a) Auswirkungen der Gesetzesänderungen auf Bundesebene
b) Antrag Kreistagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 12.06.2022
Diese Angelegenheit wurde bereits behandelt im
Kreistag am 27.01.2020, TOP Ö5
ULV am 06.07.2022, TOP Ö14 und Ö15
a) Auswirkungen der
Gesetzesänderungen auf Bundes- und Landesebene
Teil des Sommerpakets der Bundesregierung sind zwei Gesetzesentwürfe, die (auch) für den Landkreis Ebersberg und im Speziellen für das Projekt Windenergie im Ebersberger Forst von erheblicher Bedeutung sein werden.
1.
Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des
Ausbaus von WEA an Land
Das neu geschaffene Windenergieflächenbedarfsgesetz – WindBG weist die
Bundesländer an, einen festgelegten Anteil der jeweiligen Landesfläche
(Flächenbeitragswert) als Windenergiegebiete auszuweisen. Für Bayern ist ein
Wert von 1,8 % geplant. Dabei sind verschiedene zeitliche Zwischenziele für die
Erreichung des Flächenbeitragswerts vorgesehen.
Ebenfalls ist die Änderung der Länderöffnungsklausel zu Mindestabständen in
§ 249 BauGB vorgesehen. Aufgrund der Neufassung können die Länder künftig
Mindestabstände von Windenergieanlagen zu schutzwürdiger Wohnbebauung nur noch
auf max. 1000 m festlegen. Bestehende Länderregelungen können - bei Erreichen
aller o.g. Zwischenziele bei der landeweiten Ausweisung von Windenergiegebieten
- mit folgender Einschränkung bestehen bleiben: Innerhalb ausgewiesener Windenergiegebiete
(etwa über die Regionalplanung) sind keine Mindestabstände zulässig.
Gewisse notwendige Abstände ergeben sich unverändert im Rahmen der
Einzelgenehmigungen aufgrund immissionsschutzrechtlicher Vorgaben (Lärm,
Schatten).
2.
Viertes Gesetz zur Änderung des
Bundesnaturschutzgesetzes und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
Nach Einführung des neuen § 26 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz-E (BNatSchG-E)
sind Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten grundsätzlich nicht mehr
verboten. Ausnahmen nach den jeweiligen Verordnungen oder Befreiungen sind dann
nicht mehr erforderlich. Dies gilt solange, bis in Bayern der
Flächenbeitragswert erreicht ist oder das LSG in einem der ausgewiesenen
Windenergiegebieten liegt.
Aufgrund dieser Neuregelungen ist eine Änderung der LSG-Verordnung Ebersberger Forst, in welcher mittels einer Zonierung Ausnahmeflächen für Windenergie ausgewiesen werden sollten, nicht mehr erforderlich bzw. wird hinfällig.
3.
Änderung zu 10H Bayern
Unabhängig von den Ankündigungen auf Bundesebene hat die Bayerische
Staatsregierung Anfang Juli einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Art. 82
BayBO auf Basis der derzeit geltenden Länderöffnungsklausel vorgelegt.
Nach diesem Entwurf hält die Staatsregierung grundsätzlich an 10H fest, lockert die Regelungen aber für die folgenden sechs Fallkonstellationen:
1. in Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Windkraft i.S.d. Bayerischen
Landesplanungsgesetzes
2. in einem Abstand von höchstens 2 000 m zu einem Gewerbe- oder
Industriegebiet, wenn der erzeugte Strom überwiegend zur Versorgung der in dem
Gewerbe- oder Industriegebiet liegenden Gewerbe- und Industriebetriebe bestimmt
ist,
3. längs von Haupteisenbahnstrecken im Sinn des § 47b Nr. 4 BImSchG,
Bundesautobahnen oder vier- oder mehrstreifigen Bundesstraßen in einer
Entfernung von bis zu 500
4. beim „Repowering“ (Kraftwerkserneuerung)
5. auf militärischem Übungsgelände
6. in bestehendem Wald, wenn von der Mitte des Mastfußes zum Waldrand
mindestens ein Abstand in Höhe des Radius des Rotors eingehalten wird.
In diesen Gebieten gilt ein Mindestabstand zur schutzwürdigen Wohnbebauung
1000m (Art. 82 a BayBO neu).
Das Festhalten an der 10 H Regelung ist für Bayern auch nach einer Gesetzesänderung auf Bundesebene (§ 249 BauGB) möglich, solange Bayern bei der Ausweisung der Windenergiegebiete die vorgegebenen Flächenziele (entsprechend dem Flächenbeitragswert) auch in zeitlicher Hinsicht einhält.
Dieser bayerische Gesetzesentwurf bezieht sich auf die 10 H Regelung, thematisiert jedoch nicht Landschaftsschutzgebiete.
Da aufgrund der geplanten Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes eine Änderung der LSG-Verordnung hinfällig wird, schlägt die Verwaltung den Abbruch des Verfahrens (Verordnungsverfahren und damit auch Strategische Umweltprüfung (SUP)) bei Verkündung einer entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung vor. Das ausführende Büro für die SUP hat bereits Bereitschaft erklärt, nur die tatsächlich erbrachten Leistungen abzurechnen.
