Diese Angelegenheit wurde bereits behandelt im
ULV 23.01.2020, TOP Ö7
KT 27.01.2020, TOP Ö5
1.
Zonierungskonzept
Windenergienutzung im Ebersberger Forst
von Prof. Dr. Sören Schöbel-Rutschmann, TUM
In der Sitzung des ULV-Ausschusses am 23.01.2020 wurden die Ergebnisse des Runden Tisches Zonierung vom 08.01.2020, insbesondere das Gutachten des Büros GFN hinsichtlich des Naturhaushalts im Ebersberger Forst präsentiert und diskutiert. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass speziell der Schutzzweck § 2 a) der LSG-Verordnung (Naturhaushalt) mit Blick insbesondere auf die schlaggefährdeten Arten (WEE 2016) untersucht worden sei und eine Zonierung innerhalb des untersuchten Gebiets auf Grundlage der faunistischen Daten nicht praktikabel sei, da es im untersuchten Gebiet keine konfliktarmen Zonen gebe.
Bis dahin fand eine intensivere gutachterliche Befassung mit den Schutzzwecken 2 b) Eigenart der Landschaft und c) Erholungsfunktion der LS-Verordnung nicht statt. Der Kreistag hat daher auf Empfehlung des ULV-Ausschusses in seiner Sitzung am 27.01.2020 Prof. Dr. Sören Schöbel-Rutschmann, TUM, beauftragt, ein Konzept zur Zonierung des Landschaftsschutzgebiets (LSG) Ebersberger Forst unter Berücksichtigung der Kriterien „Eigenart der Landschaft“ und „Erholungsfunktion“ zu erarbeiten.
Der Beschluss hierzu lautet:
8. Im finanziellen Rahmen von bis zu 20.000 Euro soll zur sachlich
fundierten
Erörterung mit der Bevölkerung ein mögliches Konzept erarbeitet werden,
das
auch die Kriterien „Eigenart der Landschaft“ und „Erholungsfunktion“
der
LSG-Verordnung berücksichtigt
Der Kreistag hat per Beschluss in seiner Sitzung vom
27.01.2020 weiterhin für bestimmte Bereiche vorgesehen, dass diese freigehalten
werden sollen:
12. Als Bereiche, die von Windkraft freigehalten werden sollen, sieht
der Kreistag derzeit:
- Abstandsflächen nach der 10H-Regelung
- FFH-Schutzgebiet
- 15 km-Radius des Wetterradars Isen
- Wasserschutzgebiete
- Wildruhezone
- Bereiche südlich der Höhenlinie 545 m üNN (Endmoränenzug)
Das Konzept von Prof. Schöbel liegt der Sitzungsvorlage bei und wird in der Sitzung von Herrn Prof. Dr. Schöbel vorgestellt.
Stellungnahme
der unteren Naturschutzbehörde zum vorgelegten Konzept:
Das vorgelegte landschaftsarchitekturfachliche Konzept von Herrn Prof. Dr. Schöbel ist nachvollziehbar und wird in die Überlegungen und Planungen zur Modifizierung der LSG-Verordnungen einbezogen werden. Hierbei sind insbesondere die Ausführungen hinsichtlich der Schutzzwecke Eigenart der Landschaft und Erholungsfunktion zu beachten.
Die vorgebrachten Anregungen sind - ebenso wie sämtliche weitere fachlichen Kriterien zur Abschichtung der durch Windkraft am wenigsten beeinträchtigten Flächen - in ein rechtlich geprüftes Gesamtkonzept einzuarbeiten. Sofern die rechtliche Prüfung zu einem positiven Ergebnis kommt, ist Ausfluss dieses Konzepts ein Entwurf zur Änderung der LSG-Verordnung mit Begründung, die dem Kreistag zur Abwägung aller Belange und zur Beschlussfassung über die Verordnungsänderung vorgelegt wird.
2.
