Betreff
Sachaufwand Schulen; Einsatz mobiler Raumluftreiniger an Schulen
Vorlage
2021/0409
Aktenzeichen
11/2
Art
Sitzungsvorlage

Diese Angelegenheit wurde bereits behandelt im

SFB-Ausschuss am 14.10.2020, TOP 11ö

SFB-Ausschuss am 10.03.2021, TOP 5ö

 

Der Rahmenhygieneplan zur Umsetzung des Schutz- und Hygienekonzepts für Schulen nach der jeweils geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Rahmenhygieneplan Schulen) vom 05.07.2021 stellt in Ziffer 4.2.2 fest, dass dem infektionsschutzgerechten Lüften enorme Bedeutung zukommt, um die Virenlast und damit die Ansteckungsgefahr in Gebäude­innenräumen durch regelmäßige Frischluftzufuhr zu verringern:

 

„Als Indikator für eine gute Raumluft kann die CO2-Konzentration herangezogen werden. Der allgemein als akzeptabel eingestufte Wert von 1.000 ppm (Pettenkofer-Zahl) sollte in der Zeit der Epidemie, soweit wie möglich, unterschritten werden. Mit der CO2-App (Rechner und Timer) des Instituts für Arbeitsschutz (IFA) lässt sich überschlägig die CO2-Konzentration in Räumen berechnen und die optimale Zeit und Frequenz zur Lüftung eines Raumes bestimmen. Zur Überprüfung der Luftqualität kann auch der Einsatz einer CO2-Ampel beziehungsweise eines CO2-Sensors oder eine CO2-Messung hilfreich sein.

 

Mindestens alle 45 min ist eine Stoßlüftung bzw. Querlüftung durch vollständig ge­öffnete Fenster über mehrere Minuten (mindestens 5 min) vorzunehmen; sofern der CO2-Grenzwert nicht mit CO2-Ampeln oder Messgeräten überprüft wird, ist grund­sätzlich alle 20 min eine zusätzliche Stoßlüftung bzw. Querlüftung vorzunehmen. Eine ausschließliche Kipplüftung ist weitgehend wirkungslos, weil durch sie kaum Luft ausgetauscht wird. Ist eine solche Stoßlüftung oder Querlüftung nicht möglich, weil z. B. die Fenster nicht vollständig geöffnet werden können, muss durch längere Lüftungszeit und Öffnen von Türen ein ausreichender Luftaustausch ermöglicht werden.“

 


„Bei Räumen ohne zu öffnende Fenster oder mit raumlufttechnischen Anlagen ohne oder mit zu geringer Frischluftzufuhr hat die Schulleitung mit dem zuständigen Sach­aufwandsträger geeignete Maßnahmen zu treffen (z. B. zeitweise Öffnung an sich verschlossener Fenster). Grundsätzlich sollten raumlufttechnische Anlagen mit möglichst hohem Frischluftanteil betrieben werden.“

 

Die angesprochenen CO2-Ampeln hat der Landkreis nach einer Bedarfsabfrage bereits im letzten Jahr beschafft.

 

Der Einsatz raumlufttechnischer Anlagen mit Frischluftzufuhr und die entsprechenden Förder­richtlinien werden am 21.07.2021 im zuständigen LSV-Ausschuss angesprochen.

 

Die mobilen Raumluftreiniger filtern die Raumluft dagegen im „Umluftverfahren“, verändern damit nicht den CO2-Gehalt und können deshalb das regelmäßige Lüften, wie es im Rahmenhygieneplan beschrieben ist, nicht ersetzen. Regelmäßiges Lüften senkt wiederum die Aerosolbelastung in den Unterrichtsräumen.

 

Am 10.03.2021 hat der SFB-Ausschuss folgenden Beschluss gefasst:

 

1.        Die Verwaltung wird beauftragt, mit den Schulleitern der Schulen des Landkreises Ebersberg sehr kurzfristig priorisierte Räume an den Schulen zu identifizieren, für die Raumluftfilter eine geeignete Ergänzung zur Verbesserung der Raumluft darstellen. Für diese Räume sollen dann durch den Freistaat Bayern finanziell geförderte Raumluftfilter angeschafft werden.

 

2.        Die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel werden außerplanmäßig bereitgestellt.

 

Um eine öffentliche Vergabe noch im Rahmen des mit Bescheid der Regierung von Ober­bayern vom 01.03.2021 festgelegten Bewilligungszeitraums (bis 31.03.2021) durchführen zu können, wurde mit Hilfe einer Anwaltskanzlei eine Öffentliche Ausschreibung (nationales Vergabeverfahren bis zu einem Auftragswert von 214.000 € netto) durchgeführt. Um dennoch möglichst viele Räume ausstatten zu können, hat der Landkreis die Geräte für 3 Jahre geleast. Der wirtschaftlichste Anbieter, der die technischen Vorgaben des Freistaates Bayern eingehalten hat, konnte uns 360 Geräte anbieten.