Der ULV hat sich in seiner Sitzung am 06.07.2022 mit den Auswirkungen des Sommerpakets und dem Vorschlag der Verwaltung befasst und folgende Beschlüsse gefasst:
Dem Kreis- und
Strategieausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:
Dem Kreistag
wird folgender Beschluss vorgeschlagen:
1. Mit Inkrafttreten der Neuregelung in § 26
Abs. 3 BNatSchG-E sind Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten nicht
mehr verboten. Die vom Kreistag angestoßene Änderung des
Landschaftsschutzgebiets Ebersberger Forst ist dann zur Verwirklichung von
Windenergieanlagen nicht mehr erforderlich.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, bei
Verkündung einer entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung das Verfahren zur
Änderung des Landschaftsschutzgebiets Ebersberger Forst abzubrechen.
Der Beschluss wurde mit 11 gegen 3 Stimmen gefasst.
Der Bundestag hat die Gesetze am 07.07.2022 verabschiedet. Für den 08.07.2022 ist die Behandlung im Bundesrat vorgesehen. Bei Erstellung der Sitzungsvorlage stand der endgültige Gesetzeswortlaut noch nicht fest, ebenso ist ein möglicher Zeitpunkt für die Verkündung der Gesetzesänderungen noch nicht bekannt. In der Sitzung wird über den aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens berichtet.
b) Antrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 27.01.2020 unter TOP Ö5 „Energiewende 2030; Mögliche Nutzung der Windenergie im Ebersberger Forst; weiteres Vorgehen“ u.a. folgenden Beschluss gefasst:
12. Als Bereiche, die von Windkraft freigehalten werden sollen, sieht
der Kreistag derzeit:
- Abstandsflächen nach der 10H-Regelung
- FFH-Schutzgebiet
- 15 km-Radius des Wetterradars Isen
- Wasserschutzgebiete
- Wildruhezone
- Bereiche südlich der Höhenlinie 545 m üNN (Endmoränenzug)
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt mit Schreiben vom 12.06.2022:
ULV-Ausschuss, KSA und Kreistag fassen folgenden neuen
Grundsatzbeschluss bezüglich der Errichtung von 5 Windenergieanlagen im
Ebersberger Forst, der den Beschluss des Kreistags vom 27.01.2020 in Punkt 12
ersetzt und auf die neuen Entwicklungen eingeht:
Neuer Punkt 12:
Bei der Frage welche Bereiche von der Windkraft freigehalten werden
sollen, hält sich der Kreistag an die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Stellungnahme der Verwaltung:
Der Kreistag hat in der Sitzung vom 27.01.2020 auch beschlossen,
[…]
11. Votiert die Mehrheit der Landkreisbürger dafür, wird die Verwaltung beauftragt, ein Verordnungsänderungsverfahren zugunsten der Errichtung von Windenergieanlagen durchzuführen. Dabei soll die Rechtsform eines Landschaftsschutzgebietes möglichst aufrechterhalten werden. […]
Konkretisiert wurde dieser Beschluss nach dem positiven Ausgang des Bürgerentscheids durch Beschluss des Kreistages am 02.08.2021, TOP Ö11:
2. Die Verwaltung wird entsprechend dem Kreistagsbeschluss vom 27.01.2020 beauftragt,
- ein Änderungsverfahren der Landschaftsschutzgebiets-Verordnung „Ebersberger Forst“ vorzubereiten;
- einen Entwurf zur Änderung der Landschaftsschutzgebiets-Verordnung „Ebersberger Forst“ zur Zulassung von maximal fünf Windenergieanlagen im Landschaftsschutzgebiet „Ebersberger Forst“ zu erarbeiten. Dabei soll die Rechtsform eines Landschaftsschutzgebietes möglichst aufrechterhalten werden;
- den Änderungsentwurf den Gremien zur Beratung vorzulegen.
Die Verwaltung erarbeitet derzeit den Entwurf zur Änderung der LSG-Verordnung in Form eines Zonierungskonzeptes mit zwei Zonen (Ausnahmezone für Windenergie und Tabuzone). Der aktuelle Arbeitsstand wurde in der Sitzung der AG Windkraft am 01.06.2022 vorgestellt. In der Zonierung werden naturschutzrechtliche und -fachliche Kriterien angewandt, abgeleitet von den Schutzzwecken der bestehenden LSG-Verordnung (§ 2). Parallel hierzu wird der Verordnungstext entsprechend geändert.
Ausschlusskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen, die nicht aus dem Naturschutzrecht entstammen, können bei der Festlegung von Tabuzonen keine Berücksichtigung finden. Dies betrifft bezogen auf den Grundsatzbeschluss des Kreistages vom 27.01.2020 die Kriterien „Abstandsflächen nach der 10H-Regelung“ sowie den „15 km-Radius des Wetterradars Isen“. Deren Berücksichtigung ist damit nicht im Wege der VO-Änderung durchsetzbar.
