Betreff
Abfallwirtschaft; Gutachten Nachsorgekosten Deponie "An der Schafweide"
Vorlage
2023/1110
Art
Sitzungsvorlage

Gutachten Nachsorgekosten Deponie An der Schafweide

Vorstellung – Gutachten Nachsorgekosten:

Hr. Dipl.-Ing. Wolfgang Huber AU Consult GmbH

 

Im Auftrag des Landkreises hat das Ingenieurbüro AU Consult GmbH Herr Dipl.-Ing. W. Huber die Nachsorgekosten Deponie „An der Schafweide“ für die Restlaufzeit von 26 Jahre kalkuliert.  

 

Die Deponie durchläuft folgende vier Phasen:

Errichtung

Betrieb

Stilllegung

Nachsorge

 

Der Übergang von Stilllegung zu Nachsorge erfolgt mit der Abnahme der Deponie. Zur Sicherstellung der Nachsorgekosten ist eine Rückstellung gemäß vorliegenden Gutachten zu bilden. Der Finanzbedarf soll dadurch für die genannte Laufzeit abgedeckt werden.
Die Deponieabnahme ist erfolgt, der Bescheid von der Regierung von Oberbayern steht final noch aus. Herr Krauß (Betriebsleitung Entsorgungszentrum) führte die Verhandlungen und Bearbeitung bzgl. Abnahme und Entlassung in die Nachsorgephase. Aktuell steht die Verbescheidung durch die Regierung von Oberbayern noch aus.

Aus der Nachsorgerückstellung werden Zinsen erwirtschaftet, durch den rapiden Zinsverfall der letzten Jahre konnte die Unterdeckung der zu bildenden Nachsorgekosten nicht mehr aufgefangen werden. Eine neuerliche Aufstockung wäre angezeigt. Bereits 2021 wurde wegen fehlender Mittel aus den Kreishaushalt auf die vollumfängliche Aufstockung der Umweltrückstellung auf 7.907.690 € verzichtet (ULV 25.11.2020 / KSA 30.11.2020 / KT 14.12.2020).

Durch die Entlassung in die Nachsorgephase ist es rechtlich lt. BKPV (Urteil siehe unten) nicht mehr möglich den fehlenden Finanzbedarf aus den Müllgebühren zu decken. Es ist zu beachten, dass der Gebühr eine Leistung gegenüberstehen muss. Der Gebührenzahler 2024ff erhält keine Gegenleistung für die Nachsorgekosten des Altmülls.

 

Urteil Bayerisches Verwaltungsgericht (Gerichtsurteil v. 22.01.2004 – Az. 4 B 98.626 BayVGH):

 

„Für die während des Betriebs einer Entsorgungsanlage bereits abschätzbaren Nachsorgekosten sind indes nach allgemeinen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen (vgl. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG) Rückstellungen zu bilden. Sie sollen jeweils für Ausgaben – ggf. im Weg der Schätzung – gebildet werden, die ihren wirtschaftlichen Grund (hier entsprechende Verfüllung der Deponie) in der laufenden Rechnungsperiode haben, aber erst später anfallen und der Höhe nach noch nicht genau feststehen (vgl. BayVGH vom 3.3.1993 VGH n.F. 46, 70/73; vom 29.3.1995 VGH n.F. 48, 45/48; vom 15.2.2001 BayVBl 2002, 631). Soweit der Beklagte vor Oktober 1994 keine solchen periodengerechten Kostenzuordnungen vorgenommen hat, war er indes nicht darauf beschränkt, Rückstellungen nun nur anteilig für den auf die Restkapazität der Deponie entfallenden Kostenanteil zu bilden. Die vorher nicht angesetzten Kosten für kalkulatorische Rückstellungen können nämlich nicht auf die Zeit nach der Stilllegung der Deponie verlagert werden. Die Ausnahmeregelungen des Art. 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 BayAbfAlG bzw. des Art. 7 Abs. 5 Nr. 2 BayAbfG können als Durchbrechungen des Äquivalenzprinzips über ihren speziellen Anwendungsbereich – für Fälle, in denen mangels Vorhersehbarkeit keine Rückstellungen gemacht werden konnten – hinaus nicht dafür herangezogen werden, auch bereits jetzt hinreichend genau abschätzbare Kosten für konkret vorhersehbare Nachsorge- und Rekultivierungsmaßnahmen nach Stilllegung der Deponie auf die Gebührenschuldner umzulegen. Vielmehr sind mit den ansatzfähigen Rekultivierungs- und Nachfolgekosten möglichst diejenigen Gebührenschuldner zu belasten, die einen Nutzen von der derzeit noch betriebenen Deponie haben.“

 

Nach der kompletten Abschmelzung der Nachsorgerückstellung können die entstehenden Kosten zur Rekultivierung allerdings auf den Bürger bzw. Gebührenzahler umgelegt werden.

 

Nach jetzigem Stand wird die Nachsorgerückstellung bereits vorzeitig in ca. 17 Jahren und nicht in 26 Jahren abgeschmolzen sein.

 

Bedarf lt. Gutachten Nachsorgekosten ab 2024:                               8.950.412 €


Nachsorgerückstellung Stand: 31.12.2023                                        5.911.550 €

Differenz:                                                                                            3.038.862 €

 

Argumente gegen die steuerfinanzierte Aufstockung (über die Kreisumlage) sind u.a.:

 

-       Abfallwirtschaft ist Sache des Gebührenzahlers: dies ist grundsätzlich richtig, aber es ist zu beachten, dass der Gebühr eine Leistung gegenüberstehen muss. Der Gebührenzahler 2024ff erhält keine Gegenleistung für die Nachsorge des Altmülls.

-       Die Gemeinden sind finanziell genug belastet. Eine Erhöhung der Kreisumlage für eine Rückstellung ist ihnen nicht zumutbar. Der Gesetzesvollzug nimmt allerdings keine Rücksicht auf anderweitige Belastungen. Die Zumutbarkeit wird unterstellt.

-       Der Zinsverfall (0-Zins-Politik) war nicht absehbar. Die Folgen können nicht dem Steuerzahler angelastet werden. Die Belastung kann entweder dem Steuer- oder dem Gebührenzahler aufgebürdet werden. Argumente lassen sich für beide Lösungen finden.

Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

                                                                       ja, positiv

                                                                       ja, negativ

                                                                       nein

Dem ULV-Ausschuss wird folgender Beschluss vorgeschlagen:

1.    Auf eine Aufstockung aus dem Kreishaushalt wird verzichtet. Die Nachsorgerückstellung soll weiter abgeschmolzen werden. Die Nachsorgerückstellung hat einen Stand per 31.12.2023 von
5.911.550,59 €, dieser wird voraussichtlich vorzeitig in ca. 17 Jahren aufgebraucht sein.

2.    Anschließend werden die Rekultivierungskosten über die Müllgebühren den Gebührenzahlern in Rechnung gestellt.

Auswirkung auf den Haushalt:

Keine Belastung des Kreishaushalts – Nachsorgerückstellung wird weiter abgeschmolzen.