreistagsmitglieder künftig in der Auflistung sehen werden.

KR Reinhard Oellerer moniert zum PPP-Rechtsstreit, dass die Verwaltung nicht den Kreis- und Strategieausschuss vor der Entscheidung über die Ausschöpfung des finanzgerichtlichen Instanzenzuges eingeschaltet habe. In diesem Zusammenhang hinterfragt er auch den Kosten-Nutzen-Faktor der 2. Instanz und die Begrifflichkeit Endurteil im zuletzt ergangenen Urteil.

Michael Ottl erläutert die Begrifflichkeit Finanzgerichtsbarkeit, die anders als die übrigen Gerichtsbarkeiten, zweistufig sei und die Steuersache betreffe. Dies habe nichts mit dem PPP-Rechtsstreit beim Oberlandesgericht zu tun. Der Begriff Endurteil bedeute nicht, dass der Instanzenzug bereits ausgeschöpft wäre. Hierbei handele es sich vielmehr um einen Begriff aus der Zivilprozessordnung. Hierdurch solle der Abschluss einer Instanz verdeutlicht werden.

Brigitte Keller erläutert die Historie zur Steuersache und beantwortet damit eine Verständnisfrage. 

KR Albert Hingerl erkundigt sich, ob es sich hier nicht um eine Haftungsfrage handele, nachdem, wie von Brigitte Keller ausgeführt, von Seiten des Finanzamtes Ebersberg ein Fehler begangen wurde.

Michael Ottl antwortet, dass noch nicht feststehe, ob der Landkreis etwas unrechtmäßig bekommen habe, denn das sei ein Teil der Rechtsfrage, was in diesem Verfahren geklärt werde, ob der Steuersitz München oder Ebersberg war. Die Haftungsfrage würde sich nur dann stellen, wenn das Gericht jetzt feststellen würde, so Michael Ottl, dass der Landkreis Ebersberg die Steuergelder unrechtmäßig bekommen hätte. Dann wäre zu klären, ob Haftungsansprüche bestünden.

Der Landrat bittet, den 2. Halbjahresbericht 2022 zur Kenntnis zu nehmen.



[1] Protokollnotiz:

PPP Rechtstreit:                         Stand 27.11 - 197.895,42 €

Steuersache Finanzamt EBE:    Stand 27.11 – 362.083 €

[2] Protokollnotiz:

Zum 27.11 sind 8,7Mio. € Investitionen gelaufen. Wir haben 0,7 Mio. € als Kredit aufgenommen.

Wir planen bis 31.12 noch 1,2 Mio. € als Kredit aufzunehmen.