 

Der Zuschlag wurde fristgerecht zum 31.03.2021 erteilt und die Geräte im Verhältnis der Schülerzahlen an die Schulen verteilt. An den Realschulen und Gymnasien kommt ein Gerät je 25 Schüler*innen zum Einsatz; an den beiden SFZ je 27 Geräte. Mit diesen Geräten konnten bereits die wichtigsten Räume ausgestattet werden.

 

Aus Zeitgründen konnten wir die Empfehlung des Kultusministeriums, „eine Fachfirma beizu­ziehen, die die Eignung der Geräte für die konkreten Klassen- und Fachräume prüft und bestätigt“ nicht umsetzen. Die Eignung war ein Kriterium im Rahmen der Ausschreibung.

 


Nach der „Richtlinie zur Förderung von Investitionskosten für technische Maßnahmen zum infektionsschutzgerechten Lüften in Schulen – Neuauflage 2021 (FILS-R-N) Bekannt­machung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 14. Juli 2021“ möchte der Freistaat Bayern erneut die Anschaffung mobiler Raumluftreiniger mit einem Zuschuss von 50 % (max. 1.750 € je Raum/Gerät) fördern.

 

Die in den ersten Zuschussrunden wegen der noch unerforschten Auswirkung auf Sekundär­stoffen und anderer Risiken ausgeschlossenen Geräte mit Filter-, UV-C-, Ionisations- und Plasmatechnologie werden nun förderfähig.

 

Noch heute warnt die Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) am Umweltbundesamt:

·         „Welche Strahlungsdosen beim Einsatz von UV-C in mobilen Luftreinigern ausreichend sind, bedarf weiterer Aufklärung.“

 

·         „Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) rät darum dringend, bei Einsatz mobiler Geräte mit UV-C Technik darauf zu achten, dass diese Geräte keine UV-C-Strahlung – direkt oder diffus – in den Raum abgeben.“

 

·         „Bei mobilen Geräten, die mit Ionisation oder Plasma arbeiten, sieht die IRK deren Wirksamkeit gegenüber Viren und Bakterien bei typischen Raumgegebenheiten und Raumvolumina wie in Schulen üblich, als nicht ausreichend erprobt an.“

 

·         „Wird beim Einsatz Ozon gebildet, besteht zudem die Gefahr, dass im Realbetrieb durch chemische Reaktion mit anderen Stoffen gesundheitsschädliche Reaktionsprodukte an die Raumluft abgegeben werden können.“

 

·         „Die IRK rät vom Gebrauch von Geräten ab, die direkt die Luft im Gerät mit Ozon behandeln und auf diese Weise eine Viren-Inaktivierung erreichen wollen.“

 


Würde man alle Unterrichtsräume, also Fach- und Klassenräume, einschließlich Bibliotheken und Mensen sowie die Lehrerzimmer und Büros ausstatten, ergäbe sich folgender Bedarf:

 

Anzahl Unterrichtsräume  

Büro und Lehrerzimmer 

Liegenschaft

ohne mech. Lüftung

100%  mech. Lüftung

Hybride Lüftung

Gesamt-anzahl

ohne mech. Lüftung

mit mech. Lüftung

Gesamt-anzahl

Gymnasium
Grafing

58

12

0

70

13

4

17

Gymnasium Vaterstetten

75

0

0

75

29

0

29

Gymnasium
Markt Schwaben

64

22

0

86

20

0

20

Gymnasium Kirchseeon

63

0

8

71

9

0

9

Realschule Ebersberg

40

13

0

53

8

1

9

Realschule Vaterstetten

47

0

22

69

12

0

12

Realschule
Markt Schwaben

8

33

0

41

4

2

6

Realschule
Poing

0

36

0

36

0

18

18

SFZ Poing

34

0

0

34

16

0

16

SFZ Grafing

26

0

7

33

12

0

12

Summe

415

116

37

568

123

25

148

 

Abzüglich der bereits geleasten 360 Geräte müssten also noch bis zu 356 weitere Raumluft­reiniger angeschafft werden. Förderungsfähig sind nur Fach- und Klassenräume.

