Aufgrund der Regelung des §
35a SGB VIII ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe gesetzlich
verpflichtet, bei Bedarf Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit
seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung zu leisten. Diese
Hilfe wird unter anderem in ambulanter Form als Schulbegleitung für Kinder und
Jugendliche angeboten, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher
Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter
typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Die
Schulbegleitung dient der Unterstützung dieser Kinder und Jugendlichen und erleichtert
oder ermöglicht ihnen die Teilnahme am Regelunterricht sowie die Teilhabe am
Schulleben. Es handelt sich dabei um eine Pflichtaufgabe des Kreisjugendamtes
Ebersberg, die entsprechend dem individuellen Bedarf des Kindes oder
Jugendlichen zu erbringen ist.
Die Hilfe wird bedürftigen
Kindern und Jugendlichen in allen Altersgruppen bis längstens zum 21.
Lebensjahr in allen Schularten gewährt. Die Umsetzung und der Umfang der Hilfe
orientiert sich an den Bedürfnissen der jungen Menschen. Damit werden
Schulbegleiter sowohl für einzelne Stunden und bestimmte Fächer zur Verfügung
gestellt, als auch während des gesamten Schultages, sofern dies im Einzelfall
erforderlich ist.
Im Landkreis Ebersberg wird
die Schulbegleitung überwiegend im Fall von diagnostizierten autistischen
Störungen (IQ ab 70) und besonders schweren Verhaltensauffälligkeiten (z.B.
ADHS) gewährt. Die Genehmigung der Hilfe erfolgt nach einer detaillierten
Überprüfung der Teilhabebeeinträchtigung, die von der Fachkraft der Jugendhilfe
anhand von Unterlagen, Gutachten, Gesprächen im sozialen Umfeld (Eltern,
Lehrer, Sporteinrichtungen etc.) und einer ausgiebigen Hospitation im
Schulalltag beurteilt wird. Im Rahmen einer Fallkonferenz wird das Ergebnis von
mehreren Fachkräften fachlich eingeschätzt und die endgültige Entscheidung über
die Maßnahme getroffen.
Der Schulbegleiter leistet
wertvolle Unterstützung, um Defizite im sozialen, emotionalen und
kommunikativen Bereich auszugleichen, sofern dies von der Schule mit ihrer
gruppenbezogenen Ausstattung nicht geleistet werden kann. Der Schulbegleiter
bietet lebenspraktische Hilfe zur Bewältigung des Unterrichts und des
Schulalltags und leistet Hilfestellung bei der Begegnung mit Mitschülern, mit
dem Ziel, das Kind oder den Jugendlichen in den Klassenverband zu integrieren.
Seine Aufgabe ist es auch, das Kind oder den Jugendlichen im emotionalen und
sozialen Bereich im Sinne der Prävention zu unterstützen und in krisenhaften
Situationen sowie bei Selbst- oder Fremdgefährdung zu intervenieren. Insgesamt
soll die Schulbegleitung das Kind oder den Jugendlichen befähigen, soweit wie
möglich von den Leistungen des Schulbegleiters unabhängig zu werden. Allerdings
fungiert der Schulbegleiter nicht als Zweitlehrer, weshalb er auch keine Klassenaufsicht
führt und keine Lehrinhalte vermittelt.
In den letzten fünf Jahren ist
eine deutliche Zunahme der Schulbegleitungen in allen Schulformen zu beobachten.
Dabei ist festzustellen, dass die Hilfen auch zunehmend von Schulen mit einer
besonderen pädagogischen Ausrichtung (z.B. Sonderpädagogische Förderzentren) in
Anspruch genommen werden. Ursächlich für diese Entwicklung dürfte eine immer
größer werdende Anzahl von verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen sein,
für deren Förderung und Betreuung die vorhandenen pädagogischen Konzepte und
die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer nicht ausreicht, weshalb zunehmend
die Unterstützung der Kinder- und Jugendhilfe eingefordert wird. Nahmen im Jahr
2017 noch 26 Schülerinnen und Schüler eine Schulbegleitung in Anspruch, stieg
deren Anzahl im vergangenen Jahr bereits auf 50 Fälle an, was einer Steigerung
um 100 % entspricht. Die neueste Statistik weist zum Stand Februar 2022 bereits
50 Schulbegleitungen aus, weshalb ein weiterer Anstieg bis zum Jahresende zu
befürchten steht.
Diese Entwicklung macht
deutlich, dass immer mehr Kinder und Jugendliche diese spezielle Form der Unterstützung
benötigen und bereits im Vorschulalter von einer Integrationsfachkraft
begleitet werden müssen. Gerade diese Kinder bedürfen dann auch bei
Schuleintritt in nahezu allen Fällen einer Schulbegleitung, um überhaupt regelhaft
beschult zu werden. Die Kinder- und Jugendhilfe steht hierbei regelmäßig in der
Verpflichtung, diese Kinder und Jugendlichen mit einer Schulbegleitung zu
unterstützen.
Die Kosten für die
Schulbegleitung stiegen in den letzten Jahren kontinuierlich an. Waren es 2017
noch knapp 370.000 Euro, die für diese Hilfeform aufzuwenden waren, umfassten
die Kosten im vergangenem Jahr bereits 712.000 Euro, was einem Anstieg um 92 %
entspricht.
Poollösungen oder das
Betreuen von zwei Kindern durch einen Schulbegleiter brachten keine finanzielle
Reduzierung.
Um das System der Kinder-
und Jugendhilfe zu entlasten, müsste das System Schule, in Verantwortung des Bayerischen
Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, personell aufgestockt und auch
konzeptionell und lehrpädagogisch in die Lage versetzt werden, alle
Schülerinnen und Schüler, unabhängig von deren persönlichen Eigenschaften, zu
fördern und zu betreuen. Solange aber über diese Notwendigkeit kein politischer
Konsens besteht und entsprechende Vereinbarungen unterbleiben, werden die
Fallzahlen und die Kosten für die Schulbegleitungen unaufhörlich ansteigen.
Auswirkungen auf den Klimaschutz:
Dem Jugendhilfeausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:
Keiner, Kenntnisnahme
Auswirkung auf den Haushalt:
In
den kommenden Jahren sind signifikante Kostensteigerungen zu erwarten.