Sachstandsbericht
zum Verfahren zur Änderung der LSG-Verordnung und weitere Schritte
2.1.
Informationsaustausch
mit anderen Behörden
- Erfolgt laufend, insbesondere mit StMUV, Regierungen und Landratsämtern
- Erste
Erkenntnisse insbesondere hinsichtlich einer strategischen Umweltprüfung
(SUP) liegen vor (s.u.).
2.2.
Abstimmung
mit Projektträger GCE entsprechend der Vereinbarung im Vertrag
Mit der GreenCity AG wurde
ein Gespräch zum weiteren Fortgang des Verfahrens geführt, insbesondere zur
Verzahnung der Verfahren (LSG-Verordnungsänderung und
Einzelgenehmigungsverfahren), s.u. Eine enge gegenseitige Zusammenarbeit und
weitere Abstimmungsgespräche sind vereinbart.
2.3.
Personalressourcen
Das Stellenbesetzungsverfahren für eine Unterstützungskraft im Verwaltungsbereich der uNB ist abgeschlossen. Die Stelle kann im Herbst besetzt werden.
2.4.
Einschätzung
der Höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Oberbayern zur
Zonierbarkeit
Die Verwaltung hatte sich an die Höhere Naturschutzbehörde (HNB) bei der Regierung von Oberbayern mit der Frage nach der Zonierbarkeit gewandt. Mittlerweile hat die HNB ihre Einschätzung hierzu übermittelt:
Es sei nicht zwingend erforderlich, dass auf jeder Teilfläche eines Schutzgebiets alle Schutzzwecke der Verordnung in vollem Umfang verwirklicht werden. Sofern einzelne Bereiche im Wege der Zonierung für Windkraftnutzung freigegeben werden, müssten aber diese Flächen zumindest einem Schutzzweck noch soweit dienen, dass die Beibehaltung des LSG-Status gerechtfertigt ist; andernfalls müsse die Teilfläche aus dem Schutzgebiet herausgenommen werden (insoweit Übereinstimmung mit der Einschätzung der UNB). Außerdem dürfe die Zonierung nicht dazu führen, dass einer der Schutzwecke bezogen auf das Gesamtgebiet überhaupt nicht mehr erreicht werden kann. Der Verordnungsgeber sei - eine entsprechende Begründung vorausgesetzt - im Grundsatz nicht daran gehindert, das LSG komplett aufzuheben. Daher wäre er erst recht nicht daran gehindert, die Verordnung als milderes Mittel hierzu zu modifizieren.
Die HNB teilt somit die grundsätzlichen rechtlichen Bedenken der UNB und
der juristischen Abteilungsleitung gegen die Anwendung der Methode „Zonierung“ nicht.
2.5.
Strategische
Umweltprüfung (SUP) nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung
(UVPG)
Der Fortgang des Verordnungsänderungsverfahrens hängt in hohem Maße davon ab, ob eine sogenannte Strategischen Umweltprüfung (SUP) nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) durchgeführt werden muss oder nicht.
Derzeit läuft ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hinsichtlich der SUP-Pflicht bei der Änderung von Landschaftsschutzverordnungen (Verfahren C-300/20). Mit einer Entscheidung wird im nächsten halben Jahr gerechnet. Als richtungsweisend gilt in Verfahren vor dem EuGH der Schlussantrag des Generalanwalts. In den meisten Fällen orientiert sich das Gericht in seiner Entscheidung hieran. Der Schlussantrag im anhängenden Verfahren wurde am 16.09.2021 veröffentlicht. Der Generalanwalt kommt in seinem Gutachten für den EuGH zu dem Schluss, dass im anhängigen Fall die Durchführung einer SUP nicht verpflichtend war.
