Betreff
Finanzleitlinie "Kommunales Schuldenmanagement"; 2. Halbjahresbericht 2021
Vorlage
2020/0244
Art
Sitzungsvorlage

Diese Angelegenheit wurde zuletzt behandelt im

Kreis- und Strategieausschuss am 26.04.2021, TOP 7

Zur Finanzleitlinie des Landkreises ist eine halbjährliche Berichterstattung vereinbart. Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 29.02.2016 die Finanzleitlinie angepasst und neu beschlossen. Die Warnindikatoren sowie die Berichterstattung blieben unverändert.

Die Warnindikatoren werden halbjährlich durch den Kreis- und Strategieausschuss überprüft. Darüber hinaus ist die Finanzleitlinie sowie deren Indikatoren auch Gegenstand der jährlichen Haushaltsberatung.

In der Anlage befindet sich eine Zusammenstellung der Entwicklung der einzelnen Warnindikatoren aus der Finanzleitlinie für den Landkreis. Zudem werden die Warnindikatoren basierend auf den konsolidierten Jahresabschlüssen des Landkreises aus den Jahren 2015 bis 2020 auf den „Konzern Landkreis“ übertragen.

1. Aktuelle Entwicklungen in der Zinssicherung

Im Juni 2020 war eine Adjustierung der bestehenden Zinssicherungsverträge erforderlich, um das kommunalrechtliche Prinzip der Konnexität (Verbindung abgesichertes Grundgeschäft zu Sicherungsinstrument) einzuhalten. Die aktive Zinssteuerung entwickelt sich in den betrachteten Szenarien (Zinsen steigen mit +4%/5 Jahre, +2%/2 Jahre, keine Veränderung und Zinsen sinken, -0,5%/2 Jahren) nun wieder eng gebündelt und folgt dem kommunalen Prinzip der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Zinssicherungsverträge wurden mit dem Bankhaus Lampe vereinbart.

Nachfolgend das aktuelle Portfolio mit dem Restschuldenstand am 31.08.2021:

 

Nummer

Zinssatz

Zinsbindung bis

Vertragslaufzeit

Restschuld am 31.08.2021

DARL0001

4,65

30.06.2028

30.06.2028

2.389.458,86

DARL0016

2,83

30.03.2024

30.03.2024

1.360.009,45

DARL0017

2,83

30.03.2024

30.03.2024

78.191,53

DARL0061

3,06

30.12.2027

30.12.2027

1.625.000,00

DARL0070

0

15.08.2028

16.11.2031

1.654.350,00

DARL0077

0

30.03.2025

30.03.2035

4.050.000,00

DARL0078

0

29.03.2026

15.02.2036

478.500,00

DARL0086

0

29.03.2026

15.02.2036

246.500,00

DARL0087

0,05

15.05.2026

15.02.2036

723.842,00

DARL0088

0,05

15.05.2026

15.02.2036

404.352,00

DARL0091

0

19.10.2026

15.08.2036

727.500,00

DARL0092

0

19.10.2026

15.08.2036

172.500,00

DARL0097

0

12.04.2028

12.04.2028

2.149.879,50

DARL0100

0

30.03.2025

31.03.2032

5.375.000,00

DARL0101

0

30.09.2032

30.09.2032

3.937.500,00

DARL0107

-0,34

15.02.2031

15.02.2041

1.551.224,00

Summe

 

 

 

26.923.807,34

Nachrichtlich

 

 

 

 

PPP Kirchseeon

4,76

01.09.2028

01.09.2028

4.314.888,42

DARLKK01
  Kassenkredit

0

18.12.2025

18.12.2025

23.500.000,00

 

Am 23.07.2018 hat der Landkreis den Kommunaldarlehensvertrag des Landkreises mit der SKE Gymnasium Kirchseeon GBR vom 02.05.2007 nach Ablauf von 10 Jahren gemäß § 489 Abs. 1 Ziff. 2 BGB mit Wirkung zum 28.02.2019 fristgerecht gekündigt. Diese Kündigung wurde von der Universal-Investment-Luxembourg mit Schreiben vom 30.07.2018 zurückgewiesen. Der Landkreis hat sich eines renommierten Fachanwalts zur Vertretung der Interessen des Landkreises bedient. Für die Restlaufzeit des Vertrages geht es um strittige Zinsverpflichtungen des Landkreises in Höhe von 1,4 Mio. €. In erster Instanz ist der Landkreis erwartungsgemäß unterlegen. Zurzeit befindet sich der Landkreis in der 2. Instanz. Dieses Jahr wurden die Zahlung der (unbestrittenen) Tilgungsraten inkl. der ausstehenden Raten seit März 2019 für das PPP-Kirchseeon wiederaufgenommen.

