Betreff
Kreditaufnahme für Zukunftsinvestitionen mit verlängertem Tilgungszeitraum 30 Jahre; Antrag Ausschussgemeinschaft ÖDP/ DIE LINKE-Ausschussgemeinschaft vom 14.03.2022
Vorlage
2022/0660
Art
Sitzungsvorlage

Die Ausschussgemeinschaft ÖDP/Die LINKE beantragen die Verschuldung für Pflichtaufgaben zu noch günstigen Zinskonditionen sofort zu erhöhen und die Tilgung auf 30 Jahre zu strecken. (Begründung siehe Anlage 1)

 

Stellungnahme des Finanzmanagements

 

Bestandsdarlehen

Bei den bestehenden Darlehen ist das Landratsamt Ebersberg an die unterzeichneten Verträge gebunden. Eine Änderung ist während der Zinsbindung nicht möglich und wenn überhaupt nur mit hohen Kosten verbunden (Vorfälligkeitsentschädigungen).

 

Förderdarlehen

Aus wirtschaftlicher Sicht schließt der Landkreis Ebersberg förderfähige Darlehen ab, sobald das Investitionsvorhaben die Bedingungen für eine Förderung erfüllt. Zum einen, weil nach Beendigung eines Investitionsvorhabens ein Zuschuss gewährt wird und zum anderen wegen den günstigen Zinskonditionen. Die Förderdarlehen werden nur mit einer Zinsbindung von 10 Jahre angeboten. Nach diesem Zeitraum wird der Zinssatz von den Banken neu festgelegt. Unter der Annahme einer steigenden Zinsentwicklung ergibt sich aus einer längeren Laufzeit für diese Darlehen kein Vorteil. Die Zinsen würden auf eine höhere Restschuld anfallen, weil die Tilgungsleistungen pro Jahr niedriger sind. Zum Beispiel beträgt die zu verzinsende Restschuld bei einem Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. € mit 30 Jahre Laufzeit nach der 10-jährigen Zinsbindung 1 Mio.€ und bei einem Darlehen mit 20 Jahre Laufzeit nur 750.000 €.

 

Folgende Darstellung zeigt den Verlauf der Restschuld mit einer Laufzeit von 20 und 30 Jahren:

 

Kommunaldarlehen

Kommunaldarlehen ohne Förderungsmöglichkeiten mit einer Laufzeit mit 30 Jahren sind seitens der Verwaltung auch nicht zu empfehlen. Die Tilgungsraten sind im Vergleich zu einer kürzeren Darlehenslaufzeit zwar geringer, dafür ist der Zinssatz aber höher und fällt für einen längeren Zeitraum auf einen jeweils höheren Darlehensrestbetrag an. Keiner weiß, wie die Zinsen sich in 10 oder 20 Jahren entwickeln, sodass eine lange Zinsbindung positive aber auch negative Auswirkungen haben kann. Am Ende der Zinsbindung kann das Darlehen entweder zu dem dann aktuellen Zinssatz verlängert werden oder die Restschuld wird insgesamt beglichen. Bei der letzteren Möglichkeit kann das Darlehen bei ausreichender Liquidität komplett zurückgezahlt werden oder es wird für die Restschuld ein anderes Angebot mit besseren Konditionen auf dem Markt angenommen. Je länger die Laufzeit, umso höher ist die Restschuld nach der Zinsbindung. Darüber hinaus sind die Tilgungsraten über einen längeren Zeitraum zu zahlen und die Rückzahlung der Restschuld wird zeitlich nach hinten verschoben, was Einfluss auf die Finanzierung zukünftiger Investitionen hat.

 

Angenommen der neue Zinssatz ist nach der Zinsbindung höher, so fällt dieser bei einer kleineren Laufzeit auf eine geringere Restschuld an und je nach Liquidität könnte sogar die gesamte Restschuld beglichen werden. Somit wird eine gewisse Flexibilität sichergestellt.

 

Folgende Tabelle zeigt beispielhaft für ein Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. € die Höhe der Zinsen (Stand 05.04.2022) in Abhängigkeit der Darlehenslaufzeit und Zinsbindung:

 

Darlehenslaufzeit

Zinsbindung

Zinssatz

 

 

 

20 Jahre

10 Jahre

1,48 %

30 Jahre

10 Jahre

1,499 %

30 Jahre

20 Jahre

1,69 %

30 Jahre

30 Jahre

1,75 %

 

Folgende Grafik zeig die Zinsentwicklung für zwei verschiedene Laufzeiten.

 

Die Zukunft ist unklar. Niemand weiß, wie sich die Zinsen in 20 oder 30 Jahren entwickeln. Auswirkungen auf die gesamte Zinslast sind nicht vorhersehbar. Eine längere Laufzeit vermindert die Tilgungsleistungen pro Jahr. Der Schuldenabbau findet mit einer längeren Laufzeit langsamer statt und der Warnindikator Schuldenabbau wird schwieriger zu erreichen. Der Warnindikator besagt: „Die Verschuldung soll bis 2035 höchstens 20 % des Gesamtbetrags der Aufwendungen in der Haushaltssatzung betragen.“

 

Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten:

 

Aus den genannten Gründen und weil Prognosen auf künftige Zinsen unmöglich sind, setzt der Landkreis seit 2007 Zinssicherungsinstrumente ein um sich gegen steigende wie fallende Zinsen abzusichern. Nur so war es möglich, heute ein Kreditportfolio mit einer durchschnittlichen Verzinsung von 0,6 % zu erreichen. Darüber hinaus konnte der Landkreis in den Jahren steigender Zinsen zusätzlich über 2 Mio € Zinsrückerstattungen erzielen. Seit die Zinsen fallen liegen die Zinseinsparungen bei über 29 Mio € in den Grundgeschäften, gerechnet auf eine Laufzeit der Darlehenstilgungen von 20 Jahren.

Empfehlung der Finanzmanagerin:

Aus Gründen der Generationengerechtigkeit und um künftige Kreistage in ihrer Handlungsfähigkeit nicht zu stark einzuschränken, rät die Finanzmanagerin davon ab, die Laufzeit der Kredite von 20 auf 30 Jahre zu verlängern.

Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

                                                                       ja, positiv

                                                                       ja, negativ

                                                                       nein

Auswirkung auf den Haushalt:

 

Die Verlängerung der Darlehenslaufzeit zukünftiger Darlehen von 20 auf 30 Jahre verringert die Tilgungsleistungen pro Jahr. Die Liquidität nimmt weniger ab. Dadurch verzögert sich aber der Schuldenabbau. Nach Ende der Zinsbindung ist eine höhere Restschuld zu neuen Konditionen zu verzinsen oder zurückzuzahlen. Die Auswirkungen auf die gesamte Zinslast sind nicht vorhersehbar, aber eher negativ, weil die Zinsen für die längere Tilgungsdauer über die Kreisumlage zu finanzieren sind.