Folgende Darstellung zeigt den aktuellen Arbeitsstand hinsichtlich der Zonierung anhand der von den Schutzzwecken der LSG-VO abgeleiteten Kriterien und enthält nachrichtlich darüber hinaus Linien bzgl. des Wetterradars, 10 H und 1000 m Abstand:
Gelbe Flächen: Arbeitsstand Zonierung unter Beachtung aller naturschutzfachlicher Kriterien – Ausnahmeflächen für Windenergie
Dunkelblaue Linie: 10 H Linie: innere Linie 2500m, äußere Linie 2000 m
(ausgehend von 200 und 250 m Anlagenhöhe)
Türkise Linie: 15 km Radius Wetterradar Schnaupping bei Isen
Rote Linie: 1000 m Linie (bezugnehmend auf aktuelle Gesetzentwürfe)
Der ULV hat sich am 06.07.2022 unter TOP Ö15 mit dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen befasst und folgende Beschlüsse gefasst:
Dem Kreis- und Strategieausschuss
wird folgender Beschluss vorgeschlagen:
Dem Kreistag wird folgender
Beschluss vorgeschlagen:
1. Der
Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 12.06.2022 wird
abgelehnt.
2. Der
Kreistag hält daran fest, dass – auch wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen
dies zulassen – die in Ziffer 12 des Grundsatzbeschlusses vom 27.01.2020
genannten Bereiche von Windenergieanlagen freigehalten werden sollen.
3. Die
Verwaltung wird beauftragt, durch vertragliche Vereinbarung auf die Einhaltung
der Kriterien auf dem Gebiet des Freistaats Bayern im LSG Ebersberger Forst
hinzuwirken.
Über die
Beschlüsse 1 bis 3 wurde gemeinsam abgestimmt.
Abstimmungsergebnis: mit 9 : 5 Stimmen so beschlossen
4. Eine
Ausnahme gilt hierbei für den Bereich des 15-km-Radius des Wetterradars Isen,
den der Kreistag nicht weiter als freizuhaltenden Bereich ansieht.
Abstimmungsergebnis:
mit 11 : 3 so beschlossen
Auswirkungen auf den Klimaschutz:
Zu a)
Der Abbruch des Verordnungsverfahrens bedeutet nicht den Abbruch der
Planungen von Windenergieanlagen im LSG Ebersberger Forst. Mit Inkrafttreten
der entsprechenden Regelung fällt die „Hürde Landschaftsschutzgebiet“ für das
Genehmigungsverfahren weg.
Zu b)
Die Beibehaltung der im Grundsatzbeschluss vom 27.01.2022 unter Ziffer
12 genannten Punkte schränkt zwar die Fläche für mögliche Standorte ein. Fünf
Windenergieanlagen bleiben aber nach derzeitigem Stand trotzdem möglich.
Zum Zeitpunkt der Ladung hat die Sitzung des Kreis- und
Strategieausschuss noch nicht stattgefunden. Die Beratungsergebnisse werden in
der Sitzung des Kreistages vorgetragen.
Dem Kreistag wird folgender Beschluss vorgeschlagen:
a)
- Mit Inkrafttreten der Neuregelung
in § 26 Abs. 3 BNatSchG-E sind Windenergieanlagen in
Landschaftsschutzgebieten nicht mehr verboten. Die vom Kreistag
angestoßene Änderung des Landschaftsschutzgebiets Ebersberger Forst ist
dann zur Verwirklichung von Windenergieanlagen nicht mehr erforderlich.
- Die Verwaltung wird beauftragt, bei
Verkündung einer entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung das Verfahren
zur Änderung des Landschaftsschutzgebiets Ebersberger Forst abzubrechen.
b)
- Der Antrag der Fraktion Bündnis 90
/ Die Grünen vom 12.06.2022 wird abgelehnt.
- Der Kreistag hält daran fest, dass
– auch wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen dies zulassen – die in
Ziffer 12 des Grundsatzbeschlusses vom 27.01.2020 genannten Bereiche von
Windenergieanlagen freigehalten werden sollen.
- Die Verwaltung wird beauftragt,
durch vertragliche Vereinbarung auf die Einhaltung der Kriterien auf dem
Gebiet des Freistaats Bayern im LSG Ebersberger Forst hinzuwirken.
- Eine Ausnahme gilt hierbei für den
Bereich des 15-km-Radius des Wetterradars Isen, den der Kreistag nicht
weiter als freizuhaltenden Bereich ansieht.
Auswirkung auf den Haushalt:
Bei Abbruch des Verfahrens zur Änderung der LSG-Verordnung entfallen die weiteren Kosten für die Durchführung des Verordnungsverfahrens inkl. Strategischer Umweltprüfung (SUP) in Höhe von ca. 63.000 €. Das im Rahmen der SUP beauftragte Büro hat in Aussicht gestellt, nur die tatsächlich erbrachten Leistungen in Höhe von ca. 10.000 € abzurechnen.