 

Im Dezember 2020 wurde für die Rückzahlung der Gewerbesteuer inkl. Zinsen ein Kassenkredit in Höhe von 23,5 Mio. € aufgenommen. Dieser Kredit ist mit einem Zinssatz in Höhe von 0 % zu verzinsen und zum Stichtag 18.12.2025 in voller Höhe zurückzuzahlen. Der Beschluss für den Nachtragshaushalt, welcher aufgrund der Höhe des Kassenkredites erstellt werden musste, erfolgte am 14.12.2020 durch den Kreistag.

 

Die Rückzahlung der Restschuld des Darlehen 0067 in Höhe von ca. 943.000 € erfolgte im Sommer 2021. Das Darlehen hatte einen hohen Zinssatz von 4,35 % und aufgrund der Vertragsbedingungen eine niedrige Vorfälligkeitsentschädigung, sodass mit dieser Rückzahlung rund 46.000 € an Zinsen eingespart werden konnten. Bei den anderen Darlehen mit hohem Zinssatz ist dieses Vorgehen aufgrund der Vertragsbedingungen nicht rentabel.

In der Haushaltssatzung 2021 ist eine Kreditermächtigung von 24,7 Mio. € vorgesehen. Im Januar 2021 wurde für das Bauvorhaben des Gymnasiums Vaterstetten ein Kreditvertrag in Höhe von 1.591.000 € abgeschlossen. Die Auszahlung zwei weiterer Kreditverträge (5,6 Mio. € für das Gymnasium Vaterstetten und 1,7 Mio. € für die Sanierung der Realschule Ebersberg) sind zurzeit in Bearbeitung. Die 720.000 € für die Aufstockung der Realschule Ebersberg werden entweder am Ende dieses Jahres oder Anfang nächstes Jahres in Anspruch genommen.

 

Insgesamt haben sich seit der letzten Berichterstattung am 26.04.2021 die Schulden des Landkreises um 2.338.778,46 € reduziert (mit Einbezug des PPP-Kirchsseon um 3.546.709,18 reduziert).

 

Seit dem 29.01.2021 besteht ein inneres Darlehen zur Liquiditätsüberbrückung des Landkreises gegenüber der Kommunalen Abfallwirtschaft in Höhe von 2 Mio. €.

 

Die Schulden des Landkreises betragen bei einer Einwohnerzahl zum 31.12.2019 von 143.649 rund 251 € pro Einwohner. Sie liegen damit weiterhin über dem Durchschnitt Bayerns bei der Landkreisverschuldung von 183 € pro Einwohner (Stand: 31.12.2019). Die durchschnittliche Verschuldung Oberbayerns liegt bei 225 € pro Einwohner.

Der Leitzins der europäischen Zentralbank (EZB) beträgt seit 12.03.2016 0,00 %. Der Zins, zu dem Banken Geld bei der EZB parken können, liegt derzeit bei -0,5 %. Nach wie vor gilt: einen Zinsanstieg dürfte es auf absehbare Zeit nicht geben.

 

Bei einem Kommunaldarlehen mit einer Laufzeit von 5 Jahren ist im September 2021 mit einem Zins von 0,00 bis 0,06 % zu rechnen, dabei kommt es auf die Höhe der Darlehenssumme an. Bei 20 Jahren beträgt der Zinssatz 0,50 %.

 

Die Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg und die Raiffeisenbank Ebersberg erheben sogenannte Verwahrentgelte in Höhe von - 0,4 % bzw. ab 01.05.2020 von - 0,5 %. Der bisherige Freibetrag des Landkreises wurde bei der Sparkasse mit 6 Mio. € und bei der Raiffeisenbank mit 250.000 € angegeben. Zum 01.05.2020 änderte die Sparkasse diesen ebenfalls auf 250.000 €. Was bedeutet, dass für Guthaben des Landkreises über der Summe von 250.000 € Verwahrentgelte in Höhe von 0,5 % zu leisten sind.