 

Nach den aktuellen Regelungen haben die mobilen Raumluftreiniger leider (noch) keinen positiven Einfluss auf.

a)    die Unterrichtsform (Präsenz-, Wechsel- oder Distanzunterricht) bei entsprechender Inzidenz

b)    die Quarantänepflicht im Falle einer Infektion im Klassenverband

c)    die Maskenpflicht am Sitzplatz

d)    die Testpflicht an den Schulen

e)    die Notwendigkeit des regelmäßigen Lüftens (gerade auch in der sehr kalten Winterzeit).

 


Zur Wirkungsweise darf erneut auf folgende - kritische - Berichte hingewiesen werden:

 

Umweltbundesamt & Kommission Innenraumlufthygiene (IRK)

https://www.umweltbundesamt.de/themen/mobile-luftreiniger-nur-als-ergaenzung-lueften https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/corona-in-schulen-luftreiniger-allein-reichen-nicht

  • „Da mobile Luftreinigungsgeräte nicht das in Klassenräumen anfallende Kohlendioxid (CO2) und den Wasserdampf aus der Raumluft entfernen, können sie nicht als vollständigen Ersatz für Lüftungsmaßnahmen eingesetzt werden, sondern allenfalls als Ergänzung.“
  • „Aus gesundheitlichen und Nachhaltigkeits-Gründen sollten perspektivisch alle dicht belegten Veranstaltungsräume in Schulen und Bildungseinrichtungen mit raumluft-technischen (RLT)-Anlagen ausgerüstet bzw. nachgerüstet werden.“
  • Mobile Luftreiniger wälzen die Raumluft lediglich um und ersetzen nicht die notwendige Zufuhr von Außenluft.“

 

Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung der Universität Stuttgart: Zusammenfassung der Ergebnisse des Pilotprojekts „Experimentelle Untersuchung zum Infektionsrisiko in Klassenräumen in Stuttgarter Schulen“

https://www.stuttgart.de/service/aktuelle-meldungen/juli-2021/studie-mobile-luftreiniger-sind-keine-universalloesung-im-unterricht-stadt-plant-anschaffung-nur-fuer-schlecht-belueftbare-unterrichtsraeume.php.media/229721/Zusammenfassung-des-Pilotprojekts-Luftreiniger-an-Stuttgarter-Schulen.pdf

  • „Das Lüften in den Pausen ist zwingend erforderlich, um die Aerosolkonzentration
    für den darauffolgenden Unterricht weitestgehend gegen null zu senken.“
  • „Das Stoßlüften hat einen großen Einfluss auf die Infektionswahrscheinlichkeit.“
  • „Beim Einsatz von Luftreinigungsgeräten sollte generell beachtet werden, dass diese keine Alternative zu einem Außenluftwechsel darstellen, sondern lediglich als Unterstützung zur Partikel- und potentiellen Virenreduktion im Raum eingesetzt werden sollten.“
  • „Basierend auf den Erkenntnissen aus dem Pilotprojekt ist der flächendeckende Einsatz von Luftreinigungsgeräten nicht indiziert.“
  • „Als mittelfristiges Ideal werden RLT-Anlagen aufgrund der Sicherstellung der Raumluftqualität (auch hinsichtlich der CO2- und Feuchte-Belastung) sowie der Reduzierung der Lüftungswärmeverluste (aufgrund der Wärmerückgewinnung) gesehen. Deren Einsatz wird auch durch die Bundesregierung gefördert.“

 

Deutsche Gesetzlich Unfallversicherung DGUV

https://www.dguv.de/medien/inhalt/mediencenter/pm/pressearchiv/2020/4_quartal/fachbeitrag_raumluftreiniger.pdf

  • Luftreiniger wirken nur punktuell. Dieser Nachteil muss durch höhere Luftvolumen­ströme, geschickte Aufstellung im Raum oder den Einsatz mehrerer im Raum verteilter Geräte ausgeglichen werden“
  • „Mobile Raumluftreiniger können während der SARS-CoV-2-Epidemie nur als ergänzende präventive Infektions-schutzmaßnahme zum Schutz vor SARS-CoV-2 in Innenräumen, die über keine raumlufttechnische Anlage verfügen, bei Vorliegen von bestimmten Randbedingungen sinnvoll sein. Sie können allerdings die notwendige Frischluftzufuhr durch Lüften über Fenster oder raumluft-technische Anlagen zur Erfüllung der Anforderungen der ASR A3.6 nicht ersetzen und bieten auch keinen Schutz vor einer möglichen Tröpfcheninfektion mit SARS-CoV-2 im Nahbereich (Unterschreiten des Schutzabstandes von 1,5 m).“
  • „Sowohl geeignete mobile Raumluftreiniger als auch Lüftung können die Konzen­tration von Aerosolen in der Raumluft reduzieren. Allerdings haben die mobilen Raumluftreiniger keinen Einfluss auf die CO2-Konzentration und es muss immer zusätzlich gelüftet werden. Da in allen Räumen, in denen Personen anwesend sind, sowieso gelüftet werden muss, sollte der Mehrwert der mobilen Raumluftreiniger kritisch hinterfragt werden.