Die Übertragbarkeit des entschiedenen Falls auf eine Zonierung des LSG Ebersberger Forst zugunsten von Windenergieanlagen wird jedoch von der UNB und der juristischen Abteilungsleitung bezweifelt. Von Seiten des StMUV liegt noch keine abschließende Einschätzung vor. In ersten Gesprächen wurde aber auch dort signalisiert, dass eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte kritisch gesehen wird. Es wurde auch bereits ein Gespräch hierzu mit der Green City AG geführt, deren Jurist ebenfalls diese Auffassung teilt.
Bis zur endgültigen Entscheidung durch den EuGH empfiehlt das StMUV aus Gründen der Rechtssicherheit die freiwillige Durchführung einer SUP.
Gegen die Durchführung einer SUP auf freiwilliger Basis spricht, dass diese mit finanziellem, personellen und zeitlichen Aufwand verbunden ist.
In der Eckwerteplanung für den Haushalt für 2022 wurden noch 100.000,- € für Gutachten, im Speziellen für die Durchführung der SUP, veranschlagt. Aufgrund des Erfahrungsaustausch mit anderen Behörden und der Green City AG lassen sich die Kosten inzwischen etwas weiter präzisieren. In den Haushaltsplanungen 2022 geht die Verwaltung derzeit von bis zu ca. 55.000,- € im Jahr 2022 für fachliche und rechtliche Begleitung bzw. Untersuchungen aus.
Für die Durchführung einer SUP auf freiwilliger Basis spricht neben der offenen Entscheidung des EuGH, dass die Daten und Abwägungen zu den Schutzgütern des UVPG, die bei der Durchführung einer SUP erhoben werden würden, vollständig in der Begründung und Abwägung im Zuge der Verordnungsänderung Verwendung finden. Unabhängig von der Durchführung einer SUP müssten diese Daten ohnehin erhoben bzw. für die Abwägung durch den Verordnungsgeber aufgearbeitet werden.
Somit wäre eine „freiwillige“ SUP im Verfahren aus Sicht der Verwaltung sinnvoll und gut verwertbar. Auch hierzu wurden bereits Gespräche mit der Green City AG geführt, die diese Auffassung teilt.
Auch der Bundesgesetzgeber hat bereits darauf reagiert, dass der EuGH im Sinne einer verpflichtenden SUP-Durchführung entscheiden könnte. Im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wurde kürzlich die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, SUPs auch für bereits bestehende LSG-Verordnungen bzw. Änderungen nachzuholen, die nach In-Kraft-Treten des UVPG im Jahre 2015 erlassen worden sind.
Der Schlussantrag des
Generalanwalts ist nur ein Fingerzeig, maßgeblich ist die endgültige
Entscheidung des EuGH. Wann mit einer solchen Entscheidung zu rechnen ist,
lässt sich nicht sicher bestimmen. Die Beauftragung der SUP müsste ggf. unter
einem Vorbehalt erfolgen. Würde man für
eine Beauftragung der SUP die Entscheidung des EuGH abwarten, würde das
Verfahren möglicherweise um mehrere Monate hinausgezögert.
Die Verwaltung empfiehlt daher, die Entscheidung des EuGH nicht
abzuwarten und eine SUP auf freiwilliger Basis durchzuführen, auch wenn
möglicherweise aufgrund der EuGH-Entscheidung keine Rechtspflicht zur
Durchführung besteht.
3.
Verschränkung
der Verfahren/ Beschleunigung
Der Landrat hat auf Anregung der ödp im Kreistag vom 02.09.2021 (TOP 11 Ö) zugesagt, Beschleunigungsmöglichkeiten im Verfahren prüfen zu lassen.
Die Situation hinsichtlich
der Änderung einer LSG-Verordnung im Verhältnis zu einem Genehmigungsverfahren
für Windkraftanlagen ist nicht direkt vergleichbar mit Bauvorhaben auf
gemeindlichem Gebiet, für die (vorhabenbezogen) Bauleitplanung betrieben wird.
Ein Bebauungsplan, bzw. ggf. ein Flächennutzungsplan ist bauplanungsrechtliche Grundlage für das Vorhaben. Dies bietet die Möglichkeit, auf Grundlage der sog. Planreife in das Baugenehmigungsverfahren einzutreten, noch bevor der Bebauungsplan Rechtskraft erlangt hat.