 

Die bisherige Anlage von liquiden Mittel bei der LV 1871 wurden Mitte 2019 von der LV 1871 bis auf 510.000 € gekündigt. Zurzeit befinden sich bei der LV1871 lediglich 110.000 €, welche zu 0% verzinst werden.

 

Dem Landkreis (inkl. Kommunaler Abfallwirtschaft) entstanden dadurch im Jahr 2020 insgesamt Verwahrentgelte (Strafzinsen) in Höhe von 54.206,82 €.

 

Im Jahr 2021 sind dem Landkreis bisher (Stand 01.09.2021) Verwahrentgelte in Höhe von 24.612,71 € entstanden.

 

Es wird weiterhin intensiv versucht die liquiden Mittel (mündel)sicher und ohne Verwahrentgelte anzulegen.

 

Nach wie vor verliert angespartes Vermögen täglich an Wert, dies wirkt sich sehr nachteilig auf die künftigen Altersversorgungen aus.

Die bisher erzielten Zinsrückerstattungen im Überblick:

2007

54.611

2014

40.091

2008

339.140

2015

16.741

2009

222.999

2016

0

2010

367.590

2017

0

2011

612.300

2018

0

2012

400.000

2019

0

2013

63.204

2020

0

 

 

Summe

2.116.676

 

2. Warnindikatoren aus der Finanzleitlinie:

 

Der Kassenkredit wird bei den Warnindikatoren nicht mitberücksichtigt, da dieser ausschließlich für die Rückzahlung der Gewerbesteuer aufgenommen wurde und somit für die Finanzierung der Investitionen (Schaffung von längerfristigen aktivierbaren Werten) keine Rolle spielt (sogenannter konsumtiver Kredit).

 

Warnindikator Schuldenabbau: Ab 2035 darf die Verschuldung des Landkreises höchstens 20 % des Gesamtbetrags der Aufwendungen der Haushaltssatzung des jeweiligen Planjahres betragen. Im Planjahr 2021 beträgt der Gesamtbetrag der Aufwendungen 156 Mio. €, würde die Regel also bereits wirksam sein, wäre der Indikator überschritten. Am Jahresende 2021 wird die Verschuldung bei ca. 49,2 Mio. € liegen, das wären 32 % und damit um 15 % über das Ist des Vorjahres 2020. Diese deutliche Verschlechterung ab 2021 ist auf die allgemein geplante Erhöhung des Schuldenstandes aufgrund von Investitionen zurückzuführen.

Die Konzernbetrachtung zeigt im Jahr 2020 nur eine leichte Überschreitung des Wertes – der Warnindikator liegt bei 20,37 %!

Im Konzern Landkreis wird die Strategie des Kreistags sichtbar, Schulden bei der „Mutter“ aufzunehmen und zentral zu steuern. Durch die Vergrößerung des Bilanzvolumens im Konzern verbessert sich die Sicht auf diesen Warnindikator in der Konzernbetrachtung.

Darlehen werden vom Landkreis in 20 Jahren getilgt. Der Indikator wird aber in den nächsten Jahren weiterhin deutlich überschritten werden – es sind neue Kredite in Höhe von 32,9 Mio. € (2022 – 2024) in der Finanzplanung aufgezeigt.

Das Finanzmanagement kann nur die Zinsen bestmöglich managen, die Höhe der Kreditaufnahmen dagegen nicht, sie sind die Folge von Investitionsentscheidungen des Kreistags.