 

Positiv:

 

Prof. Dr. Kähler vom Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik der Universität der Bundeswehr München

https://www.unibw.de/lrt7/raumluftreiniger.pdf:

  • „Es ist daher mit Raumluftreinigern möglich, die Aerosolkonzentration in Räumen kleiner und mittlerer Größe problemlos auf einem niedrigen Niveau zu halten.“
  • „Die Filterleistung ist nicht nur abhängig von dem Gerät und dem Aufstellungsort, sondern auch von der Geometrie des Raumes.“
  • „Im Hinblick auf eine effiziente Filterung des Aerosols im Raum mit mobilen Geräten ist daher die richtige Positionierung eines Raumluftreinigers wichtig. Aber auch die Position, an der die Aerosolpartikel lokal emittiert werden, spielt eine große Rolle. Weitere Einflussparameter sind die von der Aktivität abhängige emittierte Aerosol­konzentration sowie die Verweildauer im Raum.“

 

Dementsprechend wird in Ziffer 4.1.1 der Richtlinien zur Förderung von Investitionskosten für technische Maßnahmen zum infektionsschutzgerechten Lüften in Schulen – Neuauflage 2021 (FILS-R-N) „generell empfohlen, eine Fachfirma beizuziehen, die die Eignung der Geräte für die konkreten Klassen- und Fachräume bzw. Gruppen- und Funktionsräume prüft und bestätigt.“

 

Hinsichtlich der Staatlichen Realschule Vaterstetten muss auf einen einstimmigen Beschluss des Ausschusses für Bauen und Schulen des Münchener Kreistages vom 19.04.2021 ver­wiesen werden, wonach „Aufgrund der Gleichbehandlung aller Zweckverbände und Gemein­den mit Zweckvereinbarung (...) die Kosten, die nicht durch die zweite Antragsrunde zur Förderung von Investitionskosten für technische Maßnahmen zum infektionsschutz­gerechten Lüften in Schulen gedeckt sind, nicht vom Landkreis München getragen“ werden. „Gleiches gilt für solche Betriebskosten, die unmittelbar den zusätzlich angeschafften Luftreinigungs­geräten zuzurechnen sind (wie z.B. Filterwechsel, Wartung, Ersatzteile, Unterhalt).“

 

Ob dieser Beschluss vom April 2021 durch die neuen „Vorgaben“ der Staatsregierung noch aktuell ist, müsste ggf. mit dem Landkreis München noch abgeklärt werden. 

 


Hinzuweisen ist auch noch auf die Tatsache, dass diese Geräte nicht völlig geräuschlos arbeiten und die oft störende Geräuschentwicklung erfahrungsgemäß auch zur Abschaltung der Geräte führt. Nach den aktuellen Förderrichtlinien (Ziffer 4.1.1) muss der Schalldruck­pegel muss im Normalbetrieb mit den Anforderungen an einen geordneten Unterrichtsbetrieb vereinbar sein: „Die Geräte müssen eine Betriebsstufe aufweisen, in der ein Schalldruck­pegel von 40 dB(A) nicht überschritten wird.“

Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

                                                                       ja, positiv

                                                                       ja, negativ

                                                                       nein

Wenn ja, negativ:

            Bestehen alternative Handlungsoptionen?   ja*   nein*

 

Durch das regelmäßige Stoßlüften kann die Aerosolbelastung reduziert werden, ohne den Stromverbrauch anzuheben. Konkrete Verbrauchszahlen (CO2-Ausstoß, ...) sind geräte- und nutzungs­abhängig, ebenso der ökologische Fußabdruck für Herstellung, Transport und Entsorgung.

Dem KSA wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

 

Beschluss wird in der Sitzung erarbeitet.

Auswirkung auf den Haushalt:

 

Im Falle der Anschaffung zusätzlicher Geräte im Wege des Leasings entstehen weitere au-ßerplanmäßige Ausgaben von rund 214.000 € (netto), von denen 50 % vom Freistaat Bayern getragen werden. Die Kosten für Strom und Wartung werden nicht bezuschusst und sind darin noch nicht enthalten.