Eine (vorhabenbezogene)
Bauleitplanung ist im LSG Ebersberger Forst als gemeindefreies Gebiet nicht
möglich. Die Vereinbarkeit mit den Vorgaben der
Landschaftsschutzgebietsverordnung ist vielmehr eine von zahlreichen
Voraussetzungen, die im Einzelgenehmigungsverfahren der Windenergieanlagen zu
berücksichtigen ist.
Die mögliche Verschränkung der Verfahren kann in der Kombination verschiedener Gutachten liegen. Abhängig von der Untersuchungstiefe der SUP bestehen Überschneidungen zu den Themenkomplexen der Umweltprüfung nach UVPG und - sofern ausreichend konkret eingrenzbar - mit den Daten der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (SaP).
Durch eine Verschränkung könnte somit ggf. das anschließende Genehmigungsverfahren beschleunigt ggf. frühzeitiger eingeleitet werden. Hierzu laufen bereits Abstimmungsgespräche zwischen Verwaltung und dem Projektträger Green City AG.
Auswirkungen auf den Klimaschutz:
Dem ULV wird folgender Beschluss vorgeschlagen:
1. Der ULV nimmt das vorgestellte Konzept zur Kenntnis.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Anregungen von Prof. Dr. Schöbel bei der Modifizierung der LSG- Verordnung zu berücksichtigen.
Eine Beschlussfassung über eine
freiwillige Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) hängt von der
politischen Diskussion in der Sitzung ab.
Der Beschluss könnte lauten:
Der
ULV beauftragt die Verwaltung, auch ohne explizite Rechtspflicht eine
Strategische Umweltprüfung auf freiwilliger Basis zur Vorbereitung des
förmlichen Verordnungsänderungsverfahrens durchzuführen. Hierbei sind
Synergieeffekte hinsichtlich der Untersuchungen für das
Einzelgenehmigungsverfahren (spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (SaP) und
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)) in enger Abstimmung mit dem Projektträger
GCE zu nutzen.
Auswirkung auf den Haushalt:
Das
vorgelegte Konzept von Prof. Dr. Schöbel wirkt sich nicht unmittelbar auf den
Haushalt aus.
Im Vergleich zur Eckwerteplanung kann aufgrund neuerer Erkenntnisse der Haushaltsansatz für eine rechtliche und fachliche Begleitung (Beratung/Gutachten/Karten) um 45.000.- € reduziert werden. Allerdings hat eine Nachberechnung der Personalkosten im Vergleich zu der Eckwerteplanung eine Steigerung um ca. 10.000 € ergeben. Im Ergebnis kann somit der Haushaltsansatz im Zusammenhang mit der Windkraft im Forst im Vergleich zur Eckwerteplanung um ca. 35.000 € gesenkt werden. Sollte keine SUP durchgeführt werden (s.o.), würde sich dieser Ansatz weiter verringern. Ein konkreter Kostenrahmen kann dazu erst im Zuge des vergaberechtlich erforderlichen Verfahrens benannt werden.
Aber auch dann, wenn keine SUP durchgeführt wird, sind Gutachterkosten nicht ausgeschlossen, um die für die rechtssichere Abwägung erforderliche Daten zu erheben.
Auf die mit der Green City AG getroffene Vereinbarung zur Beteiligung
der Green City AG bzw. der Betreibergesellschaft an den Kosten zur
Modifizierung des Landschaftsschutzgebiets wird hingewiesen. Sollten die
Windräder genehmigt werden, wird die Betreibergesellschaft sämtliche Kosten zur
Modifizierung des Landschaftsschutzgebietes übernehmen. Bei Nichtgenehmigung
werden zukünftig anfallende Kosten zu 40 Prozent vom Landkreis und zu 60
Prozent von Green City getragen.