Warnindikator Ergebnisüberschuss: Dieser Indikator muss im Rahmen der jährlichen Haushaltsplanung eingehalten werden und beeinflusst unmittelbar die Höhe der jeweils festzulegenden Kreisumlage. Der Ergebnisüberschuss muss mindestens 4 % der Verschuldung zum 01.01. des Vorjahres bzw. mindestens 2 Mio. € betragen. Mit einem geplanten Ergebnisüberschuss 2021 in Höhe von 3,8 Mio. € liegt die Planung noch über dem Warnindikator. Dieser Ergebnisüberschuss macht zudem rund 11 % der Verschuldung (zum 01.01. des Vorjahres) aus. Laut der Finanzplanung (2022-2024) kann der geplante Ergebnisüberschuss von mindestens 2 Mio.€ in den Jahren 2022 und 2023 nicht eingehalten werden. 2022 rechnet die derzeitige Finanzplanung sogar mit einem negativen Jahresergebnis, was im Rahmen der Haushaltsplanung 2022 dringend zu korrigieren ist. Ebenso wird (aktuell) der Ergebnisüberschuss von 4 % der Verschuldung, bis auf das Jahr 2024 nicht erreicht.

Warnindikator Schuldendienst: Zins und Tilgung dürfen nicht mehr als 6,8 Mio. € in der Planung betragen. 2021 betragen Zins und Tilgung rund 3,8 Mio. € und damit fast 8,9 Mio. € weniger als tatsächlich im Jahr 2020 angefallen sind. Im Jahr 2020 verursachte die Rückzahlung der Zinsen bezüglich der Gewerbesteuer mit ca. 9,3 Mio. € die Überschreitung des Warnindikators. In der Konzernbetrachtung wird der Wert 2020 ebenfalls nicht eingehalten.

Warnindikator Schuldenstand: Er darf 65 % des Gesamtbetrages der jährlichen Aufwendungen des Ergebnishaushalts nicht überschreiten. Er beträgt am 31.12.2020 16,78 % und damit 8,78 % weniger als im Vorjahr. Im Plan 2021 ist eine Steigerung des Schuldenstandes auf rund 31,57 % vorgesehen.

Warnindikator Eigenfinanzierungsanteil: Bei Investitionen dürfen nicht mehr als 75 % der Nettoaufwendungen über Darlehen finanziert werden. Für die Planjahre 2021 bis 2023 wird der Eigenfinanzierungsanteil von 25 % nicht erreicht. Im Jahr 2021 stehen den Investitionen in Höhe von 22,7 Mio. € sogar geplanten Kreditaufnahmen in Höhe von 24,7 Mio. € gegenüber. Hintergrund ist, dass bei den geplanten Kreditaufnahmen nicht nur die Finanzierung der Investitionen mitberücksichtigt sind, sondern auch die Restrate des PPP-Modells Kirchseeon in Höhe von ca. 5 Mio. € und die Verwendung des geplanten Ergebnisüberschusses von 3 Mio. €.

Die Warnindikatoren, Schuldenabbau, Schuldenstand und Eigenfinanzierungsanteil haben sich planmäßig gegenüber dem Vorjahr verschlechtert.

Besonderes Augenmerk gilt es auf den Warnindikator Schuldenabbau zu legen, der vorsieht zu lenken, dass die Verschuldung des Landkreises 2035 noch 20 % des Gesamtbetrags der Aufwendungen betragen soll. Aufgrund der Investitionstätigkeiten in der Finanzplanung wird der vorgegebene Wert von 20 % deutlich überschritten. Gerät dieser Warnindikator „aus den Fugen“, wird das auch den Warnindikator Schuldendienst negativ beeinflussen, was durch steigende Tilgungen sichtbar wird. Auch der Warnindikator zum Schuldenstand ist im Auge zu behalten. Dieser steigt in 2023 auf 45,59 % an. Ebenso wird der Warnindikator Ergebnisüberschüsse laut der jetzigen Planung 2022 und 2023 nicht eingehalten. 2022 sieht die Finanzplanung sogar einen Ergebnisfehlbetrag in Höhe von 2,2 Mio. € vor. Der Warnindikator Eigenfinanzierungsanteil wird in den Planjahren 2021 bis 2023 ebenfalls deutlich überschritten.

Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

                                                                       ja, positiv

                                                                       ja, negativ

                                                                       nein

Dem Kreis- und Strategieausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

Den nächsten Halbjahresbericht erhält der Kreis- und Strategieausschuss in seiner Sitzung im Mai 2022.

Auswirkung auf den Haushalt:

Der Halbjahresbericht zur Leitlinie des Kreistags für das Kommunale Schuldenmanagement des Landkreises Ebersberg zeigt für 2021 eine kritische Entwicklung. Das wird sich in den künftigen Jahren nicht ändern.